Erhört: New Tales of Partholon 4 (German Edition)
kein sonderlich schöner Anblick, nackt oder nicht. Ich habe seit dem Unfall nicht mehr gebadet.“ Sie zwang sich, den Mund zu schließen, und strich sich mit einer Hand nervös durch ihr langes Haar. Es fühlte sich schrecklich schmutzig und leblos an. Sie trat sogar einen kleinen Schritt zurück, weil sie Angst hatte, sie könnte so schlecht riechen, wie sie sich fühlte.
Lochlan ließ nicht zu, dass sie sich zurückzog. Ohne auf sie zuzukommen, streckte er eine Hand aus und nahm ihr Handgelenk, als sie die Hand erneut an ihren Kopf heben wollte. Die seine fühlte sich warm und stark an. Er zog Elphame sanft zu sich heran, und sie trat einen Schritt näher.
„Wie kann ich dir begreiflich machen, was ich sehe, wenn ich dich anschaue?“, fragte er. „Meine Mutter hat mich nach ihren Vorstellungen erzogen. Sie hat mir die Sitten und Gepflogenheiten ihres Volkes beigebracht, des Volkes von Partholon. Und sie hat mir die Liebe zu ihrer Göttin weitergegeben, Epona. Ich kann nicht sagen, wie oft ich sie um Eponas Schutz und Hilfe habe bitten hören – und wie oft sie um ihren Segen für mich und die anderen, die wie ich sind, gebetet hat. Ihr ganzes Leben lang hatte sie eine starke Verbindung zu ihrer Göttin.“ Er hielt inne; bei der Erinnerung drohte sich ihm die Kehle zuzuschnüren. „Meine Mutter war eine Frau mit starkem Glauben. Sie starb in der Überzeugung, dass ihre Gebeteerhört wurden.“ Lochlan zog Elphame noch ein wenig nachdrücklicher zu sich. „Du siehst also, du bist aus den Gebeten meiner Mutter in mein Herz getreten. Wenn ich dich anschaue, sehe ich die Liebe meiner Vergangenheit, vereint mit der Erfüllung meiner tiefsten Sehnsüchte.“
Vorsichtig, als hätte er Angst, sie könnte vor ihm zurückschrecken, berührte er eine ihrer Wangen mit den Fingerspitzen. Langsam strich er die geschwungene Linie ihres Kiefers entlang und ließ seine Hand über ihren Hals gleiten, bis sie leicht auf ihrer verletzten Schulter ruhte.
„Verursacht sie dir immer noch Schmerzen?“
„Sie?“ Elphame stand so dicht bei ihm, dass sie die Hitze seines Körpers fühlte.
„Deine Schulter.“ Seine Berührung hatte sie erschüttert, das erkannte Lochlan – ihre Lippen waren leicht geöffnet, ihr Blick wirkte benommen. Der Gedanke, dass seine Berührung eine so offensichtliche Wirkung auf sie hatte, zauberte ihm ein Lächeln ins Gesicht – ein Lächeln, das seine sehr weißen, sehr spitzen Schneidezähne enthüllte. Sie wandte schnell den Blick ab, aber Lochlan legte einen Finger unter ihr Kinn und drehte ihren Kopf so, dass sie ihm in die Augen schauen musste.
„Das sind nur Zähne.“
„Hör auf, meine Gedanken zu lesen!“ Sie verbarg ihr Unbehagen hinter Verärgerung.
„Ich habe dir bereits gesagt, dass ich das nicht tue.“
„Dann hör auf, in meinem Gesicht zu lesen.“
„Ich kann nicht anders. Es ist ein wunderschönes, ausdrucksstarkes Gesicht.“
Als er jetzt wieder lächelte, schaute sie nicht weg.
Seine Zähne waren wahrlich anders – scharf und gefährlich. Erinnerungsfetzen aus den Geschichtsbüchern in der Bibliothek ihrer Mutter wirbelten durch Elphames Kopf. Fomorianer waren Dämonen … erfüllt von unkontrollierbarer Blutlust … vor allem während der Paarung … Sie ernährten sich vom Blut anderer lebender Kreaturen … Sie jagten Menschen …
„Kannst du …“, fing sie an und hielt dann inne, um ihre Gedanken zu sortieren und die Frage umzuformulieren. „Ernährst du dich vom Blut anderer?“
Lochlan blinzelte überrascht. „Nein, ich ernähre mich nicht vom Blut anderer. Ich ziehe es vor, dass meine Speisen gekocht sind.“ In seinen Augenwinkeln zeigten sich kleine Falten, aber er lächelte nicht. „Und tot.“
„Warum dann?“ Sie ließ ihren Blick gezielt von seinen Augen zu seinem Mund und wieder zu seinen Augen gleiten.
„Warum meine Zähne so aussehen?“, fragte er.
Sie nickte.
„Das ist Teil meines Erbes, Elphame. Ich bin menschlich genug, mich nicht vom Blut Lebender ernähren zu müssen, um zu überleben, aber auch Fomorianer genug, um die Spuren dieser Blutlust noch in mir zu tragen.“
Sie atmete zitternd ein. „Ich habe gehört, dass die Fomorianer gegenseitig ihr Blut trinken.“
Er seufzte. „Die Bücher lügen nicht. Einen Fomorianer gelüstet es, das Blut seiner Partnerin zu schmecken, so wie es sie gelüstet, seines zu probieren. Der Blutaustausch ist Teil des Bandes, das sie miteinander knüpfen.“ Er lächelte traurig.
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