Erfuellt
oft, häufiger als gewöhnlich. Manchmal waren es stürmische, gierige Küsse, die dann zu mehr führten – meist aber standen sie einfach für andere Dinge, über die er noch nicht sprechen konnte.
»Ich muss mal wieder einkaufen gehen. So habe ich einfach aus dem, was noch da war, irgendetwas fabriziert«, erklärte ich, während ich das Huhn aus dem Herd nahm. Ich füllte zwei Teller, toastete etwas Brot und strich Butter darauf.
»Limonade?«, fragte ich.
»Haben wir auch süßen Tee?«
Hatten wir. Ich hatte diesen Morgen welchen gemacht.
»Danke, mein Goldstück«, sagte er, als ich das Glas vor ihm abstellte.
»Gern.«
Woods griff nach meiner Hand. »Nein, ich muss das noch mal ganz klar sagen: Ich danke dir dafür, dass du mir gerade genau das gibst, was ich brauche. Und dass du weißt, wann ich reden möchte und wann nicht.« So viel hatte er nicht mehr gesprochen, seit wir vom Strand zurückgekommen waren.
»Ich werde immer genau das sein, was du gerade brauchst«, erwiderte ich schlicht, ehe ich mich setzte.
Einige Minuten kauten wir schweigend vor uns hin.
»Ich muss seine Eltern treffen … Und Tripp. Er hat zwei Mal bei mir angerufen.«
»Okay.«
»Ich fände es schön, wenn du mitkämst.«
»Mache ich.«
Woods starrte hinaus aufs Meer. »Weißt du, wann die Beerdigung stattfindet?«
»Ja. Rush meinte, sie sei morgen um 14 Uhr.«
Sein Kiefer malmte, während er weiter hinausblickte.
»Kommt Bethy auch?«
»Ja. Da bin ich mir ziemlich sicher«, meinte ich.
Woods’ Gesicht sah aus, als würde er mit aller Gewalt seine Zähne zusammenpressen.
Ich nahm seine Hand. »Woods. Sie hat ihn auch geliebt. Auch wenn sie einen Fehler gemacht hat, den sie den Rest ihres Lebens bereuen wird, hat sie ihn geliebt. Das weißt du.«
»Ich kann ihr das nicht verzeihen«, sagte er.
»Das kann ich verstehen. Aber vergiss nicht, dass sie ihm unendlich viel bedeutet hat. So viel, dass er für sie in den Tod gegangen ist. Sie leidet, daran besteht kein Zweifel. Und zwar, weil sie weiß, wie es dazu kommen konnte. Du kannst sie meinetwegen hassen, aber bitte denk an den Schmerz, den auch sie gerade ertragen muss.«
Woods sagte nichts mehr. Er saß einfach nur da, hielt meine Hand und sah nach draußen aufs Wasser.
Auf die Beerdigung kamen sämtliche Bewohner von Rosemary. Ja, es waren mehr Leute da, als ich jemals auf irgendeiner anderen Veranstaltung gesehen hatte. Bethy wirkte vollkommen apathisch, ihr Gesicht war blass und die Wangen eingefallen. Sie stand neben ihrer Tante Darla und einem Mann, der vermutlich ihr Vater war. Jace’ Eltern hatte ich schon ein paarmal im Club gesehen. Die Augen seiner Mutter, die sich am Arm ihres Mannes festhielt, waren rot verquollen. Neben ihnen stand Tripp in einem dunklen, eleganten Anzug. Jetzt, wo seine Tattoos verdeckt waren, wirkte er weniger wie ein Barkeeper, als vielmehr wie ein Absolvent einer Eliteuni – was er ja auch geworden wäre, hätte er sich nicht gegen die Pläne seiner Eltern aufgelehnt.
Woods krallte sich an meiner Hand fest, als wäre es eine Rettungsleine. Er hatte sie nicht losgelassen, seit wir hier angekommen waren. Rush machte es bei Blaire genauso. Den kleinen Nate hatten sie nicht zur Beerdigung mitgenommen.
Auf der anderen Seite von Rush stand Grant mit düsterer Miene, die Hände in den Hosentaschen vergraben. Er bemühte sich ganz offensichtlich verzweifelt, die Tränen zurückzuhalten.
Die anderen waren ebenfalls da – das wusste ich, auch wenn ich sie von hier aus nicht sehen konnte.
Jeder Einzelne hatte Einfluss auf das Leben des anderen.
Jeder hatte seine Geschichte.
Alle hatten sie geliebt – und viele hatten schlimme Verluste erlitten.
Alle hatten gedacht, dass sie gemeinsam erwachsen werden würden. Heiraten und ihren Kindern beim Spielen zusehen würden.
Ja, sie hatten vorgehabt, die neue Generation von Rosemary zu bilden. Und nicht, einen von ihnen zu verlieren. Einen so wichtigen Teil ihrer Gruppe. Nein, mit dieser klaffenden Lücke, die Jace’ Tod hinterlassen hatte, hatten sie sich ihre Zukunft nicht vorgestellt. Bis jetzt hatten sie mit dem Tod nichts zu tun gehabt. Nicht so direkt. So brutal.
Eins stand fest: Ab dem heutigen Tag würde nichts mehr sein wie vorher.
Bethy
M ein Leben lang hatte ich den Klang der Wellen geliebt, ebenso wie die überwältigende Schönheit des Meeres. Ich war immer stolz gewesen, an einem so besonderen Ort zu leben.
Bis zu jener Nacht.
Jetzt empfand ich das Rauschen der
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