Erfrorene Rosen
mehr, alles Mögliche, wovon Ilomäki nichts wusste. Zum Beispiel, dass sich auf den Aufnahmen der Überwachungskameras noch mehr findet als nur ein Bild des Verdächtigen.«
Kylmänen mustert Olli, beobachtet seine Reaktion.
Die ist tatsächlich sehenswert. Bei Olli scheint der Faden gerissen zu sein. Er schaut zu Tossavainen hinüber, der mit einem kleinen, fast unmerklichen Lächeln die Tasse hebt und ihm zuzwinkert, bevor er seinen Kaffee austrinkt.
»Auch wenn die Bildqualität nicht optimal ist, haben wir immerhin ein Foto des mutmaßlichen Täters. Allein das ist Gold wert«, fügt Kylmänen hinzu.
Olli begreift, dass er gerade ein Lob erhalten hat, und ist beinahe verlegen. Sein Blick fällt auf das Papier, das er immer noch in der Hand hält.
»Was sind das für Nummern?«, fragt er. »Ist der Pieper von diesen Anschlüssen angerufen worden?«
»Ja«, nickt Kylmänen. »Der Anruf kam aus der Nähe des Hauses. Der nächste Sendemast hat vier Telefonate registriert. Von den beiden ersten Anschlüssen auf der Liste wurde kurz nach der Explosion telefoniert. Vom dritten vorher, aber das war ein Anruf bei einem Sextelefon. Der Anruf beim Pieper kam von der vierten Nummer.«
»In der Nähe«, wiederholt Olli nachdenklich. »Er war also am Tatort.«
»Ja«, bestätigt Kylmänen. »Wir haben sogar einen Zeugen, der den Kerl wahrscheinlich gesehen hat. Oder besser gesagt, er ist mit ihm zusammengestoßen. Ein Zeitungsausträger.«
»Wieso zusammengestoßen?«, fragt Tossavainen und stellt die leere Tasse auf Kylmänens Schreibtisch ab.
»Der Zeitungsbote strampelte gerade auf das Haus zu, als ihm jemand ins Rad lief. Beide kamen zu Fall, der Jemand hat sich aufgerappelt und ist weitergerannt. Ohne ein Wort zu sagen. Unser Zeuge war gerade dabei, wieder auf sein Fahrrad zu steigen, da krachte es auch schon.«
»Ist ihm was passiert?«, fragt Olli.
»Nein. Er hat bloß einen höllischen Schreck gekriegt. Wenn er nicht gestürzt wäre, hätte es bös ausgehen können.«
Kylmänen macht mit seinem Stuhl eine Viertelumdrehung und konzentriert sich auf das Bild an seiner Wand. Olli kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dieses Gemälde dem Kommissar hilft, seine Gedanken zu ordnen.
Nach einem kurzen Blickwechsel mit Tossavainen räuspert sich Olli. »Kann sein, dass er den Zeitungsboten absichtlich umgeworfen hat«, sagt er vorsichtig.
Tossavainen sieht ihn ungläubig an. »Warum denn das?«
»Vielleicht will er nicht, dass jemand zu Schaden kommt«, meint Olli.
»Ein humaner Terrorist?«, schnaubt Kylmänen, ohne den Blick von seinem Gemälde zu lösen.
»Kann schon sein«, nickt Olli. »Im Kaufhaus hat er ja auch den verirrten kleinen Jungen zur Kasse gebracht, obwohl er wusste, dass jeden Moment die Polizei anrücken würde.«
»Na, dann erklär mir bitte mal, wieso er keinen zu Schaden bringen will, wenn er sich ansonsten aufführt wie ein richtiger Terrorist«, fordert Tossavainen.
Olli hat nicht die geringste Ahnung. Er senkt den Kopf und überlegt fieberhaft, wie er seine Theorie begründen könnte.
Da mischt sich Kylmänen ein. »Unser Täter hat eine bestimmte Vorgehensweise«, sagt er bedächtig. Er kann also auch langsam sprechen. »Opfer sind dabei nicht vorgesehen. Wisst ihr was? Es kann gut sein, dass es nicht bei diesem einen Anschlag bleibt.«
»Warum macht er das?«, fragt Tossavainen.
»Weil er etwas zu sagen hat«, erwidert Kylmänen. »Wer einen klar umrissenen Aktionsplan hat, der hat auch ein klares Ziel, eine Botschaft. Und dabei handelt es sich gewiss nicht um eine nette, kleine Anekdote, die er uns erzählen will.«
»Was will er uns bloß sagen?«, überlegt Tossavainen, wohl wissend, dass keiner von ihnen eine Ahnung hat.
»Eine gute und berechtigte Frage«, entgegnet Kylmänen. »Aber im Moment ist natürlich noch alles offen. Es kann gut sein, dass der Typ auf diesen Bildern überhaupt nichts mit dem Fall zu tun hat. Oder dass er zwar hinter der Bombendrohung steckt, aber nicht hinter dem Sprengstoffanschlag. Wir wissen vorläufig nicht, ob die beiden Fälle wirklich zusammengehören und ob sie etwas mit diesen früheren Sachbeschädigungen zu tun haben. Bisher ist diese Verbindung reine Theorie. Aber diese Hypothese ist zurzeit unser einziger Ausgangspunkt und zugleich unser Hauptermittlungsstrang.«
Kylmänen schaut auf die vor ihm liegenden Bilder. Doch so genau er sie auch betrachtet, sie erzählen ihm nichts Näheres.
»Wenn wir mit unserer Vermutung
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