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Erfrorene Rosen

Erfrorene Rosen

Titel: Erfrorene Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Kilpi
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Olli Repo«, sagt Olli, geht zu ihr hin und reicht ihr die Hand. »Der Praktikant.«
    Die Frau schüttelt ihm verwundert die Hand. »Ein Praktikant …«, wiederholt sie langsam. »Woher kommen Sie denn?«
    »Von der Polizeischule«, antwortet Olli überrascht. Schließlich ist er nicht der erste Praktikant in diesem Haus.
    »Ach so«, sagt die Frau eine Spur freundlicher. »Ich bin Leena Koivisto, Gruppenleiterin im Gewaltdezernat. Und was willst du nun hier?«
    »Ich wollte nur fragen, ob ich mit dem Kripoblock jetzt schon anfangen könnte.«
    »Hier?«
    »Ja.«
    »Wieso?«
    »Also … Ich hätte erst … oder eigentlich schon in einer Woche anfangen sollen, aber ich würde gern schon heute beginnen.«
    »In einer Woche? Wieso wissen wir nichts davon?«
    »Ich hab’s auch gerade erst erfahren.«
    Leena sieht Olli unschlüssig an. Sie findet es sehr merkwürdig, dass er sich so nach Arbeit drängt.
    »Na ja, einrichten lässt sich das schon«, sagt sie schließlich. »Unsere Zeitpläne sind ziemlich flexibel. Lass mich mal nachsehen, bei wem du anfangen kannst.« Sie beugt sich über den Dienstplan. »Jari hat gerade Dienst, geh zu ihm. Der letzte Tisch da hinten.«
    Olli bedankt sich und macht sich auf den Weg. Er ist froh, dass es ihm gelungen ist, diesen Teil seines Praktikums vorzuverschieben. Je schneller er ihn hinter sich bringt, desto früher kann er zum Streifendienst zurückkehren.
    Der letzte Tisch ist überladen mit Papieren, Kartons, leeren Schnapsflaschen mit aufgeklebten Aktennummern und Videos. An der Seite lehnt außerdem ein Beil. Der Mann, der dort sitzt und unverwandt auf den Bildschirm seines Computers starrt, muss Jari sein. Olli bleibt hinter ihm stehen und wartet darauf, dass der andere seine Anwesenheit wahrnimmt. Doch das geschieht nicht. Erst als er sich räuspert, dreht der Mann sich zu ihm um und runzelt die Stirn.
    Olli stellt sich vor, streckt die Hand aus und erklärt sein Anliegen. Jari sieht ihn verdattert an. Dass ihm unverhofft ein Praktikant zugeschoben wird, passt nicht recht in seinen Zeitplan. Eigentlich passt es ihm überhaupt nicht, aber er muss es wohl hinnehmen. Wie so vieles.
    »Jari Ilomäki«, sagt er tonlos und schüttelt Olli die Hand.
    Ilomäki ist kaum älter als Olli, vielleicht sogar ein wenig jünger. Er ist kräftig gebaut und wirkt soldatisch, nicht zuletzt wegen der kurzen GI-Frisur. Ilomäki scheint ständig auf Hochtouren zu laufen, als müsse er überschüssige Energie ablassen und als sei das, womit er sich jeweils beschäftigt, mindestens eine mittelgroße taktische Aktion, bei der jeder einzelne Schritt so ablaufen muss, wie er es vorgesehen hat. Eben deshalb arbeitet er als Ermittler und liebt seine Arbeit: weil er dabei kalkulieren, taktieren und intrigieren kann. Seiner Ansicht nach ist eine Kriminalermittlung im optimalen Fall so, als hätte man in einem brennenden Haus den schärfsten Sex seines Lebens. Feurige Brocken fallen einem auf den nackten Rücken, das Feuer tobt immer wilder und die Luft ist fast schon zu heiß und raucherfüllt zum Atmen, aber man kann nicht aufhören, weil es einfach zu schön ist.
    Sein Problem ist nur, dass sein Haus viel zu selten brennt. Aber er weiß, dass seine Chance kommt – er kann förmlich ihre Schritte hören, so nah ist sie schon. Er ist fest entschlossen, gerade als Kriminalist etwas aus sich zu machen. Etwas zu vollbringen, worüber alle reden. Ruhm zu ernten. Er blickt optimistisch in seine Zukunft. Wie sein Schreibtisch verrät, hat er immer mehrere Eisen auf einmal im Feuer. Wenn er sich immer nur auf eine Sache konzentrieren würde, brächte er womöglich nichts zustande.
    Für Kriminalermittlungen hat Olli sich nie besonders interessiert. Er möchte im Streifendienst arbeiten, das erscheint ihm irgendwie wichtiger. Und daran wird sich nichts ändern, ganz gleich, wie leidenschaftlich Ilomäki ihm seine brennenden Häuser präsentiert. Olli versteht nicht ganz, worauf sich diese Leidenschaft gründet. Auf ihn machen Ilomäkis Erklärungen jedenfalls keinen überwältigenden Eindruck.
    Plötzlich entdeckt Olli auf Ilomäkis Schreibtisch etwas Überraschendes und zugleich Bekanntes: sich selbst. Er sieht ein Foto, auf dem er während des Bombenalarms mit Tossavainen vor dem Kaufhaus steht. Olli lächelt. Da steht er wahrhaftig als Polizist unter lauter Zivilisten. Eigentlich seltsam, dass ihm der Anblick immer noch fremd erscheint.
    »Was hast du da?«, fragt Ilomäki.
    »Nichts Besonderes … Die sind

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