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Erebos

Erebos

Titel: Erebos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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Arena, die Mitglieder des Inneren Kreises setzen sich und mit einem Mal wird es still. Nur noch Flüstern, ungeduldiges Rascheln und leise, lauernde Musik, die Sarius’ Herzschlag beschleunigt.
    Dann tritt ein Mann aus dem Nichts hervor. Er ist bis auf einen Lendenschurz nackt, seine Haut ist braun wie altes Leder, sein Körperbau muskulös. Er trägt einen langen Stab in der Hand, den er zweimal kurz auf den Boden stößt, wie ein Zeremonienmeister bei Hofe. Sarius’ Aufmerksamkeit bleibt an eigenartigen Details hängen: lange, sehr lange, spitze Ohren, die die eines jeden Dunkelelfen in den Schatten stellen. Haarbüschel wie graue Wollknäuel über besagten Ohren und direkt an der Stirn, ein waagrecht zur Seite stehender Schnurrbart. Sehr befremdlich das alles, am irritierendsten findet er jedoch die kugelrunden hellen Glotzaugen. Große weiße Murmeln, die jeden Augenblick aus dem Kopf zu fallen drohen.
    Mit diesen hervorquellenden Augen blickt der Mann in die Runde. Es scheint, als wichen alle vor dem Blick zurück. Etwas stimmt nicht mit ihm. Angestrengt mustert Sarius den Zeremonienmeister und entdeckt weitere Merkwürdigkeiten. Die Füße! Menschenfüße mit Raubvogelkrallen. Doch all das ist es nicht. Seltsame Details weist auch der scheußliche Spinnenmann auf, dessen Anblick Sarius möglichst meidet, doch trotz der ekelhaft zuckenden Beine an seinem Kopf wirkt er stimmig. So, als gehöre er hierher. Das große Glotzauge dagegen wirkt wie ein Fremdkörper, als hätte ihn jemand versehentlich in der Welt von Erebos ausgesetzt.
    Als der Mann spricht, ist in seiner Stimme ein Rauschen wie von Wasser.
    »Die Regeln sind bekannt. Ich rufe die Kämpfer auf. Es ist keinem gestattet, sich einen Gegner zu suchen, der weniger fortgeschritten ist als der Herausforderer selbst. Den Anfang mache ich bei den Zwergen. Bahanior!«
    Es dauert einige Sekunden, bis der Gerufene in die Mitte tritt. Sarius kann nirgends an seiner Kleidung eine eingebrannte Zahl entdecken, Bahanior muss also mindestens eine Drei sein.
    »Wähle deinen Gegner«, fordert das Glotzauge.
    Nun zögert Bahanior erst recht. Er dreht sich einmal, zweimal um sich selbst. Starrt in die Horde der Dunkelelfen.
    Wenn er mich wählt, muss er ebenfalls eine Drei sein, sonst wäre mein Level zu niedrig für ihn, schließt Sarius. Das wäre nicht übel. Mit einem Dreier-Zwerg kann ich fertig werden.
    Doch Bahanior dreht sich weiter, verharrt vor den Katzenmenschen, dann vor den Vampiren. Der Zeremonienmeister stößt ungeduldig seinen Stab in den Sand.
    »Entscheide dich.«
    Wieder vergehen mehrere Sekunden. Das Publikum beginnt, unruhig zu werden, einzelne Rufe – »Schwächling! Winzling! Mäusefurz!« – werden laut. Sarius dankt seinem Schicksal, dass er nicht an Bahaniors Stelle ist.
    »Ich fordere Blackspell heraus«, entscheidet der Zwerg sich endlich.
    An dem zügigen Tempo, mit dem Blackspell sich aus der Reihe der Vampire löst und sich Bahanior gegenüberstellt, kann Sarius ablesen, dass der Herausforderer keine gute Karte gezogen hat. Wahrscheinlich ist der Vampir ihm um mindestens zwei oder drei Level überlegen und freut sich schon darauf, Bahanior in seine Einzelteile zu zerlegen. Flüchtig erinnert sich Sarius daran, was der Räuber mit dem großen Hut ihm zu Anfang erzählt hatte: dass Blackspell irgendwann von Drizzel besiegt worden war und drei Level abgeben musste. Die hat er mittlerweile sicher wieder gutgemacht. Auf jeden Fall aber muss Drizzel schauderhaft stark sein. Ihn wird Sarius keinesfalls herausfordern.
    Blackspell zieht das Schwert, das Sarius ihm so neidet, weil es aussieht wie aus rotem Glas gegossen, während Bahanior den Eindruck macht, als würde er am liebsten mit wilden Sprüngen über die Zuschauerreihen flüchten. Sein Schwert wirkt neben dem seines Gegners wie ein Buttermesser.
    »Worum wollt ihr kämpfen?«
    Bahanior steigt unschlüssig von einem Bein auf das andere.
    »Wenn ich siege, erhalte ich von Blackspell eine Rangstufe und … 20 Goldstücke.«
    »Das ist zu wenig«, entgegnet der Vampir. »Zwei Rangstufen und 30 Goldstücke.«
    Bahanior antwortet nicht. Ihm ist anzusehen, dass er seine Gegnerwahl bereits heftig bereut.
    »Bist du einverstanden?«, will der Zeremonienmeister wissen.
    »Ich habe nur 25 Goldstücke«, gesteht Bahanior.
    Darauf einigen sie sich. Zwei Level, 25 Goldstücke. Sarius ist überzeugt davon, dass das mehr ist, als Bahanior sich leisten kann.
    »Kämpft!«, ruft das Glotzauge.
    Sofort

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