Erfuellt
Wellen als grausam. Zwei Wochen war es her, seit das Meer mir Jace genommen hatte. Zwei Wochen, seit ich dem Tod ein Schnippchen geschlagen und er sich stattdessen den Mann geholt hatte, den ich liebte.
»Es hätte mich treffen sollen!«, schrie ich dem Meer zu. Es musste doch wissen, dass es einen Fehler gemacht hatte. Dass es das falsche Leben gefordert hatte.
»Damit wäre Jace aber ganz und gar nicht einverstanden gewesen«, sagte jemand hinter mir.
Ich wollte diese Stimme nicht hören. Nicht jetzt. Nicht jetzt, wo Jace fort war. Ich wollte, dass dieser Jemand verschwand.
»Niemand hätte sterben sollen, Bethy. Und Jace hat dafür gesorgt, dass es nicht du warst. Nicht das Wasser hat bestimmt, wer sein Leben lässt, sondern er.«
Am liebsten hätte ich mir wie ein Kind die Ohren zugehalten und ihm zugeschrien, dass er abhauen solle. Ich wollte ihn nicht sehen. Was machte er überhaupt noch hier? Er wusste doch, dass es meine Schuld war. Und dennoch sah er mich nicht so hasserfüllt an wie Woods.
»Lass mich in Ruhe«, sagte ich, ohne ihn anzusehen.
»Nein, dieses Mal werde ich nicht einfach abhauen.« Das wollte ich gerade nicht hören. Vor fünf Jahren wäre ich vielleicht überglücklich gewesen, wenn Tripp Newark gesagt hätte, dass er in Rosemary bleiben würde. Aber jetzt nicht mehr.
Jedes Gefühl, das ich mal für Tripp gehabt hatte, war an dem Tag gestorben, an dem ich aus der Abtreibungsklinik getreten war, in die mich Tante Darla gebracht hatte. Ich hatte nur noch den Schmerz in meiner Brust gespürt – da, wo früher mal mein Herz gewesen war.
»Mach, was du willst, aber halt dich von mir fern«, fauchte ich und sah ihn schließlich doch zornig an. Er war immer noch genauso schön wie damals, als ich ein sechzehnjähriges, naives Mädchen gewesen war. Er hatte mich umgarnt, und ich war darauf hereingefallen.
»Fürs Erste meinetwegen. Aber ich bin jetzt fünf Jahre lang davongelaufen, Bethy.«
Dafür konnte ich nichts, schließlich war er einfach abgehauen – ohne irgendeine Erklärung oder Entschuldigung. Er hatte mich nie zurückgerufen oder auf die SMS geantwortet, die ich ihm geschickt hatte, nachdem sie unser Baby umgebracht hatten. Ich war vollkommen am Boden zerstört gewesen. Und nicht einmal da hatte er sich gemeldet.
»Ich habe ihn geliebt!«, schrie ich und deutete mit dem Finger auf Tripp. »Ich habe Jace geliebt! Es war echt! Verflucht noch mal … wirklich echt. Also verpiss dich! Hau ab! Tanz hier nicht an und sag, dass du zurückkommst. Erzähl mir nicht, dass du es leid bist, davonzulaufen. Es ist mir scheißegal, hörst du? Ich habe ihn mehr als alles auf der Welt geliebt.« Mein wütendes Schreien hatte sich in lautes Schluchzen verwandelt. Es war mir egal. Tripp hatte es so gewollt. Hätte er sich doch bloß von mir ferngehalten.
»Ich habe ihn geliebt«, wiederholte ich ein letztes Mal, ehe ich mich anschickte, davonzugehen.
»Bethy. Ich habe ihn ebenfalls geliebt. Er war wie mein Bruder – war alles, was ich nicht war. Gut. Aufrichtig. Stark. Er hatte dich verdient.«
Ich blieb stehen und ließ den Schmerz zu, der sich in mir ausbreitete. Er ist wirklich weg. Für immer. Wie kann das sein?
»Es tut mir so leid, dass ich dich damals im Stich gelassen habe, Bethy. Ich war jung und dämlich. Meine Eltern hatten Pläne für mich, mit denen ich nicht einverstanden war, und ich hatte höllische Angst davor, irgendwann zu werden wie mein Dad. Also bin ich gerannt wie ein Irrer. Ich wollte es dir ja sagen. Verdammt, ich hätte dich so gern mitgenommen, aber du warst erst sechzehn, noch jünger als ich … Wie hätte ein achtzehnjähriger kleiner Snob bitte für eine Sechzehnjährige sorgen sollen?«
Das war Vergangenheit. Egal, was er sagte, das, was damals geschehen war, ließ sich nicht wiedergutmachen. Und es war vorbei. Ich hatte meinen Schmerz damals tief in mir vergraben und weitergemacht, weil ich das nun mal musste.
»Ich war verliebt in dich, Bethy. Du warst die Erste, die ich je geliebt habe, und ich wollte dir nie wehtun. Als Jace dann clever genug war, sich ebenfalls in dich zu vergucken, wusste ich, dass du in guten Händen bist. Dass er dir alles geben würde, was dir zusteht.«
»Sei still!«, fauchte ich und funkelte ihn wütend an. »Halt einfach die Klappe! Er hatte keine Ahnung. Er hat mich geliebt und mir vertraut und wusste trotzdem von nichts, weil ich es ihm nie erzählt habe! Ich hatte ihn überhaupt nicht verdient, kein bisschen. Nie. Ich bin
Weitere Kostenlose Bücher