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Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Titel: Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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Festtag und den möchte ich mit dir feiern.«
    Sie ließ ihn gewähren, ohne zu zeigen, wie wenig Lust er ihr bereitete. Vielleicht muss das meine Aufgabe sein, dachte sie später und hörte auf das ruhige Schnarchen neben sich. Vielleicht kann ich so den Frieden auf Steilhang erhalten.

 

    DIE TAUFE
    E in Toter!« Nach vier Tagen schreckte der Schrei morgens das Gesindehaus auf, wenig später lief eine Kuhmagd in die Wohnhalle und störte das Frühstück der Familie. »Herr, da liegt ein Knecht hinter der Hauptscheune«, stammelte sie. »Ich kam vom Melken und da lag er einfach da auf dem Bauch.«
    »Beruhige dich und geh wieder an die Arbeit!« Ohne Hast leerte Erik den Becher mit Sauermilch. »Sicher schläft der Kerl nur.«
    Freydis beugte sich kichernd über den Tiegel und rührte mit der Kelle im Fleischbrei. »Nachsehen solltest du schon, Vater!«
    Leise wurde sie von Thjodhild ermahnt. »Das ist Männersache.«
    Erik stand auf. »Kommst du mit?«, fragte er seinen Ältesten. »Jetzt, nachdem die Schiffe ausgeladen sind, solltest du dich möglichst bald wieder an deine Pflichten als Jungbauer gewöhnen. Und was ist mit dir, Schlaukopf?«
    Bereitwillig folgten ihm beide nach draußen. Auf dem Weg berichtete Erik, wie viele Fohlen und Kälber seit ihrer Abfahrt geboren waren. »Wir können zufrieden sein.«
    Den Abend nach der Rückkehr hatte er mit keinem Wort mehr erwähnt, auch nicht den Priester, der immer noch unten auf dem Schiff wohnte, und Tyrkir war ihm dankbar dafür. Erst soll der Alltag seinen normalen Gang nehmen, dachte er, nur so wird mein Wikinger sich nach und nach davon überzeugen lassen, dass der neue Glaube sein Grönland nicht vergiftet.
    Nahe dem hohen, lang gestreckten Heuspeicher warteten einige Sklaven. »Was steht ihr hier noch rum!«, scheuchte Erik die Ratlosen weg. »Glaubt ihr, das Gras mäht sich von selbst? Ab mit euch!«
    Sie fanden den Knecht hinter der Scheune zwischen herumliegenden Sensen, Rechen und Heugabeln; das Gestell, an dem die Gerätschaften gewöhnlich hingen, war umgekippt. Leicht stieß Erik mit der Fußspitze dem Mann in die Seite. »He, wach auf!« Doch ohne Erfolg; reglos lag er da, die Arme verdreht, sein Nachtkittel war ihm bis über die Kniekehlen hochgerutscht.
    Leif kauerte sich hin. »Zwecklos, Vater. Er liegt auf einem Heurechen.« Behutsam wälzte er den Körper herum. Quer im Hals steckten noch die spitzen Holzzähne.
    Ohne hinzusehen, brummte Erik: »Drück erst die Augen zu!« Dann betrachtete er das vom Schreck verzerrte Gesicht und wandte sich an den Freund. »Der war doch mit euch auf Fahrt. Oder irre ich mich?«
    »Er gehörte zur Mannschaft.«
    »Warum hat er sich hier an der Scheune rumgetrieben? Was meinst du, Schlaukopf?«
    Tyrkir zuckte die Schultern und zeigte zur Speicherluke hinauf. »Vielleicht hat er sich da oben auf den Heubündeln zum Schlafen gelegt, ist runtergefallen und stürzte zu seinem Unglück auf das Gestell.«
    »So wird’s gewesen sein. Armer Kerl, er wird uns fehlen.« Mehr Bedauern zeigte Erik nicht. Der Tod eines Sklaven bedeutete für ihn den Verlust einer Arbeitskraft und die hätte er dringend bei der Heuernte benötigt. »Na gut. Die Vorsehung hat es so gewollt. Wenn die Leute aus den Wiesen zurück sind, lasse ich ihn unten am Fjord ins Sklavengrab legen.« Damit war für Erik die Angelegenheit erledigt. »Jetzt kommt, wir sehen nach den Pferden.«
    »Nein, Vater.«
    »Was?«
    Gefasst ging Leif auf ihn zu. »Ein Christ hat das Recht, in geweihter Erde zu liegen. Und dieser Mann ist getauft worden.«
    Die Zornader sprang dem Hünen auf die Stirn, doch er bezwang sich. »Gut, gut, Sohn. Ich habe deiner Mutter geschworen, nichts gegen den Priester zu unternehmen. Auch hat sie verlangt, dass ich die Christen gewähren lasse, und ich muss mein Wort halten. Gut also. Geweihte Erde? Wo soll die sein?«
    Von der Frage überrascht schwieg Leif, und ehe er eine Antwort fand, erkannte Tyrkir jäh, welche Chance sich jetzt auftat. »Das ist ein Acker des ewigen Friedens. So etwas wie ein geheiligter Hof, auf dem Tote und Lebende Schutz finden. Wenn er dem allmächtigen Gott nicht zur Verfügung gestellt wird, schleudert er seinen Fluch über unsere Weiden und Häuser. Und glaub mir, mein Freund, der Herrgott hat mehr Gewalt als die Asen in Walhall zusammen. Deshalb benötigen wir dringend ein Stück Land.« Tyrkir rieb heftig die Narbe. »Warum habe ich nicht sofort daran gedacht? Pater Ernestus muss dieses Feld mit Gebeten

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