Erebos
ist, hat er geschrieben. Und versprich mir, dass du dir die DVDs nicht ansiehst. Sie sind ein Teil meines Vermächtnisses, aber dieser Teil ist nicht für dich bestimmt.«
Etwas in Nicks Innerem pochte schmerzhaft. »Und daran hast du dich gehalten?«
»Natürlich«, wisperte Adrian. »Es war doch das Letzte, was ich von meinem Vater gehört habe. Ich habe nicht damit gerechnet, noch einmal etwas von ihm zu sehen oder zu lesen … Ich habe mich so gefreut!« Er blinzelte Tränen weg.
Und er hat dich benutzt.
»Jetzt seid ihr wieder dran. Worum geht es in dem Spiel?«
Zu Nicks Erleichterung nahm Emily ihm die Erklärung ab.
»Oberflächlich gesehen geht es um eine finstere Welt, in der man alle möglichen Aufgaben lösen und Gefahren bestehen muss. Die Aufgaben, die man lösen muss, beschränken sich allerdings nicht auf die Spielewelt, sondern greifen auf die Wirklichkeit über. Man muss zum Beispiel … jemanden fotografieren oder für jemanden eine Hausarbeit schreiben.«
Adrian sah verzückt drein. »Das ist Götterfunken. Dads liebstes Projekt. Er wollte, dass die Spieler sich gegenseitig Geschenke machen oder auf andere Weise sich im echten Leben unter die Arme greifen. Dass sie nicht nur vor dem Computer sitzen, dass Freundschaften entstehen. Er hat mir so oft davon erzählt, bevor …« Adrians Blick glitt zur Seite. »Also, bevor es ihm jemand stehlen wollte. Habt ihr gemerkt, dass es für jeden Spieler ein bisschen anders ist? Die Musik richtet sich zum Beispiel danach, welche mp3-Files du auf der Festplatte hast oder welche Songs du dir bei YouTube anhörst. Wenn das Spiel dich erst mal ein wenig kennengelernt hat, weiß es, welche Quests dir am meisten Spaß machen, und schickt dich dort hin. Dad hat eine psychologische Software integriert, die das Spiel total auf dich ausrichtet.« Es war Adrian anzusehen, dass er in seinen Erinnerungen förmlich badete.
Nick hatte eine solche Wut auf Larry McVay, dass er am liebsten die Einrichtung kurz und klein getreten hätte.
»Kann es sein … also, hältst du es für möglich, dass dein Dad das Spiel umprogrammiert hat? Dass er ein paar hübsche neue Details hineingeschrieben hat? Ich meine, es heißt ja nicht mehr Götterfunken. Es heißt Erebos.«
»Wie? Ja, schon möglich.« Das Leuchten in Adrians Gesicht erlosch. »Jemand hat versucht, ihm Götterfunken zu stehlen, müsst ihr wissen. Dann gab es einen Prozess, der sich ewig gezogen hat … In den letzten zwei Jahren war Dad … na ja, anders. Da hat er nicht mehr viel mit mir gesprochen, also weiß ich nicht, ob er etwas verändert hat. Er hat auf jeden Fall irre viel gearbeitet. Eigentlich nur noch, er hat sich in seinem Keller verbarrikadiert, kaum gegessen, sich nicht mal mehr Zeit zum Waschen genommen.« Er sah Emily und Nick entschuldigend an. »Mum meint, er war schon bei Prozessbeginn nicht mehr er selbst. Er hat es nicht verkraftet, dass die ihm Diebstahl und Betrug vorgeworfen haben. Dabei waren wir es, bei denen eingebrochen worden ist. Vier Mal. Im Büro, bei uns im Haus, sogar die Autos sind aufgebrochen worden.«
Der Reim, den Nick sich auf Adrians Geschichte machte, war kein schöner. Er klang so: Soft Suspense hatte Wind von McVays neuer Entwicklung bekommen und versucht, sich das Programm anzueignen. Das hatte nicht geklappt – jedenfalls nicht in befriedigendem Ausmaß, also hatten sie McVay verklagt. Und vor Gericht recht bekommen. War das möglich?
»Hör zu«, sagte er. »Ich erzähle dir jetzt, welches Spielziel Erebos hat, einverstanden?« Obwohl er Emilys Blick auf sich spürte, konnte er jetzt nicht aufhören. »Ein Monster soll getötet werden. Dafür werden die besten, stärksten und rücksichtslosesten Krieger gesucht. Sie müssen sich gegen jeden durchsetzen, der Erebos stoppen will, und sie müssen Vorbereitungen für die letzte Schlacht treffen. Diese letzte Schlacht wird sehr bald stattfinden und weißt du, wie das Monster heißt, dass dabei vernichtet werden soll?«
Er sah in Adrians Augen, dass er es zumindest ahnte.
»Genau«, sagte Nick. »Es heißt Ortolan.«
Adrian stieß hörbar den Atem aus. Lachte einmal laut auf. Wurde wieder ernst. »Wirklich?«
»Ich schwöre es.«
In Adrians Gesicht spiegelten sich mehrere Empfindungen gleichzeitig – Genugtuung, Trauer und Hass.
»Du meinst«, sagte er mit rauer Stimme, »jemand wird Ortolan töten?«
»Vielleicht. Irgendetwas in dieser Art wird passieren, glaube ich.«
»Ich habe mir ein paarmal vorgestellt,
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