Erfuellt
sein?«
»Ja, dir ist das klar und mir natürlich auch. Aber sie muss selbst draufkommen, verstehst du? Sie hat ihr Leben lang nur Mist erlebt. Und dann habe erst ich ihr die Hand gehalten, und kurz darauf hast du das übernommen. Dieses Mal muss sie es allein schaffen.«
»Ich will aber nicht, dass sie in einer solchen Situation völlig auf sich selbst gestellt ist!«
»Schön, Woods. Aber dieses Mal geht es nicht darum, was du willst. Sondern darum, was Della braucht.«
Ich presste die Stirn an die kühle Fensterscheibe und schloss die Augen. Ich wollte nicht, dass Braden recht hatte, und ich wollte nicht noch länger auf Della warten. Aber ich musste mich zusammenreißen. Jetzt ging es tatsächlich nur um Dellas Wohlergehen. Della liebte mich mehr als sich selbst. So sehr, dass sie mich mir zuliebe verlassen hatte. Es war höchste Zeit, dass ich ihr bewies, dass ich genauso fühlte.
»Alles klar. Aber bitte halt mich auf dem Laufenden, ja?«, sagte ich schließlich.
Braden seufzte erleichtert. »Das ist die richtige Entscheidung, Woods. Und nur, damit du das weißt: Ich glaube wirklich, du hast Della verdient. Es ist schon eine ganz schöne Auszeichnung, wenn ich so etwas sage! Du hast versprochen, dass du für Della das Unmögliche möglich machen würdest. Ich glaube, sie ist schon dabei, genau das zu tun.«
S ie hieß Glenda. Als ich auf die Welt gekommen war, hatte ihr Nachname noch James gelautet. Mit 22 Jahren hatte sie einen Mann geheiratet, den sie in ihrem ersten College-Jahr kennengelernt hatte; da war ich gerade sechs. Die beiden hatten sich sofort verliebt und irgendwann Kinder bekommen. Zwei. Und heute würde ich sie und, wenn alles gut ging, auch den Rest ihrer Familie kennenlernen.
Die Situation fühlte sich ziemlich unwirklich an, gleichzeitig konnte ich mich aber auch nicht davor drücken.
Die psychisch kranke Frau, die mich aufgezogen hatte, war nicht meine leibliche Mutter gewesen. Ich würde nicht wie sie enden. Meine echte Mutter war Erzieherin, Mutter und Ehefrau.
Und mein Bruder war ebenfalls adoptiert gewesen. Ich konnte mich gar nicht richtig an ihn erinnern, aber er hatte trotzdem einen so großen Teil meines Lebens ausgemacht. Nachdem meine Mutter ihn und meinen Vater … nein, ihren Ehemann … verloren hatte, war sie vollkommen durchgedreht. Dieser Mann war schließlich ebenfalls nicht mein leiblicher Vater und irgendwie auch nicht wirklich mein Adoptivvater gewesen, ehe er ums Leben gekommen war. Meine Mutter hatte mir so viele Geschichten erzählt, die gar nicht wahr sein konnten . Sie hatte gemeint, dass sie mich gestillt und nach meiner Geburt eine Depression bekommen hätte. Dabei hatte sie mich ja nicht einmal auf die Welt gebracht. Langsam wusste ich überhaupt nicht mehr, was ich glauben sollte.
»Worüber denkst du nach?«, fragte Braden, während wir durch die verkehrsreichen Straßen Atlantas kurvten. Das Treffen würde in einem Café stattfinden, das Braden kannte. Ich war mir nicht sicher gewesen, ob ich mit dieser Frau eine ganze Mahlzeit überstehen würde. Oder was ich sagen oder fragen sollte. Es gab so viel, das ich gleichzeitig wissen und nicht wissen wollte.
»Sie ist übrigens noch völlig ahnungslos. Ich habe sie zwar gefunden, dachte aber, dass es nicht an mir ist, deine Geschichte zu erzählen.«
Ich war mir wirklich nicht sicher, ob ich ihr alles erzählen würde.
»O Gott, was soll ich bloß zu ihr sagen?«
»Na, wenn du dich ansonsten unwohl fühlst, dann hältst du dich heute eben ein bisschen zurück. Vielleicht reicht fürs Erste ja auch ein Hallo . Und wenn ihr euch dann doch noch mehr zu sagen habt, vereinbaren wir ein weiteres Treffen.«
Ach, wenn Braden darüber sprach, klang das alles wie ein Kinderspiel. Aber man durfte nicht vergessen, dass Glenda ihre gesamte Familie ins Auto gepackt hatte und nach Atlanta gebraust war, um mich zu treffen. Da stand ihr von meiner Seite schon ein bisschen mehr zu als ein Hallo und ein Handschlag.
»Und du kommst wirklich nicht mit?«, fragte ich. Braden hatte schon angekündigt, dass sie nicht dabei sein würde. Sie fand, dass ich die Sache allein stemmen und mir damit beweisen sollte, dass ich stark war. Dass ich Mut besaß und niemanden brauchte, der meine Hand hielt. Gerade fühlte es sich aber ganz und gar nicht so an, als würde ich das hinbekommen. Gegen ein bisschen Händchenhalten hätte ich nichts einzuwenden gehabt. Ich hatte eine Heidenangst.
»Oh, Della, tu mir das nicht an. Weißt
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