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Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Titel: Erdzauber 03 - Harfner im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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Dann drehte er sie herum und begann zu spielen. Eine ganze Weile trug er nur Rendel in seinen Gedanken, eine schattenhafte Gestalt am Rande des Lichts, die sein Harfenspiel in Bann zog. Seine Finger erinnerten sich an Rhythmen und Formen, zupften zögernd Fragmente alter Weisen aus einem Jahr des Schweigens. Die uralte, makellos schöne Stimme der Harfe, die seine Hand zum Klingen brachte, weckte wiederum ein ungeahntes Staunen der Verzauberung in ihm. Rendel kam näher zu ihm, während er spielte, näherte sich Schritt um Schritt, bis sie an seiner Seite war. Dann blieb sie wieder stillstehen. Das Feuer loderte hinter ihr, und er konnte ihr Gesicht nicht erkennen.
    Ein Harfner spielte in den Schatten seiner Erinnerung ein Echo. Je mehr er spielte, um die Erinnerung zu löschen, desto heftiger brannte sie: fernes, kunstfertiges, bestrickendes Harfenspiel, das von jenseits der Schwärze kam, von jenseits des Wassers, das nirgendwo hinfloß und seit Jahrtausenden nirgendwo hingeflossen war. Das Feuer hinter Rendel schrumpfte zu einem Lichtpunkt, der sich weiter und weiter von ihm entfernte, bis die Schwärze sich wie eine Hand über seine Augen senkte. Eine Stimme erschreckte ihn, brach sich dröhnend in der steinernen Kammer, verlor sich in immer dünner werdendem Nachhall. Immer kam die Stimme unerwartet, ganz gleich, wie angespannt er auf einen Schritt lauschte. Es wurde so, daß er ständig horchte, während er auf kaltem Stein lag, die Muskeln verkrampft vom Warten. Und mit der Stimme kamen die suchenden Finger, die seinen Geist durchforschten und gegen die er sich nicht wehren konnte; kam der Schmerz, wenn er sich mit seinen Fäusten zur Wehr setzte; kamen endlose Fragen, die er aus Wut und Verzweiflung nicht beantwortete, bis plötzlich seine Wut in Entsetzen umschlug, als er spürte, wie die zarten, komplexen Instinkte für das Landrecht in ihm zu sterben begannen. Er hörte seine eigene Stimme antworten, hörte sie ein wenig lauter werden, hörte sie antworten, hörte sie wieder lauter werden, war plötzlich nicht mehr fähig zu antworten. Er hörte das Harfenspiel.
    Seine Hände hielten inne. Sein Gesicht, das gegen das Holz der Harfe gedrückt war, schmerzte. Rendel saß ganz nahe bei ihm, den Arm um seine Schultern. Noch immer woben die Klänge der Harfe abgerissen durch seinen Geist. Er wollte weg von ihnen, doch sie verstummten nicht. Rendel drehte den Kopf; in einem Schwall schoß das Blut durch seinen Körper, als ihm klarwurde, daß auch sie die Klänge hörte.
    Dann erkannte er das vertraute, zaghaft stockende Spiel. Er stand auf. Sein Gesicht war weiß und starr. Er griff sich eine Fackel aus dem Feuer. Rendel sprach seinen Namen; er konnte ihr nicht antworten. Sie wollte ihm folgen, hinkte auf bloßen Füßen durch das Farnkraut, doch er wartete nicht auf sie. Er jagte den Klängen der Harfe nach, hetzte durch die Bäume, über die Straße zur anderen Seite hinüber, wo er einen Händler erschreckte, der unter seinem Karren schlief; er stolperte durch dorniges Gebüsch und Unterholz, während das Harfenspiel lauter wurde und ihn zu umkreisen schien. Schließlich traf das Licht der Fackel, das über welkes Laub dahinglitt, eine Gestalt, die, über eine Harfe gebeugt, unter einem Baum saß. Morgon hielt an. Sein Atem kam in Stößen. Worte, Fragen, Flüche stauten sich in seiner Kehle. Langsam hob der Harfner das Gesicht zum Licht.
    Morgon stockte der Atem. In der schwarzen Nacht jenseits des Fackelscheins war kein Geräusch zu hören. Der Harfner, den Blick auf Morgon gerichtet, spielte noch immer leise und ungelenk mit Händen, die knorrig waren wie Eichenwurzeln, verkrüppelt bis zur Unbrauchbarkeit.
     

Kap. 5
     
    Morgon flüsterte: »Thod!«
    Die Hände des Harfners wurden still. Sein Gesicht war so abgezehrt und verfallen, daß kaum noch etwas Vertrautes in ihm war. Nur der edle Schnitt der Züge und der Ausdruck in den Augen waren geblieben. Er hatte kein Pferd und kein Bündel, keinerlei Habe, soweit Morgon sehen konnte, außer einer dunklen Harfe, deren einziger Schmuck ihre schlanken, feinen Linien waren. Die zerstörten Hände ruhten einen Moment lang auf den Saiten, dann glitten sie abwärts, um die Harfe zu Boden zu stellen.
    »Morgon.« Seine Stimme war rauh vor Müdigkeit und Verwunderung. Mit einer Sanftheit, die Morgon zum sprachlosen Gefangenen seines eigenen inneren Aufruhrs machte, fügte er hinzu: »Ich wollte Euch nicht stören.«
    Morgon stand reglos. Selbst die Flamme in

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