Erfuellt
drosch damit so lange auf den Küchentresen ein, bis er aussah wie ein Scheiterhaufen.
»Großer Gott«, drang Rushs Stimme in mein Hirn, aber ich nahm sie gar nicht richtig zur Kenntnis. Diese Leute hatten hier nichts verloren.
»Kumpel, kannst du ihn irgendwie bremsen? Der dreht ja völlig am Rad!«, stöhnte Thad.
Arme schlangen sich von hinten um mich. Ich versuchte, mich freizuboxen, doch dadurch verstärkte sich der Klammergriff nur.
»So, jetzt komm mal schön runter. Atme tief durch. Na los. Sie ist nicht tot. Bloß abgehauen. Sie ist irgendwo da draußen, und das muss nicht das Ende sein. Ganz ruhig, Woods … Ganz ruhig«, sagte Rush streng, ohne mich loszulassen.
Ich holte ein paarmal tief Luft. Er hatte recht. Sie war am Leben. Nur dass sie dummerweise abgehauen war. Verschwunden.
»Sie hat mich verlassen«, sagte ich mit brüchiger Stimme.
»Ja, hat sie. Das heißt aber wirklich noch lange nicht, dass du deine komplette Bude demolieren musst. Das bringt sie nämlich auch nicht zurück. Du verlierst gerade total die Kontrolle. Reiß dich zusammen. Ich weiß, wie sich das anfühlt, mir ist so was auch schon passiert. Aber wenn du hier komplett ausrastest, bringt dich das kein Stück weiter.«
Ja, Rush kannte die Situation wirklich. Blaire hatte ihn auch mal verlassen. Aber er hatte sie auch betrogen, also hatte sie einen guten Grund dafür gehabt. Ich hingegen hatte Della nicht wehgetan. Ich hatte sie einfach nur geliebt – vielleicht zu sehr.
»Ich habe sie nicht leben lassen«, sagte ich und sah Jace und Thad in die Augen, die in einigem Sicherheitsabstand zu mir dastanden.
»Sie braucht ein bisschen Luft. Lass sie ihr«, sagte Rush.
»Wie soll das gehen? Jetzt, wo sie weg ist? Wie?«
Rush stieß einen Seufzer aus und lockerte langsam seinen Griff.
»Ganz einfach: Du wachst morgens auf und gehst dann in die Arbeit. Du zwingst dich zum Lächeln, wenn du denkst, dass es nötig ist. In deiner Freizeit denkst du an sie. Daran, was du zu ihr sagen wirst, wenn du sie wiedersiehst. Dann gehst du ins Bett und hoffst, dass du einigermaßen schlafen kannst. Na, und dann wachst du wieder auf. Und derselbe Mist beginnt von vorn.«
Ich lehnte mich an die Wand und ließ den Kopf hängen.
»Und was ist, wenn sie nie zurückkommt?«
Erst einmal sagte Rush gar nichts. Schweigend standen wir in der Trümmerlandschaft, die mal meine Küche gewesen war.
»Dann musst du es trotzdem irgendwie schaffen weiterzuleben«, sagte Rush schließlich leise. Genau davor hatte ich am meisten Angst.
»Sie war mein Joker«, sagte ich leise und starrte hinab auf den kaputten Barhocker.
»Dein was?«, fragte Jace.
»Na, mein Joker eben. Verstehst du? Du kannst nicht weiterspielen, wenn du alles auf eine Karte gesetzt hast und dann verlierst. Ich bin raus aus der Nummer.«
»Nein, das bist du nicht! Dieses Blatt ist noch nicht gespielt«, sagte Rush leise.
Oh, ich hoffte so sehr, dass er recht hatte.
Zwei Wochen später …
W o sind wir jetzt?«, fragte ich, als ich – diesmal ohne Tripps Hilfe – von seinem Motorrad kletterte.
»Was hast du denn die ganze Zeit auf dem Rücksitz gemacht? Gepennt? Wir sind schon an diversen Schildern vorbeigefahren, die unsere Ankunft in der Heimat des Kings ankündigen«, sagte Tripp feierlich, schnappte sich unsere Taschen und steuerte beschwingt auf das Hotel zu.
»Der King?«, fragte ich, während ich ihm nacheilte.
»Ja, du weißt schon … Hunka hunka burning love und so!«, trällerte Tripp.
»Elvis? Soll das etwa heißen, dass wir in Memphis sind?«
»Volltreffer«, sagte er, drückte die Tür auf und ließ mich an sich vorbei ins Hotel treten. In der ersten Nacht hatte ich es noch mit einem Einzelzimmer versucht, aber die nächtlichen Panikattacken hatten sich derart schnell eingestellt und waren so heftig gewesen, dass ich das rasch wieder aufgegeben hatte. Seitdem teilten wir uns Zweibettzimmer, und Tripp war für mich da, wenn es wieder losging. Meistens schliefen wir dann nebeneinander ein.
»Ein Zimmer mit zwei Betten, bitte«, sagte Tripp zu der Empfangsdame, die erst verstohlen zu mir hinüberlinste und ihm dann ein schelmisches Grinsen zuwarf. Davon bekam er grundsätzlich eine ganze Menge ab. Sobald die Frauen merkten, dass wir kein Paar waren, warfen sie sich ihm sofort an den Hals. Meistens ging er nicht darauf ein, aber manchmal gelang es ihm nicht, eine Verehrerin zu ignorieren. Dann flirtete er schon mal mit ihr und ließ sich auch ihre Nummer geben,
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