Erhört: New Tales of Partholon 4 (German Edition)
wiederholte Elphame. Die Worte hatten einen ganz eigenen Zauber.
„Es ist ein Geschenk deines Clans.“ Cu öffnete die Tür.
Das Erste, was ihr an dem Raum auffiel, war seine Helligkeit. Brennende Wandleuchter erhellten die Wände – hohe metallene Kandelaber hielten brennende Kerzen, und an einer Seite knisterte fröhlich ein Feuer in einem großen Kamin. Hohe schmale Fenster zogen sich an zwei der vier Wände entlang und ließen das gedämpfte Licht des späten Nachmittags herein. In dem riesigen Raum stand nur ein schlichter Holztisch mit Stühlen, eine Frisierkommode, über der ein Spiegel mit verschnörkeltem Rahmen an der Wand hing, und eine mit Gold verzierte Chaiselongue neben dem großen Bett, das mit dicken Leinentüchern und Bettdecken bedeckt war, deren eingesticktes Knotenmuster im Licht der Flammen golden glitzerte.
Elphame ging zum Bett hinüber und strich über eine der daunengefüllten Decken.
„Mama.“ Sie lächelte ihren Bruder an. „Die hat Mama geschickt.“
„Ja. Sie sind heute Morgen zusammen mit einigen Fässern ihres hervorragenden Weins und diesen beiden Möbelstücken angekommen.“ Er zeigte auf die vergoldete Chaiselongue und den protzigen Spiegel.
Elphame musste lachen. „Mama hat an die wichtigsten Dinge gedacht.“ Mit einem Mal erinnerte sie sich an ihren Traum und an die Stimme ihrer Mutter, die Epona gefragt hatte: Darf ich ihr wenigstens eine besondere Ladung Wein und Betttücher schicken? Wie sie da oben lebt, ist einfach barbarisch. Es war tatsächlich wahr gewesen! Durch irgendeine Laune der Göttin hatte sie deren Unterhaltung mit ihrer Mutter zuhören können. Ihre Mutter vertraute ihr, und Epona wachte über sie.
Wie konntest du jemals daran zweifeln, Geliebte?
Die Stimme, die ihren Kopf erfüllte, war beinahe so vertraut wie die ihrer Mutter, auch wenn sie sie erst ein Mal gehört hatte. Epona! Sie, Elphame, gehörte zur Göttin – nicht so wie ihre Mutter, aber auf eine andere Weise, die genauso einzigartig war wie ihr Körper. Endlich spürte sie, wie sich in ihrem Inneren etwas löste. Zum ersten Mal konnte sie sich so akzeptieren, wie sie war. Mit zitternder Hand strich sie noch einmal über die Daunendecke und sagte ihrer Göttin einen stummen Dank.
„Ich habe euch doch gesagt, das wird sie sprachlos machen.“ Cu grinste wie ein Lausebengel.
„Natürlich ist sie sprachlos.“ Brenna lächelte unter Tränen. „Kommt, zeigen wir ihr den Rest.“
„Da ist noch mehr?“, fragte Elphame.
Drei Köpfe nickten. Elphame dachte, dass die drei wie freudig erregte Kinder aussahen. Brenna nahm ihre Hand und führte Elphame zu einer kleinen Tür in der Ecke, wo die beiden Außenmauern sich trafen. Dort gelangten sie in einen runden Turm, in dem sich Steinstufen an der dicken Mauer entlangzogen. Elphame legte den Kopf in den Nacken. Sie sah, dass die Stufen an einer Art Empore endeten.
„Erinnerst du dich an den Turm, den ich heute zu Ende gezeichnet habe? Der einzige Turm, der fertiggestellt ist?“, fragte Brenna.
Elphame nickte.
„Das ist dieser hier. Dein Turm ist fertig restauriert.“
„Wir alle wollten, dass der Turm der Clanchefin als Erstes fertig wird“, sagte Cuchulainn.
„Ja, alle fanden, dass sich das richtig anfühlt“, bestätigte Brighid.
„Im Moment ist er noch ziemlich nackt, aber eines Tages wirst du ihn mit deinen Büchern eingerichtet und ihn zu deinem gemacht haben“, ergänzte Cuchulainn.
„Ich …“ Elphame musste sich räuspern, bevor sie weitersprechen konnte. „Ich kann es kaum erwarten, ihn mir anzuschauen.“
Brenna nahm ihr Handgelenk und war mit einem Mal wieder ganz die Heilerin. „Ich denke, das ist im Moment keine gute Idee. Ich weiß, ich habe dir gerade erst meine Gefolgschaft geschworen, aber wenn es um deine Gesundheit geht, habe noch immer ich das Sagen. Und im Moment braucht dein Körper Ruhe und etwas zu essen und nicht die Anstrengung, all die Stufen zu erklimmen.“
Bevor sie widersprechen konnte, schaltete Cu sich ein. „Der Turm steht seit über hundert Jahren, da wird er auch noch eine Nacht länger aushalten.“
„Und ich dachte, dass du ein Bad nehmen willst“, sagte Brenna.
Elphames Augen leuchteten auf. „Wenn ihr einen Badezuber herschaffen könnt, damit ich baden kann, vergesse ich den Turm, versprochen – zumindest bis morgen.“
„Einen Badezuber hierher bringen?“ Brighid lachte, und die anderen fielen mit ein. „Ich denke, für die MacCallan haben wir etwas Besseres.“
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