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Erebos

Erebos

Titel: Erebos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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allein entscheiden.
    »Ich werde mit ihr telefonieren. Bloß ist sie jetzt noch in der Schule.« Nick holte sein Handy hervor und tippte eine SMS: Ruf mich an, es ist dringend.
    »Sie wird sich melden, sobald es geht, denke ich. Kann ich in der Zwischenzeit Tee haben?«
    Victor huschte in die Küche.
    »Übrigens habe ich schon Kate als Novizin angeheuert«, berichtete Speedy. »Sie macht sich gut. Ist ein Dunkelelf, so wie du früher.«
    Nick lächelte nur und sogar das kostete Kraft. Er war jetzt zu keinem Gespräch imstande. In seinem Kopf stürzten die Gedanken so schnell durcheinander, dass er ihnen kaum folgen konnte. Wenn Brynne es gewesen war, dann hatte sie die Plakataktion verdient, ganz klar. Nur dass sie schon jetzt wirkte, als würde sie jede Sekunde überschnappen. Die Schule hatte sieben Stockwerke und Nick konnte sich eine springende Brynne plötzlich gut vorstellen …
    Wenn Speedy seinen Auftrag nicht erfüllte, war er draußen. Massenhaft Zeugen in Nicks Schule, keiner würde etwas von Plakaten zu berichten wissen. Quox oder Brynne. Brynne oder Quox.
    Nick stützte den Kopf in die Hände. Warum war Emily nicht da? Er wollte nicht allein dafür verantwortlich sein, was mit Brynne geschehen würde. Sie tat ihm leid und gleichzeitig hasste er sie, sobald er an Jamie dachte. Wie sollte er da eine gute Entscheidung treffen?
    Victor kam mit einem Tablett voller bunter Tassen und einer dampfenden Teekanne zurück. »Gestern war ein aufschlussreicher Tag. Wir hatten ein Lager im Schatten eines Tempels und ein Haufen Gnome schärfte uns ständig ein, dass wir auf der Hut sein sollten, weil wir ganz in der Nähe von Ortolans Festung wären. Dann sprangen auf einmal alle möglichen Geschöpfe aus den Büschen und stürzten sich auf uns – Orks, Zombies, Riesen – das ganze Programm. Einige hat es böse erwischt dabei.« Er goss Tee in die Tassen; der Duft breitete sich im ganzen Raum aus. »Ich habe den Eindruck, die Dinge neigen sich dem Ende zu. Aber ich durchschaue sie immer noch nicht. Es ist zum Heulen. Morgen werde ich versuchen –«
    Nicks Handy klingelte. Er atmete tief durch. Es war Brynne.
    »Hi, Nick! Hast du es dir anders überlegt?«
    »Nein.« Wieso sammelte sich auf einmal so viel Spucke in seinem Mund? »Wo bist du jetzt?«
    »Im Park gegenüber der Schule.«
    »Allein?«
    »Ja.«
    »Ich habe etwas erfahren, worüber ich mit dir sprechen muss.«
    »Ah. Okay.« Hörte sie das drohende Unheil in seiner Stimme? Oder war sie wirklich völlig arglos?
    »Es ist wegen Jamie. Ich weiß jetzt, dass sein Unfall gar kein Unfall war. Sondern dass jemand sein Fahrrad manipuliert hat. Sag mir Brynne, warst du das?«
    Die Pause war lang. Nick konnte Brynne atmen hören.
    »Was?«, hauchte sie schließlich. »Wieso … wieso denn ich?«
    »Sag einfach Ja oder Nein.«
    »Nein! Wie kommst du darauf? Ich … nein.« Ihre Stimme schwankte und Nick fühlte Wut in sich hochsteigen, heiß und unaufhaltsam.
    »Du lügst doch. Ich kann hören, dass du lügst!«
    »Nein! Woher willst du das überhaupt wissen? Du willst mich nur fertigmachen, dabei hab ich dir nichts getan!«
    Nick wechselte einen Blick mit Victor, der wie ein bekümmerter Teddybär aussah. »Im Gegenteil. Ich will dich warnen. Es ist sehr gut möglich, dass morgen früh in der ganzen Schule Poster hängen, auf denen genau das zu lesen sein wird: dass du es warst, die Jamies Bremsen sabotiert hat. Dass er deswegen seinen Unfall hatte.«
    »Was?« Jetzt schluchzte sie, obwohl Nick hörte, wie sehr sie sich zu beherrschen versuchte. »A-a-aber das st-stimmt nicht.«
    »Doch«, sagte er und war selbst erstaunt, wie sicher er sich dessen plötzlich war. »Los. Raus damit. Morgen wissen es ohnehin alle.«
    »Nein! Ich war das nicht! Woher … Warum sagst du so etwas?« Die Panik in ihrer Stimme war dick wie Sirup.
    »Das Spiel sagt es und wer sollte besser Bescheid wissen? Es will, dass alle es erfahren.« Nick fragte sich, wo der Triumph blieb. Die Befriedigung darüber, den Menschen am Kragen zu haben, der für Jamies Zustand verantwortlich war. Er fühlte nichts Derartiges, nur Mitleid und ein bisschen Ekel.
    »Aber ich wollte das doch nicht!« Jetzt schrie sie. »Höchstens, dass er sich auf die Nase legt, sich das Handgelenk verstaucht – aber doch nicht mehr! Doch nicht –« Sie brach ab.
    Nick vermutete, dass sie das gleiche Bild vor Augen hatte wie er: Jamie mit verdrehten Gliedern in einem See von Blut.
    »Er ist mit solchem Tempo die Straße

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