Erdzauber 03 - Harfner im Wind
Gesicht im Schatten war. Gelassen fuhr er fort: »Die Harfe war aus schwarzem Feuer. Auf ihrer Front waren drei brennende, weißglühende Sterne.«
Morgons Kehle zog sich zusammen. »Ihr habt darauf gespielt«, flüsterte er.
»Er befahl es mir. Solange ich noch bei Bewußtsein war, spürte ich, wie sein Geist aus dem meinen die Erinnerungen an die Ereignisse in Anuin heraussog, Erinnerungen an die Monate meiner Wanderschaft mit Euch, an die Jahre und Jahrhunderte meines Dienstes für ihn, und an die Zeit davor. Die Harfe hatte eine befremdende, gequälte Stimme wie die Stimmen, die ich des Nachts hörte, als ich durch Hel ritt.«
»Er ließ Euch das Leben.«
Der Harfner lehnte seinen Kopf an den Baumstamm und erwiderte Morgons Blick.
»Er fand keinen Grund, es mir nicht zu lassen.«
Morgon schwieg. Die Flammen des Feuers vor ihm brachen knisternd dürres Holz wie kleine Knochen. Ihm war plötzlich kalt, selbst in der warmen Sommernacht, und er rückte näher ans Feuer. Ein Tier, vom Licht aus den Bäumen gelockt, richtete glühende Augen auf ihn, zwinkerte und verschwand wieder. Das Schweigen um ihn herum war beladen mit tausend Rätselfragen, die er hätte stellen sollen, und er wußte, daß der Harfner sie nur mit neuen Rätselfragen beantworten würde. Einen Moment lang rastete er in der Schwerelosigkeit der Stille.
»Ein trauriger Lohn für sechs Jahrhunderte«, sagte er schließlich. »Was habt Ihr eigentlich von ihm erwartet, als Ihr in seinen Dienst tratet?«
»Ich sagte ihm, daß ich einen Herrn brauchte, und daß kein König, der sich durch seine Lügen täuschen ließ, mir genügen könne. Wir entsprachen einander. Er schuf eine Täuschung; ich erhielt sie aufrecht.«
»Das war eine gefährliche Täuschung. Hat er nie den Erhabenen gefürchtet?«
»Hat ihm der Erhabene denn Anlaß gegeben, ihn A zu fürchten?«
Morgon schob ein Blatt ins Feuer.
»Nein.«
Er ließ seine Hand flach im Feuer liegen, ließ sie im Herzen der Flammen brennen, während Erinnerungen auf ihn einstürmten. »Nein«, flüsterte er wieder. Das Feuer loderte plötzlich unter seiner Hand auf, als er es einen Moment lang aus seiner Bewußtheit entließ. Er fuhr zurück, und Tränen sprangen ihm in die Augen. Wie durch einen Schleier sah er die knorrigen, flammenlodernden Hände des Harfners, der selbst in höchster Qual an seinem Schweigen festhielt. Er krümmte sich über seine eigene Hand und schluckte die Flüche hinunter.
»Das war unvorsichtig.«
»Morgon, ich habe kein Wasser - «
»Das ist mir schon aufgefallen.« Seine Stimme war hart vor Schmerz. »Ihr habt nichts zu essen, und Ihr habt nichts zu trinken, Ihr habt keine Gesetzesgewalt und keinen Reichtum, Ihr seid nicht einmal Zauberer genug, Euch selbst vor dem Verbranntwerden zu schützen. Ihr könnt kaum noch das eine, das Ihr besitzt, gebrauchen. Für einen Mann, der innerhalb von sieben Tagen zweimal dem Tod entronnen ist, erzeugt Ihr eine großartige Täuschung von Machtlosigkeit.«
Er zog seine Knie hoch und ließ seinen Kopf auf sie niedersinken. Eine Zeitlang war er still, er wartete nicht, daß der Harfner sprechen würde. Es kümmerte ihn nicht mehr. Das Feuer sprach zwischen ihnen in einer uralten Sprache, die keine Rätsel brauchte. Er dachte an Rendel und wußte, daß er hätte gehen sollen, doch er rührte sich nicht. Der Harfner saß in gelassener Ruhe, so still wie uralte Wurzeln oder verwitterter Stein. Das Feuer, das Morgon aus seiner Gewalt entlassen hatte, erstarb. Durch die Bögen seiner Arme hindurch sah er zu, wie das Licht immer schwächer wurde. Schließlich hob er den Kopf. Die Flamme lag zuckend in ihrer Asche; das Gesicht des Harfners war dunkel.
Er stand auf, die verbrannte Hand mit der anderen umschlössen. Er hörte das schwache Rascheln, als der Harfner sich bewegte, und wußte, daß der Harfner, schweigend und schlaflos, auch bei Morgengrauen noch dagewesen wäre, wenn er die ganze Nacht an diesem Feuer geblieben wäre. Er schüttelte den Kopf, sprachlos über die Verwirrung seiner eigenen Impulse.
»Ihr reißt mich mit Eurem Harfenspiel aus meinen Träumen, und ich komme und kauere wie ein Hund in Eurer Stille. Ich wünschte, ich wüßte, ob ich Euch trauen soll oder ob ich Euch töten soll, oder ob ich vor Euch fliehen soll, weil Ihr ein Spiel treibt, das tödlich ist. Braucht Ihr Nahrung? Wir können etwas von unserem Proviant entbehren.«
Es dauerte lange, ehe Thod ihm antwortete; die Antwort selbst war beinahe
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