Erfuellt
Bestimmte Dinge musste ich schon selbst auf die Reihe kriegen. Früher hatte Woods mir geholfen, und ich hatte jemanden gebraucht, an dem ich mich festhalten konnte. Das war jetzt vorbei.
Tripp und ich hatten unsere Ersparnisse zusammengeschmissen und würden eine gute Weile davon leben können. Aber für immer würde es natürlich nicht reichen. Es war höchste Zeit, dass er nach South Carolina zurückkehrte und ich mich um mein eigenes Leben kümmerte.
Ich stand auf, streifte mir die Kleidung vom Körper und stellte die Dusche an. Ich würde mir die Tränen abwaschen und mir einen weiteren Zusammenbruch dieser Art nicht mehr gestatten. Irgendwo in mir steckte der nötige Mut, da war ich sicher. Ich musste ihn nur finden.
I ch saß auf dem Balkon, in der einen Hand eine Flasche Bier, in der anderen mein Handy. Jeden Abend pünktlich um 21 Uhr rief Tripp an. Nur so konnte ich mich vor dem Durchdrehen bewahren. Zu hören, wie es ihr ging, was sie machte und sogar was für Klamotten sie trug, war das Einzige, was half.
Im selben Moment, in dem Tripps Name auf meinem Display erschien, hob ich auch schon ab.
»Hey, wie geht es ihr?« Ich sparte mir jeden unnötigen Small Talk. Als Tripp zum ersten Mal angerufen und versprochen hatte, mich über ihre Reise auf dem Laufenden zu halten, hatte ich mir vorgenommen, die beiden weder zu suchen noch ihm sämtliche Knochen zu brechen. Tripp hatte mir erklärt, dass sie einfach Zeit brauchte, alles zu verarbeiten – und dass ich ihr die zugestehen müsse. Ich gab mir ja alle Mühe, das zu akzeptieren, aber ich wollte so gern zu ihr. Jedes Mal, wenn er mir sagte, in welcher Stadt sie gerade Station machten, musste ich mich mit aller Gewalt davon abhalten, den nächsten Flieger dorthin zu buchen.
»Heute war sie ziemlich in sich gekehrt. Hat kaum ein Wort gesagt und konnte es kaum erwarten, dass ich verschwinde. Sie scheint deprimiert zu sein, aber das ist wahrscheinlich einfach eine weitere Phase, die sie durchläuft.«
»Und wo steckt ihr jetzt?«
»In Memphis.«
»Wow. Habt ihr schon ein Hotel?«
»Jepp, sie ist im Zimmer. Ich lasse es heute mal wieder ein bisschen krachen, und sie hat ihre Ruhe.«
Ihre Ruhe?? Allein, in einer fremden Stadt?!
»Was zum Teufel denkst du dir denn bloß dabei? Du kannst sie doch nicht einfach allein lassen! Wenn sie so still war, kann es sein, dass sie sich wieder total in sich selbst zurückzieht und Panik bekommt. Da kannst du sie doch nicht sich selbst überlassen! Sie braucht dann jemanden, der sie zurückholt, weißt du? Sie kann nicht –«
»Woods, komm runter, ja? Ganz ruhig.« Tripps Stimme klang ziemlich herrisch.
»Du darfst sie nicht im Stich lassen«, wiederholte ich schwach. In meinem Hals saß ein dicker Kloß. Die Vorstellung, wie Della allein in irgendeinem Hotelzimmer hockte, machte mich fix und fertig.
»Sie braucht das jetzt aber. Sie muss einfach mal die Möglichkeit haben, sich auszuheulen. Und sie muss sich darüber klar werden, ob das, was sie sich da vorgenommen hat, überhaupt möglich ist. Sie hat dich nur dir zuliebe verlassen, Woods. Sie wollte das gar nicht, das habe ich dir ja schon mal erklärt. Sie möchte, dass du das Leben führen kannst, das sie sich für dich wünscht. Eines, in dem du dich nicht um ihre Probleme kümmern musst. Vertrackt, ich weiß. Na, und jetzt, wo sie diese Entscheidung getroffen hat, muss sie damit klarkommen. Gib ihr Zeit. Sie wird zurückkommen.«
Ich stellte die Bierflasche ab und erhob mich. Ich umklammerte das Geländer, schloss die Augen und kämpfte gegen den Schmerz an, der mich schon wieder zu übermannen drohte. Ich wollte doch nur sie. Della. Egal wie. Ansonsten würde es mir nie wieder gut gehen. Ach, und ich wollte nicht, dass sie allein war … sondern sie in den Arm nehmen.
»Kannst du sie mal für mich drücken? Ganz fest. Lass sie nicht im Stich. Und sorg dafür, dass niemand sie verletzt. Bitte.«
»Ich werde alles machen, was sie zulässt. Aber sie will meine Umarmung nicht, Woods.«
»Oh, verdammt!«, stöhnte ich, als der Schmerz übermächtig wurde.
»Gib ihr einfach noch etwas Zeit«, sagte Tripp.
Erneut holte ich tief Luft. Einmal. Noch einmal. Er musste zu ihr zurück. Wenn sie in diesem Zustand war, war das sehr wichtig.
»Wenn wir aufgelegt haben, gehst du zu ihr, ja?«
Tripp seufzte. »Na schön. Aber eigentlich hatte ich schon Pläne. Die süße Barkeeperin hat es nämlich auf mich abgesehen.«
»Brauchst du Geld?«, fragte ich ihn,
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