Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück
bist Leif der Glückliche.« Und die Lider fielen ihm zu.
»Hast du das gehört, Onkel? Er kommt, um Nachprüfungen anzustellen. Wenn er feststellt, dass Vater den neuen Glauben ablehnt, was dann? Wie ich König Olaf kenne, wird er uns seine Berserkerhorden schicken.«
»Warte ab! In einem aber pflichte ich ihm bei, Junge.« Tyrkir lächelte. »Wer ein Land entdeckt, wer Menschen in Not aus dem Wasser fischt, der hat diesen Namen verdient. Ja, Leif der Glückliche kehrt nach Grönland zurück. Und Gott schenke uns Gnade, dass wir das Glück auch nach Steilhang mitbringen können.«
Der Gesandte erwachte erst, als der Falke längst durch die Enge der hochragenden Küstenfelsen ins Innere des Fjords geflogen war. Sanfte Hügel und Birkenwälder luden den Blick ein. Während Egil für die anderen Schiffbrüchigen sorgte, brachte Leif selbst dem Gesandten Trockenfisch und Wasser.
»Danke!« Thorir aß, trank und konnte sich nicht an der Landschaft satt sehen. »Nie hätte ich draußen auf unserer Schäre erwartet, hinter der menschenfeindlichen Steinkruste diese blühende Pracht vorzufinden.«
»Du warst noch nicht in Vinland.« Mit gezwungenem Lächeln setzte sich Leif zu ihm, ließ Bilder von weiten Laubwäldern und lachsreichen Silberflüssen entstehen. »Dort gibt es Weizenäcker, die kein Mensch gesät hat. Von den Grashalmen tropft Honigtau. Und noch im Herbst verbrennt die Sonne die Haut.« Das Beste hatte er bis zum Schluss aufgespart. »Wir fanden Beeren und in jeder einzelnen war ein Schluck Wein.«
Thorir seufzte: »Du schwärmst, als hättest du das Paradies entdeckt.«
»Auch ein treffender Name für mein Vinland.« Unvermittelt straffte der Eriksohn den Rücken. »Zu deiner Aufgabe. Im letzten Frühjahr gab ich König Olaf mein Versprechen, hier das Christentum zu verbreiten. Ist es nicht zu früh, jetzt schon nach dem Fortschritt …«
»Olaf Tryggvasson ist tot«, unterbrach ihn der Gesandte. Ehe Leif sich fasste, setzte er hinzu: »Nun herrschen Erik Jarl und Sven Jarl über Norwegen. Zwei Könige. Sie scheinen mir noch unduldsamer zu sein als es Olaf je war. Gleich nach ihrer Krönung schickten sie mich her. Ich soll mich auf dem Junithing überzeugen.« Der Blick wurde forschend. »Du hast doch deinen Schwur gehalten?«
»Gewiss. Ja.« Leif dehnte die Pause. »Sicher, es gab einige Widerstände, wie zu erwarten war. Aber der Erfolg zeigte sich bereits deutlich, ehe ich zu meiner Fahrt aufbrach.«
»Das beruhigt mich. Ja, der neue Glaube ist nicht mehr aufzuhalten. Ich freue mich, so bald schon dem berühmten Erik Thorvaldsson begegnen zu dürfen.«
»Nein! Nur das nicht«, entfuhr es Leif und gleich suchte er nach einer Erklärung: »Mein Vater hat … also, er ist … Um die Wahrheit zu sagen, kurz vor meiner Abreise stürzte er und verletzte sich schwer.«
»Das höre ich mit tiefem Bedauern.«
»Ja, und mich erfüllt es mit Sorge.« Leifs Stimme wurde sicherer. »Da ich nicht weiß, wie weit er wieder genesen ist, muss ich zunächst allein auf Steilhang nach dem Rechten sehen. Ich schlage deshalb vor, du wohnst für einige Zeit auf dem Nachbarhof. Er gehört dem Vater meines Freundes Egil.«
Verständnisvoll nickte der Gesandte. »Bis zum Thing wird sicher ein Weg gefunden sein. Länger darf ich nicht warten.«
»Ganz bestimmt«, pflichtete ihm Leif bei. »Und jetzt muss ich den Freund an der Pinne ablösen und du solltest nach aller ausgestandenen Angst nun die Weiterreise genießen.«
Hastig stieg er zum Achterdeck, sprach auf Egil ein, erklärte, und als der Erbsohn des Nachbarn nickte, umarmte er ihn.
ERIK
E in leichter Ost blies vom Gletscher herunter in den Fjord. Das Segel musste eingeholt werden, die Knechte schoben die langen Ruderblätter durch die Pforten in der Wandung und ließen im Gleichschlag den Knorr über das Wasser gleiten. Immer wieder aufs Neue standen Leute am Ufer, winkten und kaum hörten sie vom entdeckten Land, jubelten sie Leif zu. Eine halbe Fahrtstunde vor der Heimatbucht ankerte der Falke unterhalb des Nachbarhofes.
Stolz begrüßte Ingolf Arnesson seinen Ältesten, und Mutter Solveig weinte. Er reichte dem Schiffsführer und dem Lotsen beide Hände, ein langer, fester Druck. »Einen Jungen gab ich euch mit und ihr bringt mir einen Mann zurück.«
»Und dazu einen reichen Mann«, strahlte Leif. »Ein Drittel unserer Ladung gehört ihm.« Geschickt verband er die Großzügigkeit mit der Bitte, dem Gesandten und seiner Schar für eine Weile Kost
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