Erfindung der Violet Adams
ansehen.« Violet lief zu den Enten, die weiter über den Boden rollten, und hielt sie an.
»Eine nette Idee«, hustete Bunburry, »aber nicht so intelligent wie Ihre Handtasche.«
Violet nickte und legte Valentine die Enten in die ausgestreckten Hände.
Er sah sich die Enten mit einer Reihe von Hms und Ahs, unterbrochen von zufälligen Ohs, an, bevor er sie ihr zurückgab. »Sie haben ein gutes Auge, junger Mann«, sagte Valentine. »Ich freue mich, dass Ihre Intelligenz nicht durch Praktikabilitätserwägungen eingeschränkt wird.«
Bei diesen Worten funkelte Bunburry Valentine böse an, der dies jedoch nicht zu bemerken schien. Violet senkte den Kopf, da sie nicht sicher war, ob das ein Kompliment sein sollte oder nicht.
»Gibt es noch etwas, das Sie uns sagen möchten?«, fragte der Duke Violet.
»Nur, dass es schon immer mein Traum war, an die Illyria-Akademie zu kommen und dass ich härter arbeiten werde als alle anderen Schüler.«
Der Duke lächelte, und einige der anderen Professoren grinsten. »Dann danke ich Ihnen für Ihre Zeit«, schloss der Duke. »Wir werden Ihnen mitteilen, ob Sie angenommen worden sind, sobald wir mit allen Bewerbern gesprochen haben.«
»Vielen Dank, meine Herren«, sagte Violet mit einer Verbeugung, nahm ihre Handtasche und ihre Enten und verließ den Raum. Draußen atmete sie tief durch und betrachtete erneut das goldene Innere der Akademie, voller Furcht, dass dies ihre letzte Möglichkeit sein könnte, es sich anzusehen. Sie strich mit der Hand über die Wände, als sie nach draußen ging, betrachtete die schmuckvollen Schnitzereien und lauschte den Getrieben, deren Rotieren im gesamten Gebäude zu hören war. Sie wollte noch nicht gehen, doch der Diener starrte sie an, und sie wusste, dass sie nicht länger willkommen war. Mit einem enttäuschten Seufzen verließ sie das Gebäude und sagte sich, dass sie im Oktober wiederkommen würde.
Kapitel 6
M anchmal braucht ein Brief mehrere Tage, bis er sein Ziel erreicht. Erst muss er geschrieben werden, dann unterschrieben und versiegelt und anschließend einem Diener ausgehändigt, der ihn zur Post bringt. Dort wird er sortiert und einem Postbeamten übergeben, der ihn das nächste Mal, wenn er die entsprechende Route hat, ausliefert. Und wenn der Brief, auf den man wartet, an den Zwillingsbruder adressiert ist, der sich einen Spaß daraus macht, ihn einem so lange wie möglich vorzuenthalten, kann es noch länger dauern.
Ab dem fünften Tag nach dem Bewerbungsgespräch ging Violet jeden Morgen vor dem Frühstück an Ashtons Zimmer vorbei und klopfte leise an die Tür. Wenn er darauf nicht antwortete, klopfte sie lauter, und wenn auch das keine Reaktion zeigte, stürzte sie in sein Zimmer. Dann fragte sie ihn schüchtern, mit nur schlecht unterdrückter Angst, ob er vielleicht einen Brief von Illyria bekommen hatte? Am neunten Tag nach dem Gespräch begann er, seine Tür abzuschließen. Am fünfzehnten Tag hatte Violet ein Werkzeug entwickelt, mit dem sie die Tür auch ohne den Schlüssel öffnen konnte. Und am achtzehnten Tag, als er die Zusage erhielt, sie unter Wasserdampf öffnete, las und wieder versiegelte, beschloss er, ihr den Brief aus Rache noch eine Weile vorzuenthalten. Ashton war kein grausamer Mensch. Erst nachdem er sich versichert hatte, dass seine Schwester angenommen worden war, kam er mit sich überein, den Brief zunächst einmal vor ihr geheim zu halten. Ihr von einer Absage nichts zu sagen, wäre gemein und würde keinen Spaß machen, sagte er sich, doch sie nicht unverzüglich über ihren Erfolg zu unterrichten, hielt er für einen gelungenen Streich.
Jack bekam seine Zusage am neunzehnten Tag nach den Bewerbungsgesprächen und stattete den Adams einen Besuch ab, um es ihnen zu erzählen und darauf anzustoßen. Da wurde Violet zum ersten Mal misstrauisch. Ashton sah ihren Argwohn natürlich sofort. Die Art, wie sie ihn mit zusammengekniffenen Augen ansah, als Jack ihnen den Brief von Illyria zeigte, die Art, wie ihre Freundlichkeit zuckersüß und unaufrichtig wurde, statt bettelnd.
»Komisch«, sagte Violet zu Jack und sah dabei Ashton an, »dass dein Brief schon angekommen ist. Ich nehme an, dass sie mich nicht genommen haben, da ich noch nichts gehört habe.«
»Das glaube ich nicht«, sagte Jack, der durstig trank. »Wenn ich es geschafft habe, hast du es auch geschafft. Du hast bei diesem Bunburry einen Eindruck hinterlassen, während ich geschworen hätte, dass er bei meinem
Weitere Kostenlose Bücher