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Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Titel: Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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hinaus. Erik hatte inzwischen nicht nur den Bug des Steinschiffs verstärkt, sondern auch die Seitenmauern erhöht. »Damit der Vater sich immer sicher fühlt.«
    »Die Herrin hat einen Plan«, begann Tyrkir, »besser hätte ich ihn auch nicht schmieden können.« Mit keinem Wort wollte sie sich bei den Eltern über ihren Mann beklagen. Die Ernte sei schlecht gewesen, deshalb sei das Vieh verhungert. Die Winterstürme seien schlimm gewesen, deshalb sei das Haus nicht länger bewohnbar. Und viele Gründe mehr, die sie anführen wollte, zählte Tyrkir auf. Zum Abschluss sagte er: »Da wir unser Glück hier nicht angetroffen haben, gehen wir ihm eben ein Stück entgegen. Jeder versteht das.«
    »Denk ich auch. Ist vielleicht besser so.«
    Wann? Bald, meinte die Schwangere, weil das Kind nicht warten würde, und es müsse doch ein Zuhause haben, wenn es käme.
    Also sofort, bestimmte der Rote.
    Für die Nachbarn des Habichtshofes sollte es zunächst wie ein Besuch aussehen, darauf hatte Thjodhild bestanden. »Vertrau mir und unser Ansehen wird keinen Schaden erleiden!«
    Erik war einverstanden, da selbst Tyrkir meinte, die Herrin verstünde geschickter mit der Neugierde der Leute umzugehen als ein Mann. Knechte und Mägde hatten den Auftrag erhalten, den Hof auf Spitzklipp abzubrechen, die Habseligkeiten in Kisten zu verpacken und das wertvolle Bauholz hinunter zum Strand zu schaffen. Bei der zweiten Fahrt erst sollte die eigentliche Übersiedlung stattfinden.
    Nur mit sechs Ruderknechten waren die Freunde und Thjodhild eines Morgens dann bei kräftigem Nordwind losgesegelt und durften nach schneller Fahrt schon vor Sonnenuntergang des gleichen Tages tief unten am Bocksfjord vor Anker gehen. Ohne großes Gepäck kamen die Pferde auf dem Pfad gut voran. Das Paar führte lediglich einige Kleiderbündel und den Familienschatz in einer eisenbeschlagenen, fest verschlossenen Kiste mit sich. Die drei Schlüssel dazu verwahrte Thjodhild sicher am großen Ring ihres Gürtels.
    Bald nach dem Pass öffnete sich das Land nach Westen, erste Gehöfte tauchten auf. Herzlich grüßten Erik und seine Frau jeden, dem sie begegneten, fragten und erzählten. Bewundernde Blicke folgten ihnen. Ja, es war ein Besuch im Zeichen der erwachten Hoffnung, nach langem Winter leuchtete frisches Grün zwischen dem blass bräunlichen Welkgras, mit schwellenden Knospen standen Haselsträucher, Birken und Eschen, und Thjodhild war in ihrer Schwangerschaft schöner denn je. Kein Anlass für Argwohn. Der Tochter vom Habichtshof geht es gut mit dem Fremden, diese Nachricht verbreitete sich in den Tälern ringsum.
    Bald nach der ersten Wiedersehensfreude war die Mutter misstrauisch geworden. »Sag es mir, Kind!«
    Thjodhild lehnte ihre Stirn an die Wange der alten Frau. »Nein, sorg dich nicht! Einen besseren Mann konnte ich nicht finden.«
    Am nächsten Morgen hörte Thorbjörn wortlos seiner Tochter zu. Hin und wieder sah er prüfend auf den Schwiegersohn, der neben ihr vor dem Hochsitz stand und bei der Aufzählung des Unglücks wie unter Schlägen zusammenzuckte. Längst hatte Thjodhild geendet und immer noch kratzte der Großbauer sein Kinn im dichten Bart. Schließlich sagte er: »Unsere Familie gehört zusammen.«
    Nicht ein Vorwurf, keine bohrenden Fragen, lediglich: Unsere Familie gehört zusammen. Damit war die Entscheidung gefällt.
    Thorbjörn selbst ließ das Gerücht verbreiten: Auf Wunsch der alten Eltern sollte Erik mit seiner Frau ins Habichtstal zurückkehren, weil nebeneinander zu wirtschaften das Beste für die Zukunft der Sippe sei. Und die reichen Gutsherren der Nachbarschaft nickten verständnisvoll.
    Wie aus einer dumpfen, stickigen Höhle tauchte Erik wieder auf, ohne Ehrverlust, mit freiem Blick durfte er jetzt dem neuen Glück entgegensehen.
    »Heute zeige ich dir dein Land.« Thorbjörn saß im Sattel eines rosaweißen Hengstes und ritt mit Erik und Tyrkir vom Habichtshof nach Norden in ein höher gelegenes Seitental. Knechte folgten, einer von ihnen hütete den Gluttiegel, die anderen zogen Pferde bepackt mit Reisig und Holzspänen hinter sich her.
    Nach knapp einer halben Reitstunde zügelte der Großbauer den Hengst und ließ einen Pflock einschlagen.
    »Schwiegersohn. Alles Land, das du von diesem Punkt aus bis drüben zum Wasserhorn siehst, bin ich bereit abzugeben. Außerdem erhältst du den Hang, der von diesem Tal hinunter bis zum Fluss reicht, dort sollst du deinen Hof errichten. So wohnen wir weit und doch nah genug

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