Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück
Missionaren entgegen, sie werden beschimpft, mit Knüppeln bedroht und oft genug müssen sie überhastet weiterziehen …
Die ersten Glaubensboten haben Island betreten! Doch diese Nachricht erreicht das Habichtstal nicht. Der scharfe Wind vom Fjord hat die Regenwolken aus dem Tal über die Bergrücken nach Osten getrieben. Seit zwei Tagen und Nächten scheint die Sonne und das Wasser im Fluss leuchtet so blau wie der Himmel …
OCHSENINSEL
E rik erholte sich, dank der Pflege, rasch von seiner Verletzung. Über den Kampf verlor er kein Wort. Wenn Frau Schiffsbrust nicht in der Nähe war, stand er heimlich auf und plante mit Tyrkir, wie der Ausbau seines Hauses fortgesetzt werden sollte. Sobald ihn die gestrenge Herrin ertappte, schickte sie den Patienten mit Beschimpfungen zurück ins Bett. »Dickschädel! Ich bestimme, wann du gesund bist. Also gehorche!« Um den Erfolg ihrer Heilkunst zu sichern, ordnete sie schließlich an, dass Leif nach dem Stillen neben dem Vater schlafen gelegt wurde. Thjodhild spottete vergnügt: »Wie gut ihr zusammenpasst. Und gib Acht, du darfst ihn nicht aufwecken!«
»Kinder hüten. So was«, beschwerte sich der Rote und sah auf den kleinen goldlockigen Kopf dicht an seiner rechten Seite. »Das ist keine Aufgabe für einen Mann.« Doch er fügte sich den Frauen. Neue Zuversicht bestimmte das Leben im Haus.
Der Großbauer hingegen war besorgt. Seit dem Holmgang hatte kein Nachbar mehr am Habichtshof Halt gemacht, um sich bei einem Plausch und einem Becher Sauermilch zu erfrischen, im Gegenteil, jeder, der sich näherte, beschleunigte den Schritt oder spornte sein Pferd an, so als wollte er möglichst schnell an dem Gehöft vorbei.
Am dritten Morgen lockte Hufschlag den Graubärtigen nach draußen. Halb verborgen hinter den hochgetürmten Basaltbrocken beobachtete er, wie ein Bauer im schnellen Tölt die Hauswiesen passierte. Er trug seinen Sonntagsstaat.
Ehe er weiter unterhalb hinter dem Felsvorsprung verschwand, erneutes Getrappel. Vier der Nachbarn aus dem oberen Tal folgten ihm, die kleinen, starken Pferde schlugen im Wirbel ihre Hufe, trugen den Kopf hoch und hinter den gebauschten Mähnen saßen die Reiter fast unbeweglich im Sattel. Auch sie waren mit Festumhang und Pelzkappe bekleidet.
Thorbjörn starrte der Staubwolke nach. »Aber heute ist Donnerstag«, murmelte er und kehrte ins Haus zurück.
Den Vormittag über zog er sich auf seinen Hochsitz zurück, hier durfte ihn niemand ohne Aufforderung ansprechen, beim Mittagsimbiss beugte er sich schweigend über den Holznapf und weichte Brotbrocken in der Grütze auf.
Tyrkir dichtete zur Freude Thjodhilds und des Gesindes einen Vers auf den Kinder hütenden Erik. Allein Frau Schiffsbrust bemerkte die Veränderung ihres Mannes, doch um die Heiterkeit des gemeinsamen Mahls nicht zu stören, fragte sie nicht.
Pferdegetrappel, Wiehern und Schnauben. In der Wohnhalle unterbrach Tyrkir das Verseschmieden. Die Reiter zogen nicht vorbei, sie kamen näher. Jetzt schlugen die Hunde an, das Gebell wurde lauter. Alle Blicke flogen zu den Waffenständern rechts und links des Ausgangs. Einige Knechte wollten aufspringen.
»Bleibt!«, befahl der Hausherr. »Nur wer ein schlechtes Gewissen hat, begrüßt mit der Axt in der Faust seine Besucher.«
»Das ist es also.« Thorbjörg hob und senkte den Busen. »Du glaubst …?«
Ihr Mann sah sie an. »Ich habe es befürchtet. Jetzt hoffe ich, dass wir vor dem Schlimmsten bewahrt bleiben.«
Eine kraftvolle Stimme rief: »Thorbjörn, Herr des Habichtshofes, hier wartet Ulf Einarsson, der Gode aller Täler diesseits des Hvammsfjordes, mit ehrenhaften Männern. Wir kommen in Frieden und bitten dich, uns vor deinem Haus willkommen zu heißen.«
Der Großbauer wischte sich mit dem Hemdsärmel durchs Gesicht und glättete den Bart. Ehe er den engen Durchgang nach draußen erreicht hatte, zögerte er. Vier Knechte sollten sich doch bewaffnen. »Allein zur Sicherheit. Wartet hier, falls nötig, rufe ich.«
Gleich in der geöffneten Tür blieb er stehen, und seine gedrungene, leicht gebeugte Gestalt versperrte Tyrkir und den anderen die Sicht.
Mit scharfem Pfiff brachte Thorbjörn die Hunde zum Schweigen. »Ein schöner Tag«, begann er. »Und welch eine Ehre für meine Familie, dass der Richter selbst sich aufgemacht hat, uns zu besuchen. Sei willkommen, Ulf, und auch ihr, meine Freunde und Nachbarn.«
»Ja, das Gras steht gut«, antwortete der Gode. »In diesem Sommer müssen wir kein
Weitere Kostenlose Bücher