Erebos
Jahren Haft verurteilt. Das Spiel, das über eine wegweisende neue Technologie verfügen soll, stammt aus dem Haus Soft Suspense, dessen Geschäftsführer Andrew Ortolan das Urteil begrüßte. »In dem Spiel stecken Jahre an Arbeit und Millionen an Pfund«, so Ortolan. »Das ist nichts, was man sich so einfach stehlen lässt.«
McVay hatte von Prozessbeginn an behauptet, er sei es gewesen, der Götterfunken programmiert habe, und es sei ihm von Soft Suspense gestohlen worden. Er war aber zu keinem Zeitpunkt imstande, entsprechende Beweise vorzulegen. Dies begründete er mit angeblichen Diebstählen, Bestechungen und Manipulationen durch Soft Suspense. Geschäftsführer Ortolan wies sämtliche Vorwürfe von sich. »Wir sind ein durch und durch anständiges Unternehmen, keine verbrecherische Organisation, und sind froh, dass dies erkannt wurde. Hier versucht lediglich jemand, den Spieß umzudrehen, ohne das Geringste in der Hand zu haben.« McVay hat angekündigt, alle Rechtsmittel ausschöpfen zu wollen, er »gebe sich nicht geschlagen«.
Nick öffnete den Mund, bekam aber kein Wort heraus. Er sah Emily an, die blass war und die Lippen aufeinandergepresst hatte.
Victor hingegen, der ebenfalls mitgelesen hatte, klatschte in die Hände. »Na also! Emily, du hast einen Riecher wie Sherlock Holmes und Philip Marlowe zusammen. Klasse.«
In Nicks Gedanken herrschte Chaos. Konnte er sicher sein, dass Larry McVay Adrians Vater war? Der Nachname war nicht häufig. Einen solchen Zufall konnte er sich nicht vorstellen.
»Was ist denn?«, fragte Victor erstaunt. »Ihr sagt ja gar nichts. Dabei sind wir einen Riesenschritt weiter. Dieser Larry McVay könnte ein Teil des Puzzles sein, immerhin hat er einen Prozess gegen Ortolan verloren. Er ist sicher sauer auf ihn. Vielleicht weiß er etwas über Erebos. Wir sollten mit ihm reden.«
Mit einiger Mühe fand Nick seine Stimme wieder. »Das wird nicht möglich sein. Er hat sich umgebracht.«
Sie setzten Victor ins Bild, erzählten ihm von Adrian und seinem seltsamen Verhalten in den letzten Wochen.
»Er wollte ständig wissen, was es mit den DVDs auf sich hat, später, als ihm klar war, dass es sich um ein Spiel handelte, hat er mich geradezu angebettelt, damit aufzuhören.« Warum, verstand Nick immer noch nicht. Das Spiel, um das es im Prozess gegangen war, hieß nicht Erebos, sondern Götterfunken. Freude schöner Götterfunken, dachte Nick grimmig.
Victor schnappte sich das Notebook und las den Artikel noch einmal. »Ich glaube, ich erinnere mich wieder an den Fall. Das Interessante war, dass keine der beiden Parteien genau erklären wollte, was so außerordentlich an dem Spiel sein sollte. Sie hatten sich nur beide darin verbissen, wie Hunde in einen Knochen. Auf den Markt gebracht worden ist es aber bis heute nicht.«
Während Victor sich weiter in seine Lektüre vertiefte, berieten Nick und Emily, was sie weiter tun konnten.
»Wir müssen mit Adrian reden.« Emily seufzte tief. »Er ist so ein unglaublich netter Kerl. Wir haben uns letztens länger unterhalten, er ist wirklich reif für sein Alter und hat ein paar sehr kluge Dinge von sich gegeben.«
»Reden wir mit ihm«, stimmte Nick ihr zu. Er erinnerte sich gerade daran, was Adrian vor einiger Zeit zu ihm gesagt hatte: dass er die DVD nicht nehmen dürfe, aber wissen müsse, was sich darauf befindet. In einem abgelegenen Winkel von Nicks Bewusstsein ergab das plötzlich Sinn, aber welchen, konnte er nicht sagen. Er würde Adrian reinen Wein einschenken. Ihm alles erzählen, was er wissen wollte, und im Gegenzug dafür …
»Nein!« Victors Schrei ließ Nick und Emily gleichzeitig herumfahren. »Scheiße, Leute. Das wird allmählich unheimlich.«
»Was denn?«
»Programmierer begeht Selbstmord«, las Victor vor. »Am Abend des 13. September wurde L. McVay, Inhaber einer Softwarefirma, auf dem Dachboden seines Hauses im Norden von London erhängt aufgefunden. Nach ersten Untersuchungen schließt die Polizei Fremdeinwirkung aus, es spricht alles dafür, dass McVay seinem Leben selbst ein Ende gesetzt hat. Als Grund dafür wird die Verurteilung in einem Betrugsprozess drei Wochen zuvor angegeben, wonach McVay eine sechsjährige Freiheitsstrafe zu verbüßen gehabt hätte. Er befand sich gegen Kaution auf freiem Fuß und hatte angekündigt, in Berufung zu gehen.«
»Das wissen wir doch schon«, sagte Nick.
Victor warf ihm einen dunklen Blick zu. »Und, kanntest du Larry McVay? Bist du ihm je persönlich
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