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Erik der Wikinger

Erik der Wikinger

Titel: Erik der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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liegen. Sie sah eine schlafende Frau, und über ihr blitzte ein Schwert auf. Sie sah Middalhofs Halle rot von Blut. Sie sah einen großen Abgrund im Herzen eines Berges, und Männer, die von ihm abstürzten. Und schließlich sah sie ein Kriegsschiff, das brennend über das Meer segelte und unterging.
    Nun stand die alte Hexe, die Swanhilds Schönheit trug, auf den Klippen von Straumey und streckte ihre weißen Arme nach Norden aus. »Komm, Nebel! Komm, Graupel!« rief sie. »Nebel, komm, Graupel, komm! Überdeckt den Mond und blendet Eriks Augen!« Und als sie dies rief, hob sich der Nebel wie ein Riese und streckte die Arme von Ufer zu Ufer aus.
    »Bewege dich, Nebel! Schlage zu, Regen!« rief sie. »Bewegt euch und schlagt gegen die Brise, und blendet Eriks Augen!«
    Und der Nebel zog gegen den Wind, und mit ihm Graupel und Regen.
    »Nun bekomme ich es mit der Angst zu tun«, sagte Erik zu Skallagrim, als sie in der Dunkelheit an Deck standen, »der Sturm bläst von hinten, und doch treibt der Nebel schnell in unsere Gesichter. Was kommt nun?«
    »Das ist Hexenwerk, Herr«, gab Skallagrim zurück, »und bei solchen Dingen nutzt kein noch so guter Rat. Halt die Ruderpinne fest und fahr weiter, sage ich. Mich deucht, der Sturm wird schwächer und schwächer.« So fuhren sie noch eine Weile dahin, und überall um sie herum erschallte das Tosen der Brandung. Immer dunkler wurde der Himmel, bis sie einander schließlich nicht mehr sehen konnten, obwohl sie dicht an dicht standen.
    »Das ist ein seltsames Segeln«, sagte Erik. »Ich höre das Tosen der Brandung, als wäre es unter dem Kiel.«
    »Binde das Ruder fest, Herr, dann gehen wir nach vorn. Wenn es eine Brandung gibt, können wir in der Dunkelheit vielleicht ihren Schaum sehen«, sagte Skallagrim.
    Erik tat wie geheißen, und sie krochen auf der Steuerbordseite bis zum Bug des Schiffes, und dort spähte Skallagrim in den Nebel und die Graupelschauer hinaus.
    »Herr«, flüsterte er plötzlich, und seine Stimme zitterte befremdlich, »was ist das dort auf dem Wasser? Siehst du es auch?«
    Erik blickte in die angedeutete Richtung. »Bei Odin!« sagte er. »Ich sehe ein Licht, das die Gestalt einer Frau hat; es kommt über das Wasser auf uns zu, und der Nebel schmilzt vor ihm dahin, und die See wird unter seinen Füßen ruhig.«
    »Das sehe ich auch!« sagte Skallagrim.
    »Sie kommt näher!« keuchte Erik. »Sieh doch, wie schnell sie ist! Bei den Toten, es ist Swanhilds Gestalt! Sieh, Skallagrim! Sieh, wie ihre Augen lodern! Sieh, wie ihr Haar im Winde weht!«
    »Es ist Swanhild, und wir sehen etwas, das nicht von dieser Welt ist!« sprach Skallagrim. Sie liefen zum Ruder zurück, wo der Berserker voller Furcht aufs Deck sank.
    »Sieh, Skallagrim, sie gleitet vor den Rammschnabel der Gudruda. Sie gleitet zurück und deutet nach dort – dort, nach rechts! Soll ich das Ruder hinablassen und ihr folgen?«
    »Nein, Herr, nein! Setz kein Vertrauen in Hexenkunst, sonst wird uns das Böse holen.«
    Als er sprach, erschütterte ein mächtiger Windstoß das Schiff; die Musik der Brecher toste in ihren Ohren, und die leuchtende Gestalt auf dem Wasser winkte heftig mit den Armen und deutete nach rechts.
    »Die Brandung ruft von vorn«, sagte Erik. »Die Gestalt deutet nach drüben, von wo ich keine Meeresgeräusche vernehme. Vergiß nicht, Swanhild ist schon einmal über die Wellen gekommen, um uns zu warnen, und hat uns so vor Ospakars Männern gerettet. Sie hat geschworen, mich zu lieben; gewiß ist sie aus Liebe gekommen, um uns und unsere Gefährten zu retten. Sag, soll ich wenden? Sieh doch! Wieder winkt sie mit den Armen und deutet in diese Richtung.« Und noch während er sprach, griff er zum Ruder.
    »Ich habe nichts zu sagen, Herr«, sprach Skallagrim, »und ich mag kein Hexenwerk. Wir können nur einmal sterben, und der Tod ist überall; es sei so, wie du willst.«
    Erik drückte das Ruder mit aller Kraft hinab. Das gute Schiff antwortete, und seine Balken ächzten laut wie im Schmerz, als der Druck der See es querab erfaßte. Dann flog es wieder schnell übers Wasser, und genauso schnell glitt vor ihm Swanhilds Trugbild dahin. Nun deutete es nach dort, und dann wieder in jene Richtung, und auf jeden Fingerzeig änderte Erik den Kurs. Eine Weile wurde das Geräusch der Brandung schwächer, doch dann kam erneut ein Donnern wie das Donnern von Wellen, die gegen eine Klippe schlagen, und an den Schiffsseiten zischte das Wasser wie eine Schlange.
    Plötzlich riß die

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