Erhört: New Tales of Partholon 4 (German Edition)
wusste, sie sollte den Sturm dafür verfluchen, dass er die Arbeit an der Burg verzögerte, aber sie konnte die Aufregung nicht leugnen, die sich mit jedem Donnerschlag und jedem Blitz mehr in ihr aufbaute. Sie würde zu ihm gehen und musste nur warten, bis der Himmel seine Schleusen öffnete. Es war nicht schwer gewesen, sich etwas Ungestörtheit zu verschaffen, auch wenn sie wegen ihrer Notlüge Brenna gegenüber ein schlechtes Gewissen hatte. Sie hatte ihr erzählt, dass sie Kopfschmerzen habe, woraufhin Brenna ihr einen Tee machte und ihr versicherte, das läge am Wetterumschwung. Der Tee sollte dafür sorgen, dass sie die Nacht tief und ruhig durchschlief. Elphame hatte ihn natürlich nicht angerührt, aber Brenna würde nicht vor dem Morgen nach ihr sehen. Cuchulainns heißer Blick und seine geflüsterten Worte hatten ihr verraten, dass die beiden Liebenden die Nacht über mit anderen Dingen beschäftigt sein würden.
Nur noch sieben Tage, rief sie sich in Erinnerung. Sie würde die Scharade nur noch für sieben Tage aufrechterhalten müssen. Dannkonnte sie ihr Geheimnis im Vertrauen enthüllen, dass ihre Familie es akzeptieren würde, so wie sie ihr Leben lang akzeptiert worden war.
„Findest du nicht auch, dass der Turm ein hervorragender Ort zum Nachdenken ist, Mädchen?“
Dieses Mal erholte sie sich rasch von der Überraschung, die Stimme des alten Geistes zu hören. Sie merkte, dass sie gehofft hatte, er würde sie besuchen kommen.
„Ja, das finde ich auch. Bist du oft hierhergekommen?“
Er nickte und hob eine seiner fast durchsichtigen Augenbrauen.
„Aye, das bin ich. Vor allem, wenn ich ein Problem hatte, das mich nicht losließ.“
„Wolltest du immer der MacCallan sein?“
Beide Augenbrauen hoben sich, während er über die Frage nachdachte. „Aye, das wollte ich.“
„Hast du …“ Sie hielt inne und wandte den Blick von der turbulenten See ab, um ihm in die Augen zu schauen. „Hast du jemals den Wunsch gehabt, wegzulaufen?“
„Ja, Mädchen.“ Sein Lächeln zeigte Verständnis.
„Aber du hast es nicht getan.“
Nun funkelten seine Augen. „Und du wirst es auch nicht tun. Die MacCallan zu sein liegt dir im Blut. Du kannst dein Schicksal nicht verleugnen, genauso wenig wie ich meinem entkommen konnte.“ Er kam zu ihr und legte zärtlich eine kalte Hand auf ihre Schulter. „Es würde dir guttun, dich daran zu erinnern, Mädchen. Das Schicksal kann eine bösartige Geliebte sein. Sie bringt einem sowohl große Traurigkeit als auch große Freude.“
Die kurze Vision, die sie früher am Tag gehabt hatte, tauchte aus ihrer Erinnerung auf. Erneut überlief sie ein Schauer.
„Heute hat Cuchulainn seine Absicht erklärt, Brenna zu umwerben und sie zu heiraten, und sie hat angenommen.“
Der alte Geist nickte gedankenvoll, sagte aber nichts.
Elphame atmete tief ein und versuchte zu entscheiden, ob sie wirklich mehr wissen wollte. Sie war verliebt; Cuchulainn war verliebt. Wäre es nicht einfacher, wenn sie frei von Sorgen auf den Gezeiten ihres gemeinsamen Glücks treiben würden, zumindest noch für ein paar Tage? Sie stieß den Atem wieder aus. Sie kannte die Antwort auf diese Frage bereits – sie hallte durch ihr Blut. Sie konntesich nicht für die Ignoranz entscheiden, auch wenn die sich trügerisch gut anfühlte.
„Ich habe Eponas Segen für die beiden angerufen und dabei eine seltsame Vision gehabt.“
„Seltsam?“
Sie schluckte. „Seltsam im Sinne von verstörend. Ich habe jemanden weinen hören und war von großer Traurigkeit erfüllt. Es war so schnell weg, wie es gekommen war.“
Der Geist nahm seine Hand von Elphames Schulter und richtete den Blick auf das B’an-Meer.
„Hat niemand anders das Zeichen gesehen?“
Betäubt schüttelte Elphame den Kopf. „Niemand schien irgendetwas bemerkt zu haben. Die Menschen um uns haben gejubelt. Cu hat nichts davon gesagt, und Brenna strahlte einfach nur vor Glück.“
Der Geist wandte sich wieder zu ihr um.
„Epona hat das Zeichen alleine mir gesendet.“ Sie sprach ihre geheimsten, entsetzlichsten Gedanken laut aus. „Es ist ein Vorbote für das, was kommt. Die Göttin bereitet mich vor.“
„Das liegt allein in der Verantwortung der MacCallan. Deine Stärke wird benötigt, wenn die Zeit gekommen ist.“ Seine hallende Stimme klang traurig und matt.
„Ich könnte sie aufhalten!“ Ihr war kalt und übel. „Als MacCallan könnte ich ihre Vereinigung verbieten.“
„Aber zu welchem Preis, Mädchen? Du
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