Erebos
den Inneren Kreis gelangt, er weiß es bereits. Gerissener sein als die anderen, stärker sein. Siege erringen, Wunschkristalle finden. Ihm ist völlig klar, dass er noch meilenweit davon entfernt ist.
Die Tür zur Schankstube öffnet sich, Licht dringt herein. In dem hellgelben Strahl tanzen Staubkörner.
Sarius dreht sich noch einmal zu dem Boten herum. »Bekomme ich keine neue Ausrüstung?«
»Die hättest du für Jamie Cox bekommen«, antwortet der Bote, immer noch lächelnd. »Viel Glück beim Turnier. Ich bin sehr gespannt – sagte ich das schon?«
Vor der Schänke tummeln sich deutlich mehr Leute als gestern Abend. Sarius folgt einer schwer bewaffneten Gruppe von Barbaren, die sicherlich auf dem Weg zur Arena ist. Wenige Minuten später haben sich ihnen zwei Echsenmenschen, drei Vampire, drei Dunkelelfen und ein Zwerg angeschlossen. Der Zwerg ist ein alter Bekannter: Sapujapu. Mittlerweile mit einer riesigen Hellebarde bewaffnet und einem Schild, hinter dem er sich zur Gänze verstecken kann. Sein Level erkennt Sarius nicht- es muss also höher sein als drei. Dafür läuft bei den Vampiren eine Zwei mit, unter den Dunkelelfen befindet sich sogar eine Eins. Sarius lächelt milde.
»Hi, Sarius!«, begrüßt ihn Sapujapu.
»Hallo«, grüßt Sarius verblüfft zurück. »Ich wusste nicht, dass wir uns hier ganz ohne Feuer unterhalten können.«
Der Zwerg verlagert seine Hellebarde auf die andere Schulter.
»In den Städten gelten andere Regeln als auf dem freien Land. Gehst du auch zu den Arenakämpfen?«
Sapujapus redselige Laune stellt einen unerwarteten Glücksfall dar. Sarius greift mit beiden Händen zu.
»Ja. Das ist doch der richtige Weg, oder?«
»Ist er. Ich war schon gestern Abend da und habe mich umgesehen. Die Arena ist riesig. Ein toller Anblick, du wirst sehen.«
»Ist das dein erstes Turnier?«, will Sarius wissen.
»Was? Nein, natürlich nicht! Ich war schon zweimal in der Arena beim Königsgrab. Du noch nicht?«
Es ist klüger, die Wahrheit zu sagen, wenn er mehr erfahren will.
»Nein, das ist mein erstes Mal. Ich bin schon total gespannt, wie das läuft.«
Xohoo läuft an ihnen vorbei, danach Nurax, der sein Werwolfgebiss bleckt. Grüßend oder drohend, wer weiß. Sieh an, denkt Sarius. Die haben es auch bis hierher geschafft.
»Wie es läuft? Also, du kannst andere herausfordern oder dich herausfordern lassen und dann gibt es einen Zweikampf. Rund um dich ist es wahnsinnig laut, alle johlen und schreien rum, sie klatschen, sie trampeln …«
BloodWork stampft mit Riesenschritten heran, rempelt Sapujapu an, der prompt den Faden verliert. Er und Sarius starren dem riesigen Barbaren hinterher, der ein gewaltiges Henkersschwert auf dem Rücken trägt. Darüber baumelt sein dunkler geflochtener Zopf.
Wo waren sie stehen geblieben? Die wichtigsten Informationen muss Sarius dem Zwerg noch entlocken.
»Was kann man gewinnen? Und wie?«
»Das wird vorher vereinbart. Du legst es gemeinsam mit deinem Gegner fest: mein Schwert gegen deinen Schild, meinen Wunschkristall gegen eines oder zwei deiner Level. So irgendwie. Mir ist diesmal ganz schön mulmig, meine Hellebarde ist nicht die beste und ich muss sie beidhändig führen, das heißt, ich kann den Schild nicht gebrauchen.«
Sapujapus Waffe muss wahrhaftig schwer sein. Der lange Stiel allein wirkt denkbar unhandlich, die geschliffene Klinge an der Spitze glänzt wie polierter Stahl.
»Aber wenn du triffst, richtest du sicher mörderischen Schaden an«, tröstet ihn Sarius.
»Ja. Wenn ich treffe.«
Sie biegen um eine Ecke und da sieht Sarius die Arena, am Ende einer langen Allee. Sie ist kreisrund, schneeweiß und mit hohen Bögen durchbrochen, wie das römische Kolosseum. Der Anblick flößt ihm Respekt ein … Oder ist es die Musik, die ihn seit Kurzem wieder umfängt? Nie bemerkt er ihren Beginn, kann immer nur plötzlich feststellen, dass sie wieder da ist und ihn begleitet, wie ein stärkender Zauber. Oder ihn ruft, so wie jetzt. Sie erklärt ihm alles, ohne Worte, daher ist ihm mit einem Mal völlig klar, dass die Arena seine Bestimmung ist, im Guten oder im Schlechten.
Auf einer gewaltigen kupfernen Tafel direkt am Eingang zur Arena sind alle angemeldeten Kämpfer aufgelistet. Sarius findet sich selbst zwischen einem gewissen Nodhaggr und einer alten Bekannten: Tyrania, seiner Kampfpartnerin gegen die Wasserfrauen. Während ein grünhäutiger Gnom seine Anwesenheit registriert, überfliegt Sarius die Liste auf der
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