Erhört: New Tales of Partholon 4 (German Edition)
liegen unglaublich weit auseinander – beinahe so, als könnte es fliegen.“
Cuchulainn ließ die Zügel seines Pferdes fallen und überwand mit wenigen Schritten die paar Meter zwischen sich und der Jägerin, bis er so dicht vor ihr stand, dass ihre Körper sich beinahe berührten.
„Du kannst es nicht verloren haben. Es hat Brenna.“
„Das weiß ich“, sagte Brighid. „Ich würde alles geben, wenn es nicht so wäre, aber ich kann kein Wesen verfolgen, das sich durch die Luft bewegt.“
Cuchulainn trat einen Schritt zurück, beinahe so, als hätte sie ihn geschlagen. „Wenn du sie nicht verfolgen kannst, wie sollen wir sie dann finden?“
„Wir bilden eine Kette und suchen sie“, sagte Elphame. Sie zeigte auf die Männer hinter sich. „Geht nach Loth Tor. Startet einen Aufruf im Dorf. Sie sollen Fackeln mitbringen. Geht, Männer, beeilteuch!“, befahl sie ihnen. Sie wandte sich wieder ihrem Bruder und der Jägerin zu. „Verteilt euch hier. Fangt schon mal mit der Suche an. Ich werde zur Burg zurückkehren und den Clan zusammentrommeln. Wir werden in diesem Gebiet ausschwärmen wie die Heuschrecken. Wir werden Brenna finden.“ Sie umarmte Cuchulainn. Dabei spürte sie das Zittern in seinem steifen Körper, als er sich gerade weit genug entspannte, um die Umarmung zu erwidern.
Sie nickte Brighid kurz zu und lief durch den Wald zurück. Anfangs konzentrierte sich Elphame auf ihre Geschwindigkeit und darauf, in dem steinigen, zerklüfteten Terrain nicht zu stolpern. Als sie sich der Burg näherte, durchbrachen ihre Gedanken aber die Wand aus stummem Schock, die sie bis dahin im Zaum gehalten hatte.
Die Spuren waren von einer Kreatur fomorianischer Abstammung. Sie hätte sie auch ohne Brighids vielsagenden Blick erkannt. Es konnte nicht Lochlan sein. Das wollte sie einfach nicht glauben. Das war nicht möglich, oder?
Ihre Muskeln brannten, und ihre Arme pumpten im Gleichtakt mit dem Tumult in ihrem Kopf.
Ihre Gedanken kreisten hektisch, pickten Worte und Bilder heraus und bildeten aus ihnen ein entsetzliches Mosaik der Verdammung. Die Erinnerung an das Sonnenlicht, das auf Lochlans Fangzähnen geglitzert hatte, rief seine Worte in ihr Gedächtnis. Ich habe das Blut einer dämonischen Rasse in mir, und das ist etwas, das niemand von uns jemals vergessen darf. Die kleinen Narben an ihrem Hals schienen zu brennen.
Was, wenn die Aufnahme ihres Blutes ihn in den Wahnsinn getrieben hatte? War er deshalb vor ihr davongelaufen – hatte er sich gezwungen, zu gehen, bevor er die Kontrolle verlor, und bezahlte jetzt Brenna den Preis für ihr Schweigen und für ihre Entscheidung, ihr Vertrauen einem Wesen zu schenken, das zur Hälfte ein Dämon war?
Nein, rief ihr Herz. Er war ihr Lebenspartner; sein Erscheinen war von Cuchulainn selbst angekündigt worden. Er konnte kein krankes Monster sein. Ja, die Spuren waren von einer fomorianischen Kreatur verursacht worden, aber Lochlan hatte ihr erzählt, dass es andere von seiner Rasse gab, die gegen die Verlockung des Wahnsinns in ihrem Blut ankämpften. Es könnte sein, dass einesdieser Wesen ihm gefolgt war und seinem dunklen Trieb schließlich nachgegeben hatte.
Sie musste es erfahren. Sie musste sichergehen, und es gab nur einen Weg.
Elphame blieb am Rand der Baumreihe stehen, die ihre geliebte Burg umgab. In der Deckung der Kiefern wandte sie sich nach Norden – die Richtung, aus der Lochlan Partholon betreten hatte. Sie hob die Hände und sprach in den Wind.
Lochlan! Komm zu mir …
Der Name ihres Geliebten glitzerte wie magischer Dunst vor ihren Augen, dann wirbelte der Wind ihn durcheinander, hob ihn hoch und trug ihn in den lauschenden Wald hinein.
Einen Moment senkte sie den Kopf und fühlte das Gewicht ihrer Entscheidung schwer auf ihrer Seele, dann trat sie aus dem Schatten der Bäume heraus.
35. KAPITEL
„Bleibt im Umkreis von zehn Schritten beieinander. Bis die anderen zu uns stoßen, können wir es nicht riskieren, uns zu weit zu verteilen. Das Ziel ist, Spuren zu finden und festzustellen, wohin die Kreatur gegangen ist, damit wir wissen, in welcher Richtung wir weitersuchen müssen“, erklärte Brighid und sah dabei von Cuchulainn zu der Gruppe von Männern und Zentauren, die sie umringten. „Wir werden gemeinsam in einer Reihe vorgehen. Geht langsam, passt eure Schritte meinen an. Die Spuren sind ungewöhnlich auffällig. Haltet nach krallenförmigen Abdrücken in der Erde Ausschau. Sie sind groß, größer als der Huf eines
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