Erfuellt
dich also bitte und hör auf, mit deinen Autoschlüsseln zu rasseln. Du machst mich total nervös. Ich gebe dir schon Bescheid, wenn sie so weit ist. Aber dieses Mal ist es meiner Meinung nach wirklich wichtig, dass sie selbst zurück nach Rosemary kommt. Sie ist fluchtartig verschwunden, da muss sie den Rückweg schon selbst finden. Also immer schön langsam mit den jungen Pferden!«
»Ich muss sie sehen, Braden!«
»Könntest du bitte mal den Rand halten? Ich habe ein paar Infos für Della, mit denen sie erst mal klarkommen muss. Sie denkt ja, dass sie auch irgendwann geisteskrank sein wird, weil schon ihre Mutter und ihre Großmutter es waren. Und weiter glaubt sie, dass du ihretwegen nie Kinder haben kannst, weil sie ja auch irgendwann durchdrehen und dann eine grausige Mom werden könnte. Sie liebt dich mehr als sich selbst. Und deswegen will sie dich vor diesem Schicksal bewahren, das sie für sich selbst erwartet.«
»Na, dann haben wir halt keine Kinder. Mann! Wenn es das ist, was ihr Angst macht, dann lassen wir das. Ich muss ihr sagen, dass ich nur sie will!«
»Ja ja, natürlich willst du nur sie, ich weiß. Und jetzt gib Ruhe, denn es geht noch weiter«, fauchte Braden ins Telefon. Ich umklammerte meine Autoschlüssel und sah durchs Fenster hinaus auf meinen Pick-up, der unten auf dem Parkplatz stand. In fünf Stunden konnte ich bei Della sein, wenn ich wollte.
»Della wurde adoptiert.«
Tausend Gefühle brachen auf einmal über mich herein. Ich wusste nicht, ob ich jubeln, schluchzen oder auf die Knie fallen und tief durchatmen sollte. Verdammt. Das veränderte eine ganze Menge.
»Adoptiert?«, krächzte ich.
»Jepp. Ihre Eltern wollten selbst keine Kinder bekommen, weil sie befürchtet haben, dass der Wahnsinn der Großmutter genetisch vererbbar sein könnte. Also haben sie erst mal einen zweijährigen Jungen adoptiert. Und ein paar Jahre später dann ein kleines Mädchen, dessen Teenie-Mutter total überfordert war. Na, und den Rest der Geschichte kennst du ja.«
Della war adoptiert. Ihre Angst, irgendwann ebenso verrückt zu werden wie ihre Mutter, war demnach völlig unbegründet.
»Weiß sie das schon?«
»Ja, ich habe es ihr heute erzählt. Außerdem habe ich schon ein Treffen mit ihrer leiblichen Mutter vereinbart. Sie ist verheiratet und hat einen zehnjährigen Sohn und eine achtjährige Tochter. Sie leben in Bowling Green, Kentucky. Glenda Morgan – so heißt sie – ist Kindergärtnerin und will Della sehr gern treffen. Scheinbar versucht sie schon, seitdem ihr Sohn auf die Welt gekommen ist, Della zu finden. Da ist ihr nämlich klar geworden, worauf sie verzichtet hat, und jetzt will sie einfach sichergehen, dass bei ihr alles okay ist. Aber die Akte war schon geschlossen worden, und ein Detektiv hätte Geld gekostet, das sie nicht hatte. Ihr Mann hat sich dann aber bereit erklärt, die Kohle, die ihnen die Steuerrückzahlung eingebracht hat, in Nachforschungen zu stecken statt in den jährlichen Familienurlaub. Als also wiederum der Detektiv, den ich eingestellt habe, auf sie gestoßen ist, war sie genauso aufgeregt wie ich.«
Ich hätte ja gern ein wenig Sympathie für diese Glenda aufgebracht, aber es fiel mir verdammt schwer. Hätte sie ihr Kind damals nicht zur Adoption freigegeben, wäre Della diese jahrelange Hölle erspart geblieben. Da war es nicht leicht, ihr zu verzeihen. Was war eigentlich aus dem Kerl geworden, der sie geschwängert hatte? Hatte der sich nie für sein Kind interessiert?
»Und was ist mit dem leiblichen Vater?«
»Glenda hat ihn bereits kontaktiert. Er heißt Nile Andrews, ist Zahnarzt und lebt in Phoenix. Ebenfalls verheiratet, Vater von Drillingen, alles Mädchen. Er will Della auch kennenlernen, und seine Frau unterstützt ihn dabei.«
Eine Kindergärtnerin und ein Zahnarzt also, soso.
»Ich habe ein Foto von Glenda gesehen. Sie ähnelt Della wahnsinnig.«
»Bitte, Braden, lass mich zu euch kommen. Ich will das mit ihr durchstehen. Sie braucht mich doch.«
»Nein, Woods. Was sie jetzt braucht, ist das Wissen um ihre eigene Kraft. Sie muss merken, dass sie solche Dinge alleine hinkriegt. Diese Adoptionsgeschichte ist schon eine ziemlich große Nummer. Sie hat so lange mit der Angst gelebt, dass sie verrückt werden könnte … Wenn, dann muss sie selbst zu dir zurückkehren. Mit dem Gefühl, stark und dir ebenbürtig zu sein.«
»Ebenbürtig? Was soll das denn heißen? Wir gehören zusammen! Wie könnte sie mir da nicht ebenbürtig
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