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Erfolg

Erfolg

Titel: Erfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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sonst, den krummen Mund noch mehr verpreßt. Am Radio mitanhört er, erlebt es mit, wie der Nebenbuhler, der verachtete Nichtskönner, den Pol erreicht, ihn umkreist, angestaunt, der Liebling der Welt. Er selber hat endlose Jahre härtester Mühe darangesetzt, endlose Nächte der Todesgefahr. Jetzt sind seine Taten wertlos, weggewischt sein Ruhm. Leicht, nach kurzer Vorbereitung, mit dem Lächeln eines Artisten und einer Verbeugung, vollbringt der andre das, worum er ein Leben lang kämpfte.
    Oh, ihm wenn das Schiff gehörte. Mit welcher Sorgfalt hätte er, mit wieviel Scharfsinn und Methode die Expedition ausgerüstet. Der andere, der Konkurrent, ist fahrlässig, auch als Pilot. Er hat das gesehen, er weiß es mit dem guten, scharfen Wissen des Hasses. Leichtfertig war sein Abflug, verbrecherisch leichtfertig ist es, über jenem Eise zu sein ohne genaue Kenntnis jenes Eises. Aber er hat Glück, der andere. Er hat sein Gesicht, das der Welt gefällt, das herrliche Schiff, die herrlichen Maschinen, die herrlichen Apparate. Er hat die Eignung: der andere hat das Schiff, der andere hat das Glück.
    An der Empfangsstation sitzt er, hört gut zu. Er ist Manns genug, das Glück des Verachteten bis ins letzte mitanzuhören.Der Funker des andern berichtet von dem Rückflug. Glatt geht alles, natürlich. Allen an Bord ist wohl. Nebel ist da, nun ja. Mehr Nebel, reichlich viel Nebel. Ein bißchen übertreibt er wohl auch, der Funker des andern. Gegenwind, schlechte Sicht. Ganz von selber, mein Junge, geht’s auch nicht. Aber du hast deinen Leichtsinn, deine fröhliche Blindheit, dein Glück. Du kommst schon heil an Land. Ich hör’s mir mit an, ich warte hier, bis du zurück bist. Er sitzt, er wartet, er will die Bitterkeit ganz auskosten.
    Aber sieh an! Die Schwierigkeiten häufen sich. Das Höhensteuer arbeitet nicht, wie es soll. Das Schiff treibt im Nebel. Der eine Motor setzt aus. Der Funker meldet noch: An Bord alles wohl. Dann meldet er nichts mehr.
    Der Nordländer hockt seit dem frühen Abend in der Empfangsstation. Jetzt geht es gegen Morgen, die Männer der Empfangsstation lösen sich schon das drittemal ab. Er ist ganz steif vom Warten, er spürt keinen Hunger, er hockt und wartet auf die Meldung: der andere ist zurück und heil.
    Es wird Mittag. Keine Nachricht. Vielleicht treibt er im Nebel, vielleicht hat er notgelandet, vielleicht hat sein Radioapparat versagt. Wie immer, heute scheint der andere nicht zurückzukommen. Der Nordländer steht auf, krumm und steif vom langen Hocken, geht nach Hause.
    Die Luft bleibt auch den andern Tag über stumm. Fünfundsiebzig Stunden Betriebsstoff hat der Südländer. Fünfzig Stunden sind vorbei, sechzig, die fünfundsiebzigste. Das Schiff ist überfällig.
    Tage vergehen, Nächte vergehen. Der Südländer bleibt verschollen. Jetzt ist unter den Lebenden der Nordländer der einzige, der eine Expedition mit dem Luftschiff übers Eismeer geführt hat.
    Tage vergehen, Nächte vergehen. Da, aus der Luft, eine Botschaft des Südländers. Sein Schiff ist explodiert, er selber, mit einigen seiner Mannschaft, treibt auf einer Eisscholle, hundertachtzig Kilometer entfernt vom Kap Nord.
    Die ganze Welt packt ein Fieber: ist es möglich, den Mannzu retten? Wie lang kann er sich halten? Bricht das Eis? Hat er Nahrung? Treibt er ab? Schiffe werden ausgesandt, Flieger.
    Des Nordländers Land schaut auf ihn, die Welt schaut auf ihn. Die Regierung seines Landes fordert ihn auf, dem Schiffbrüchigen zu helfen. Wer, wenn nicht er, soll die Verlorenen retten?
    Er ist gewohnt an minutiöse Vorbereitungen, gewohnt, erst nach langen Berechnungen den glücklichen Augenblick abzupassen. Was er bis jetzt erreicht hat, verdankt er seiner Umsicht, nicht dem Glück. Jetzt soll er starten von heut auf morgen, mit einem rasch beigeschafften, für seine Zwecke notdürftig ummontierten Flugzeug. Allein er ist der Erste, sein Ruhm verpflichtet. Auch wird es ein grimmiger Triumph sein, den Gescheiterten, der sich ebenbürtig, der sich überlegen wähnte, in sein Flugzeug zu retten. Er erklärt sich bereit. Die Photographen nehmen ihn auf, wie er ins Flugzeug steigt, den Mund krumm, die Augen hart wie immer.
    Es ist die letzte Aufnahme von ihm. Er rettet den andern nicht in sein Flugzeug. Er kehrt nicht zurück.
    Wer zurückkehrt, ist der andere.
    Der hat harte Tage gesehen. War auf seiner treibenden Eisscholle gesessen, das Bein gebrochen, einen wahrscheinlichen Tod in der Nähe, umgeben von Gefährten,

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