Erhört: New Tales of Partholon 4 (German Edition)
sich die Seite zu halten. Da wusste er es.
„Elphame!“ Er rief ihren Namen. Es war ihm egal, ob ihn jemand hörte. Etwas Fürchterliches war passiert. Sie war verletzt. Hektisch versuchte er, seiner Panik Herr zu werden und die Kontrolle über seine Gedanken wiederzuerlangen. Wo war sie? Wie konnte er zu ihr kommen?
Dein Herz wird dich führen. Sei still und höre gut zu.
Eine Stimme, die klang wie die seiner Mutter, hallte gemeinsam mit dem Phantomschmerz von Elphames Wunden durch seinen Kopf. Wurde er jetzt doch noch verrückt? Es ist mir egal, dachte er erbittert, solange der Wahnsinn mich zu ihr führt. Im Einklang mit seinen Empfindungen, die ihn schon nach Partholon geleitet hatten, damit er sie hier in den Ruinen der MacCallan-Burg fand, konzentrierte sich Lochlan auf das junge Mädchen, das er aufwachsen und reifen sah. Das junge Mädchen, von dem er glaubte, sie sei sein Schicksal.
Er spürte die Antwort so sicher, wie er ihren Schmerz spürte. Mit geöffneten Schwingen, die ihm ein schnelles Vorwärtsgleiten ermöglichten, der Gang, den er von der Rasse seines Vaters geerbt hatte, bewegte er sich in Richtung Norden vorwärts.
Entferntes Donnergrollen weckte Elphame aus ihrer Ohnmacht. Ihr war übel – fürchterlich übel. Sie versuchte den Kopf zu drehen, damit sie sich nicht selbst bespuckte, doch der Schmerz, der durch ihre rechte Schläfe schoss, ließ sie schluchzend die Luft anhalten. Sie würgte – ein trockenes Zusammenziehen ihres Magens, wobei ihre verletzte Seite wie Feuer brannte.
Langsam öffnete sie die Augen und zuckte unter dem Schmerz in ihrem Kopf zusammen. Ihre Gedanken waren unzusammenhängend, wirr. Was war passiert? Sie zitterte, ihr Körper wurde durchgeschüttelt, und das Feuer in ihrer Seite zerriss sie förmlich. Ihr Gesichtsfeld schrumpfte, und sie kämpfte darum, bei Bewusstseinzu bleiben. Warum war ihr so kalt? Ihre Beine waren eisig, beinahe taub. War sie gelähmt? Sie schaute an sich hinunter. Ungelenk lehnte sie mit dem Rücken an einer mit Moos bewachsenen Böschung. Die untere Hälfte ihres Körpers lag im Wasser – im Wasser des Flusses, an dem sie entlanggelaufen war. Die Erinnerung kehrte zurück. Sie war gelaufen, hatte nicht aufgepasst und war in eine Schlucht gestürzt.
Cuchulainn würde sie umbringen.
Langsam und vorsichtig streckte sie die Arme aus und verzog das Gesicht, als der Schmerz durch ihre Schulter schoss. Sie tastete ihren Körper ab und ihre Beine. Ihre Hände zitterten fürchterlich, aber sie spürte keine gebrochenen Knochen durch die mit nassem Fell bedeckte Haut herausstechen. Elphame zitterte. Ihre Seite brannte immer noch. Ihr blutbeflecktes Oberteil hatte einen Riss. Sie zog ihn weiter auf und wandte schnell den Blick ab. Eine lange hässliche Wunde, aus der Blut quoll, zog sich von ihrer Taille über die Rippen. Bei diesem Anblick wurde ihr wieder übel. Eigentlich war sie bisher nicht sonderlich empfindlich gewesen, was Blut betraf, aber sie hatte auch noch nie so viel ihres eigenen Blutes auf einmal gesehen.
Sie biss die Zähne gegen den Schmerz zusammen und verlagerte ihr Gewicht, um auf die Beine zu kommen, damit sie aufstehen und aus dem Fluss klettern konnte. Die Welt um sie wurde grau, und eine neue Welle der Übelkeit überrollte sie. Schwer atmend ließ sie sich auf die Böschung sinken. Die rechte Seite ihres Kopfes pochte fürchterlich. Mit einer Hand untersuchte sie den Auslöser des Schmerzes und fühlte klebriges Blut. Wieder kämpfte sie dagegen an, sich zu übergeben.
Als sie sich gerade den Mund mit zitternder Hand abwischte, hörte sie es – ein seltsames, gutturales Grunzen. Auf der anderen Seite des Flusses war die Schlucht längst nicht so steil, und die Bäume wuchsen beinahe bis ans Ufer, das von Steinen gesäumt war, auf denen sich ockergelbe Flechten ausbreiteten. Elphame konnte nicht klar sehen, daher blinzelte sie ein paarmal und bemühte sich, im Dunkel des Waldes etwas zu erkennen. Sie sah Schatten, die sich vielleicht bewegten, vielleicht aber auch nicht.
Ein weiterer Donnerschlag ertönte, dieses Mal lauter. Elphame blinzelte in den Himmel hinauf. Es wurde langsam dunkel, aber siewusste nicht, ob es daran lag, dass genügend Zeit vergangen war, sodass die Sonne unterging, oder daran, dass ein Sturm aufzog.
Es raschelte im Unterholz, als eine massige Gestalt sich schnell hindurchbewegte. War sie schon so lange fort, dass Cu sich auf die Suche nach ihr begeben hatte? War das da drüben ihr
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