Erfindergeist
der fast komplett aus Parkmöglichkeiten bestand. In der Schustergasse wohnten die Kluwers. Das Haus wirkte von der Straßenfront aus ziemlich schäbig. Abbröckelnder Putz und taubenkotverschmierte Fensterbänke waren kein Blickfang für die Speyrer Altstadt. Ich drückte die Klingel neben dem riesigen Hoftor, das ebenfalls schon bessere Zeiten gesehen hatte. Ein Summen öffnete die Tür, ohne das jemand nach meinem Namen oder meinem Anliegen gefragt hatte. Plötzlich stand ich in einer anderen Welt. Die Straße und der Verkehr waren auf der anderen Seite des Hoftors. Auf dieser Seite war Natur pur. Am Rande des Grundstücks standen größere Bäume dicht an dicht und hinterließen den Eindruck, man befände sich in einem nicht enden wollenden Wald. Auf der rechten Seite stand das Haus, dessen Hofseite fast völlig mit Efeu bewachsen war. Im Hintergrund konnte man einen Schuppen erahnen. Ein kleiner Gartenteich mit einer netten Sitzgruppe sowie ein Nutzgarten vollendete dieses schätzungsweise 200 Quadratmeter große Paradies.
Berti und Hannah Kluwer waren typische Ökos. Er trug Peter-Lustig-Latzhosen, einen langen ungepflegten Bart und eine Brille mit kreisrunden Gläsern. Seine Frau war von kräftiger Statur und man sah ihr deutlich an, dass sie schwere körperliche Arbeit gewohnt war. Ihre Jeans waren ziemlich speckig und das bunte Karohemd an mehreren Stellen eingerissen.
»Guten Tag, dürfen wir Ihnen helfen?«, fragte Herr Kluwer höflich.
»Mein Name ist Reiner Palzki von der Kriminalpolizei. Sind Sie Berti und Hannah Kluwer?«
»Polizei? Um Himmels willen«, erschrak Herr Kluwer. »Was wollen Sie von uns?«
»Wenn ich das nur so genau wüsste«, antwortete ich. »Keine Angst, Sie werden nicht verdächtigt, etwas Unrechtes getan zu haben. Es geht nur um ein paar Informationen, die wir benötigen.«
»Na, da haben Sie uns ja einen schönen Schrecken eingejagt«, brachte sich nun seine Frau mit einer tiefen Marlboro-Stimme ein. »Setzen Sie sich. Hier am Teich ist es schön.«
Wir setzten uns auf eine angenehm gepolsterte Sitzgruppe. Frau Kluwer schnappte sich eine Packung Fischfutter, die auf dem Tisch stand und warf ein oder zwei Handvoll von dem Inhalt in den Teich.
»Womit können wir Ihnen helfen, Herr Palzki?« fragte Hannah Kluwer.
»Sie sind in diesem Solarverein aktiv?«, begann ich, meine Fragen zu stellen.
»Ach, deswegen sind Sie hier! Ich dachte schon, einer unserer Nachbarn hätte uns mal wieder angezeigt, weil wir angeblich verbotene Sachen anpflanzen. Das ist natürlich alles Humbug. Die ärgern sich bloß, weil sie wegen unseres Gartens im Sommer mehr Insekten haben. Dabei sollten sie froh sein. Denn wo Insekten leben, ist die Natur noch in Ordnung.«
Ich nickte eifrig, obwohl mir das Krabbelzeug auch zuwider war. Stefanie meinte immer, ich würde am liebsten alles zubetonieren und grün anstreichen. Das war natürlich Quatsch, auch wenn es praktisch gewesen wäre.
»Nein, nein, wegen Ihres Gartens bin ich nicht hier. Können Sie mir etwas über Ihren Verein erzählen? Wie viele Mitglieder haben Sie denn?«
Die Dame des Hauses überlegte angestrengt und kam schließlich zu folgendem Ergebnis: »Im Moment sind wir 21. Eine richtig schlagkräftige Truppe!«
»Wie habe ich das mit der ›schlagkräftigen Truppe‹ zu verstehen?«, unterbrach ich sie.
Sie lachte, was sich in Kombination mit ihrer Raucherstimme alles andere als angenehm anhörte. »Haha, nehmen Sie das bitte nicht so wörtlich. Wir setzen uns für die Solarenergie ein. Wussten Sie, dass noch vor 20 Jahren jährlich gerade so viel Geld in die Erforschung der Solarenergie gesteckt wurde, wie in einen Bauzaun für ein Atomkraftwerk?«
Ich verneinte ihre Frage, war jedoch nicht in der Lage, das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.
»Wir sind alle Idealisten. Mein Mann, ich und die anderen. Wir beraten Unternehmen, die sich stärker mit dem Thema Solarenergie befassen wollen. Dabei übernehmen wir auch die Planung und die Ausführung der Kollektorflächen. Auf Wunsch können wir über Kooperationspartner die Anlagen liefern und installieren lassen. Praktisch alles aus einer Hand.«
»Gibt es für so etwas nicht spezialisierte Firmen?«, warf ich ein.
»Natürlich gibt es die. Aber es gibt weitaus mehr Architekten, die von der Materie nicht die geringste Ahnung haben und den Leuten falsch dimensionierte Anlagen zu horrenden Preisen aufschwatzen. Genauso treiben es die Hersteller der Anlagen. Die haben dafür
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