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Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Titel: Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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Busen. Wie beim Abschied vor einer Fahrt ins Ungewisse legte der Großbauer dem Bräutigam seine Hand auf die Schulter. Weit öffneten die jungen Frauen das Zimmer und schlossen die Tür gleich wieder leise hinter den beiden.
    Sie waren allein. Keiner sagte etwas, und weil Erik nur vor sich hin starrte, fürchtete Thjodhild einen Atemzug lang, dass er ebenso unerfahren sei wie sie selbst. Entschlossen legte sie ihre Kleider ab. »Gefalle ich dir nicht?«
    Der Rote hob ehrfürchtig den Blick. »Ein Geschenk.« Die Stimme gehorchte ihm kaum. »Weiber kenn ich genug. Aber du bist ein Geschenk.«
    So viel Schmeichelei hatte sie nicht erwartet, schlüpfte unters Federbett und blieb dicht an der linken Bettkante liegen. Erik riss das Hemd über den Kopf, hastig entledigte er sich der Hose und bestieg das Lager von der anderen Seite.
    »Sollst es immer gut bei mir haben«, sagte er, bewegte sich aber nicht.
    »Ich vertraue dir.«
    Langsam rutschten sie aufeinander zu. Kaum hatten sie sich erreicht, als Thjodhild mit dem Oberschenkel an etwas hartes Kaltes stieß. Erschreckt schleuderte sie das Federbett beiseite.
    »Was ist?«, fragte Erik.
    Sie hielt einen bronzenen Thorshammer in der Hand und lachte. So oft hatte sie ihn selbst schon Brautleuten ins Bett gelegt. »Und ausgerechnet heute habe ich nicht an ihn gedacht.« Sie sah an Erik hinunter. Ihr Blick verweilte bei seiner Mitte. »Ich glaube auch«, flüsterte sie, »dass solch ein …, dass er die Männlichkeit fördert. Verstehst du?«
    Die Fahrt verlief gut. Es regnete zwar, aber der Wind war günstig und nur selten mussten die Knechte nach den Rudern greifen. Tyrkir stand vorn am Drachenkopf, ein wachsamer Lotse, dessen Rufe oder Handzeichen sofort achtern auf dem Steuerdeck vom Freund umgesetzt wurden.
    Mehr und mehr entschwand während des zweiten Tages die sanfte grüne Küste und zerklüftete, schroffe Felshöhen wechselten sich mit engen, tief eingeschnittenen Buchten ab.
    Bald nach dem Hochzeitsfest waren sie aufgebrochen, ausgerüstet und überladen wie ein Siedlertreck. Thorbjörn hatte es sich nicht nehmen lassen, die Brautleute und ihr Gesinde aus dem Habichtstal über den Pass bis zum Bocksfjord im Osten zu geleiten. Vornweg zog der Stier des Valtjofs den Karren mit Bauholz, und jedes Packpferd ging schwer unter der Last an Geschenken, neuem Hausrat und Kleidungsstücken.
    »Du hast nicht übertrieben.« Kaum sah der Großbauer das Schiff des Schwiegersohns, als er einen anerkennenden Pfiff ausstieß. »Dein Knorr ist wirklich ein Reittier des Meeres.«
    »Ich kenne kein besseres!« Erik streichelte den schlanken Bug wie eine Liebste und Thjodhild knuffte ihn halb ernst, halb im Spaß: »Erst komme ich, du Wikinger!«
    Nachdem die gesamte Mitgift und das Holz vertäut waren, befahl Erik seinen Knechten, dem Stier und den Pferden im Laderaum die Beine zu fesseln. So auf der Seite liegend würden sie die Fahrt hinauf in den Norden gut überstehen.
    Der Abschied war kurz gewesen, die Tochter hatte dem Vater am Strand gewinkt, bis das Schiff aus der Ankerbucht geglitten war.
    Seit einer Stunde blies der Wind heftiger, die Wogen trugen Gischtkronen und Erik fuhr noch dichter am Ufer entlang. Wegen der gefährlichen Riffe gab Tyrkir vom Bugdeck aus Warnzeichen. Die Geschwindigkeit musste verringert werden und Erik ließ von den Leinenwachen das Segel halb reffen. »Bald sind wir da!«, rief er Thjodhild zu.
    Sie stand neben ihm, schirmte die Augen gegen den Regen und sah steinige Strände und dahinter abweisende, schwarze Steilküsten vorbeiziehen, selbst die kleinen Fjorde vom Vormittag gab es nicht mehr. Wenn wir um die nächste Gebirgszunge herum sind, öffnet sich die Gegend wieder, besänftigte sie ihre zunehmende Unruhe. Doch auch nach dem nächsten und übernächsten Felsrücken entdeckte sie kein Land, das einen Bauern einlud, dort zu siedeln.
    »Da, siehst du?«
    »Wo?«, fragte sie.
    »Da oben!« Erik wies hinauf zum Grat einer Klippe.
    »Ich kann nichts erkennen.« Sie zuckte die Achsel. »Was soll da sein?«
    Mit einem Mal war der Hüne zu beschäftigt und gab keine Antwort.
    Sie ging durchs Schiff nach vorn zu Tyrkir. »Sag du es mir. Was befindet sich dort oben? Und wieso landen wir gerade hier?«
    Umständlich wischte er sich über das nasse Gesicht. »Also, dies hier ist Hornstrand. Dort oben, das ist Spitzklipp.«
    Weil sie schwieg, fügte er lahm hinzu: »Na ja, wenn es nicht regnet, sieht alles besser aus.«
    Erik überließ es den Knechten

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