Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Titel: Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
Vom Netzwerk:
hinaufritt, flüsterte Thjodhild: »Armer, trauriger Mann. Und heute sollte dein großer Tag sein.« Sie wandte sich an Tyrkir. »Wir haben heute Morgen den Damm eingeweiht. Ja, die Mauer scheint dieses Mal wirklich zu halten. Er war so stolz auf sein Werk.«
    »Es tut mir Leid. Wenn ich von der Feier gewusst hätte, wären wir morgen erst in die Bucht eingefahren.«
    »Ich bin so froh, dass ihr da seid.« Sie starrte zum Priester hinüber. »Doch ich muss zugeben, so bescheiden er auch dort steht, Pater Ernestus macht mich etwas ratlos. Seid ihr wirklich zum neuen Glauben übergetreten?«
    »Leif ist in Norwegen getauft worden. Was mich betrifft …«
    »Nein, keine langen Erklärungen jetzt«, unterbrach sie ihn. »Dazu werdet ihr vor Erik noch viel Zeit aufbringen müssen. Sag mir nur eins: War euer Entschluss richtig?«
    »Ja.« Offen blickte er sie an. »Mit Herz und Verstand, ja.«
    »Also gut. Dann werde ich mit dir gemeinsam für den Frieden auf Steilhang ringen. Ich verspreche es dir.«
    »Danke. Ja, gemeinsam schaffen wir es.« Damit ging er gestärkt zu Leif hinüber.
    Zwar weiß ich nicht, wie, dachte Thjodhild bekümmert, doch versuchen müssen wir es. Ach, mein Freund, wie habe ich dich vermisst, so verklebt und grau dein Gesicht noch von der Fahrt ist, deine Augen genügen mir schon.
    Ingolf Arnesson nahm ihr die erste Last von den Schultern. »Ich und meine Solveig denken, dass du mit deiner Familie heute sicher allein bleiben willst. Wir danken für die Einladung und reiten jetzt nach Hause.«
    »Verständnisvolle Nachbarn sind ein Glück. Danke! Unser Festmahl soll aber nur aufgeschoben sein. Entschuldigt mich!« Zu Fuß entfernte sich Thjodhild in Richtung Steilhang und hoffte, bis sie den Hof erreichte, das Neue irgendwie zu begreifen.
    Die Eltern saßen auf und befahlen ihren Kindern durch einen Wink, sofort mitzukommen. Kein Murren, auch die jungen Leute hatten längst eingesehen, dass an Freude und Spaß heute nicht mehr zu denken war. Indes allein Sigrid verabschiedete sich schnell von Thorvald und ließ sich in den Sattel helfen. Ihre Schwester zögerte, mit einem Mal aber entschlossen lief sie zu Leif. »Ich wollte nur sagen, dass ich keinen Mann …« Das Blut stieg ihr in die Wangen. »Ich habe nur auf dich gewartet.«
    »Lass dich ansehen, Ingva. Du bist eine prächtige …« Seine Stimme erstickte jäh, als schnüre ihm eine unsichtbare Macht die Kehle zu, er hustete und endlich gelang es ihm weiterzusprechen. »Besser nicht. Ich meine, es geht mir heute nicht so gut. Ja, sehr freundlich von dir.«
    »Bis bald«, hauchte sie noch und rannte davon.
    Egil führte sein Pferd am Halfter. Kurz blieb er bei Leif stehen. »He, ein gutes Schiff, dein Falke!«, und raunte ihm zu: »Was ist, stehst du noch zu unserm Plan? Ich hab keinem was erzählt. Bis jetzt wartet das Land im Westen nur auf uns.«
    »Lass mich in Ruh!«, murmelte Leif. »Du siehst doch, was hier los ist. Warte ab! Erst muss ich mit meinem Vater ins Reine kommen. Wir fahren. Ich gebe dir Bescheid.«
    »Mehr wollt ich ja nicht wissen.« Mit einem federnden Sprung schwang sich Egil auf den Pferderücken. »Schön, dass du wieder da bist«, und in schnellem Tölt ritt er seiner Familie nach.
    »Schön? Ich könnte heulen vor Freude.« Mit bitterem Lächeln ging Leif zum Falken hinüber.
    Inzwischen waren nach Tyrkirs Anweisung der Rahbaum längs gelegt und darüber das Bordzelt errichtet. Proviant und Wasser wurden an Deck getragen. Pater Ernestus wollte mit zupacken, doch ungewöhnlich streng hinderte ihn Tyrkir daran. »Hüte dich, frommer Mann! Wir sind nicht mehr auf See. Wenn du hier Ansehen und Respekt erwerben möchtest, so überlasse den Knechten die niedrige Arbeit.«
    »Als Diener Gottes ist mir Demut befohlen. In meinem Kloster war es die Regel, jede Arbeit zu verrichten. Auch Jesus Christus war sich nicht zu schade …«
    »Verflucht, hier ist nicht Sachsen. Du befindest dich auf Grönland!« Tyrkir rang die Hände und mäßigte den Ton. »Begreife doch, Pater! Wir haben während der Fahrt immer wieder darüber gesprochen: Den Menschen hier fehlt Christus nicht, sie haben Götter genug und sind mit ihnen zufrieden. Was du vorhast, bringt Unruhe, und auf Grönland kann dich König Olaf nicht beschützen. Ja, mein Ziehsohn und ich werden dir nach Kräften helfen. Nur, bitte füge dich zunächst in die äußere Ordnung ein! Sei also nicht Knecht, sondern Herr, der die Botschaft eines noch größeren Herrn

Weitere Kostenlose Bücher