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Erinnerung an meine traurigen Huren

Erinnerung an meine traurigen Huren

Titel: Erinnerung an meine traurigen Huren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel García Márquez
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ihr. Die Türen des Hauses waren versiegelt, aber nicht von der Polizei, sondern von der Gesundheitsbehörde. Niemand in der Nachbarschaft wusste Bescheid. Ohne eine Spur von Delgadina zu haben, begab ich mich auf eine versessene, zuweilen lächerliche Suche, die mich aufrieb. Ganze Tage lang beobachtete ich die jungen Radfahrerinnen von der Bank eines staubigen Parks aus, in dem kleine Jungen sich damit vergnügten, auf das schartige Denkmal von Simón Bolívar zu klettern. Die Mädchen traten in die Pedale und huschten vorbei wie Rehe, schön und verfügbar, bereit, mir vor die Flinte zu laufen. Als meine Hoffnung aufgebraucht war, flüchtete ich mich in den Frieden der Boleros. Es war wie ein vergifteter Trunk: Jedes Wort meinte sie. Ich hatte immer Stille zum Arbeiten gebraucht, weil meine Gedanken sonst mehr bei der Musik als beim Schreiben waren. Jetzt verhielt es sich umgekehrt: Ich konnte nur im Schutz der Boleros schreiben. Mein Leben war erfüllt von ihr. Die Glossen, die ich in jenen zwei Wochen schrieb, waren Muster für verschlüsselte Liebesbriefe. Der Chefredakteur, der über die Lawine von Leserzuschriften verstimmt war, bat mich, die Liebe zu mäßigen, bis wir etwas gefunden hätten, um all die verliebten Leser zu trösten.
    Die fehlende Ruhe brachte meinen streng geregelten Tagesablauf durcheinander. Ich wachte um fünf Uhr früh auf, blieb aber im dämmrigen Zimmer liegen und stellte mir Delgadina in ihrem unwirklichen Leben vor, wie sie ihre Geschwister weckte, sie für die Schule ankleidete, ihnen das Frühstück bereitete, falls es etwas zu essen gab, und dann quer durch die Stadt radelte, um die Strafe des Knopfannähens abzusitzen. Voller Verwunderung fragte ich mich: Was denkt eine Frau, während sie einen Knopf annäht? Dachte sie an mich? Suchte auch sie Rosa Cabarcas, um mich zu finden? Fast eine ganze Woche kam ich nicht aus meiner Mechanikerkluft, weder bei Tag noch bei Nacht, ich wusch mich nicht, rasierte mich nicht, putzte mir nicht die Zähne, denn die Liebe hatte mich erst spät gelehrt, dass man sich für den anderen herrichtet, kleidet und parfümiert, ich aber hatte nie jemanden gehabt, für den es sich gelohnt hätte. Damiana dachte, ich sei krank, als sie mich um zehn Uhr morgens nackt in der Hängematte entdeckte. Ich sah sie mit den trüben Augen der Begierde an und lud sie ein, sich nackt mit mir zu suhlen. Voller Verachtung sagte sie:
    »Haben Sie sich schon überlegt, was Sie tun, wenn ich Ja sage?«
    So erfuhr ich, wie tief mich das Leid hatte sinken lassen. In meinem Jünglingsschmerz erkannte ich mich selbst nicht wieder. Um das Telefon nicht zu verpassen, ging ich nicht mehr aus dem Haus. Ich schrieb, ohne den Hörer auszuhängen, und stürzte mich beim ersten Klingelzeichen darauf, weil ich dachte, es könnte Rosa Cabarcas sein. Ständig unterbrach ich das, was ich gerade tat, um sie anzurufen, wählte ganze Tage lang immer wieder ihre Nummer, bis ich begriff, dass dieses Telefon kein Herz hatte.
    Als ich an einem regnerischen Nachmittag nach Hause kam, lag die Katze zusammengerollt auf dem Eingangstreppchen. Sie war schmutzig und übel zugerichtet und Mitleid erregend zahm. Das Handbuch offenbarte mir, dass sie krank war, und ich befolgte die Angaben, um sie wieder aufzupäppeln. Noch benommen von einem kleinen Siestaschläfchen machte mich plötzlich der Gedanke hellwach, dass die Katze mich zu Delgadinas Haus führen könnte. Ich brachte sie in einem Einkaufsbeutel zu Rosa Cabarcas' Laden, der weiterhin versiegelt und verlassen war, und da bewegte sich die Katze so heftig in ihrem Beutel, dass ihr die Flucht gelang, sie sprang über die Mauer des Obstgartens und verschwand zwischen den Bäumen. Ich klopfte mit der Faust an die Eingangstür, die geschlossen blieb, aber eine soldatische Stimme fragte: Wer da? Gut Freund, sagte ich, um nicht zurückzustehen. Ich bin auf der Suche nach der Hausherrin. Es gibt keine Hausherrin, sagte die Stimme. Machen Sie mir wenigstens auf, damit ich die Katze holen kann, insistierte ich. Es gibt keine Katze, war die Antwort. Ich fragte: Wer sind Sie?
    »Niemand«, sagte die Stimme.
    Vor Liebe zu sterben, das war für mich bis dahin nur ein poetisches Bild gewesen. An jenem Abend, wieder daheim ohne Katze und ohne Delgadina, stellte ich fest, dass Sterben nicht nur im Bereich des Möglichen lag, sondern dass ich, alt und mutterseelenallein, gerade dabei war, vor L iebe zu sterben. Aber mir wurde auch bewusst, dass zugleich folgende

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