Erfindergeist
Moment Stefanie und die Kinder ein? Ich musste mich beeilen, nach Hause zu kommen.
»O… okay, wie Sie meinen«, fasste sich der Student etwas. »Sie denken doch nicht, ich hätte etwas mit dem Mord zu tun?«
»Herr Becker, das hat niemand behauptet. Sie sind für mich momentan nur ein Zeuge. Doch damit Sie beruhigt sind: Ich traue Ihnen die Tat nicht zu.«
»Also, das war so«, begann er. »Den Verein hat Ihr Freund Jacques letzte Woche erwähnt. Er meinte, dass es sich lohnen würde, sich diesen einmal näher anzusehen.«
Jacques? Ich war verwundert, dass es hier schon wieder einen Querverweis zu meinem toten Erfinderfreund gab. »Was hat Jacques in diesem Zusammenhang noch gesagt? Bitte denken Sie scharf nach, es könnte alles wichtig sein.«
Becker schüttelte den Kopf. »Über diesen Verein hat er weiter nichts gesagt. Das war komisch, denn er hat ihn ohne erkennbaren Zusammenhang erwähnt. Im Nachhinein betrachtet, denke ich, dass er es eigentlich eher ironisch gemeint hat und gar nicht so, wie ich es aufgefasst habe.«
»Aha, Sie dachten, Jacques wollte Ihnen den Tipp geben, diesen Verein wegen eines Artikels zu interviewen.«
»Ja, so war es. Aber ich werde das Gefühl nicht los, dass es ihm gar nicht um meinen Artikel ging.«
»Sondern?«
Der Student zögerte einen Moment, ich merkte deutlich, wie er nach passenden Worten suchte. »Als wäre da etwas faul.« Er verbesserte sich sofort: »Also nicht faul im eigentlichen Sinne, sondern eher im übertragenen Sinne. Jedenfalls hat mir das keine Ruhe gelassen. Ich wollte herausfinden, welche Geschäfte hier laufen.«
»Aha, geben Sie es zu, Sie hatten die Idee eines neuen Plots im Hinterkopf.«
»Na ja, ein bisschen stimmt das schon. Doch weiterhelfen kann ich Ihnen trotzdem nicht. Das Interview sollte quasi der Anfang meiner Recherche sein. Ich habe noch keinen blassen Schimmer, was Ihr Freund Jacques mit seiner Bemerkung eigentlich gemeint haben könnte.«
Da dies alles ziemlich flüssig über seine Lippen kam, glaubte ich ihm. »Vielen Dank, Herr Becker, ich muss weitermachen. Was werden Sie jetzt unternehmen?«
»Das ist doch klar. Nach diesem Todesfall habe ich als Journalist eine Legitimation, mich bei den übrigen Vereinsmitgliedern zu erkundigen. Selbstverständlich gebe ich Ihnen Bescheid, wenn ich neue Erkenntnisse gewonnen habe.« Er atmete tief durch und war sich offenbar nicht sicher, ob er mir die nächste Frage stellen sollte oder nicht. Schließlich wagte er es doch. »Herr Palzki, denken Sie, dass diese Leute etwas mit dem Tod von Jacques zu tun haben?«
»Im Vertrauen, Herr Becker. Ich halte das inzwischen nicht mehr für ausgeschlossen. Es gibt einfach zu viele Anzeichen dafür.«
Nachdem Dietmar Becker abgezogen war, ging ich ins Haus, um mit Hannah Kluwer zu sprechen. Sie saß auf einem älteren Holzstuhl und machte auf mich einen relativ gefassten Eindruck. Mit einem Taschentuch wischte sie sich gelegentlich die feuchten Augen ab.
»Frau Kluwer«, sprach ich sie möglichst behutsam an. »Darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen? Es wäre für die Ermittlungsarbeiten sehr wichtig.«
Sie nickte.
»Können Sie sich vorstellen, warum jemand Ihren Mann ermordet hat? Gab es irgendwelche Drohungen oder Probleme?«
»Nein«, säuselte sie. Ihre Stimme war nun viel leiser als vorhin. »Es ergibt für mich überhaupt keinen Sinn. Den einzigen Streit, den wir in letzter Zeit hatten, war der mit unseren Nachbarn. Dass die meinen Mann ermorden, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.«
»Das denke ich auch nicht. Hatten Sie in letzter Zeit Probleme wegen Ihres Vereins? Ich denke da an andere Mitglieder oder Kunden, die unzufrieden waren.«
»Nein«, versicherte sie erneut. »Es gibt bei uns keine unzufriedenen Kunden. Ich habe alle Unterlagen im Büro, die können Sie sich gerne anschauen. Der Verein hat bestimmt nichts mit dem Mord zu tun!« Nun schrie sie fast und dabei kullerten wieder ein paar Tränen über ihre Wangen.
Keine unzufriedenen Kunden? Das klang für mich nicht glaubwürdig. Selbstverständlich würden wir sämtliche Ordner und Computer nach Hinweisen durchforsten.
Ich überspitzte den mir bekannten Sachverhalt absichtlich: »Ihr Mann hat mir vorhin erzählt, dass er gestern Abend im Holiday Park eingeschlossen wurde. Waren Sie auch dabei?«
Ruckartig hob sie ihren Blick. »Wie bitte? Im Park eingeschlossen?« Sie schüttelte energisch den Kopf. »Es gab zwar eine blöde Situation, aber eingeschlossen
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