Erinnerung Des Herzens
dass dieses Gleichgewicht zwischen ihnen ständig in Gefahr war. Wie heiß sie sich auch geliebt haben mochten, mussten sie sich doch danach, wenn Ruhe einkehrte und die Luft sich abkühlte, gegenseitig erreichen können. Es reichte nicht, sich nur an den Händen zu halten, sie mussten nach und nach wieder das gegenseitige Vertrauen aufbauen.
»Du hast gesagt«, begann sie und sah, dass er lächeln musste.
»Weißt du, Jules, manche Leute könnten dich für besessen halten und andere würden vielleicht nur sagen, dass du eine Nervensäge bist.«
»Ich bin eine besessene Nervensäge.« Sie legte eine Hand auf sein Knie. »Paul, ich muss diese Geschichte von dir hören. Wenn Eve irgendwelche Einwendungen gegen das haben sollte, was du mir heute nacht erzählst, wird es nicht veröffentlicht werden. So lautet unsere Vereinbarung.«
»Deine Integrität«, murmelte Paul. »Ist es nicht das, was Eve an dir bewundert?«
Er berührte ihr Haar. Sie saßen einen Augenblick ruhig so da, bevor sie wieder anfing zu sprechen.
Julia stand sehr bewegt auf, um sich einen Brandy nachzuschenken. Sie hatte nichts gesagt, als Paul die Geschichte vom Tode des Konkurrenten von Damien erzählt hatte. Nach Eves Meinung war es Mord gewesen, angeordnet von Delrickio.
»Wir haben nie wieder darüber geredet«, hatte Paul zum Schluß gesagt. »Eve wollte es nicht. Priest errang den Titel, dann zog er sich zurück. Ihre Scheidung löste einige Unruhe aus, dann wurde es still darum. Nach einer Weile sah ich ein, weshalb sie es auf diese Weise zu einem Ende gebracht hatte. Es gab keinerlei Beweise für ihre Vermutung. Delrickio würde sie umgebracht haben, wenn sie versucht hätte, etwas an die Öffentlichkeit zu bringen.«
Bevor sie etwas sagte, trank Julia einen Schluck, um ihre Stimme zu stärken. »Bist du deswegen von Anfang an gegen diese Biographie gewesen? Hast du gefürchtet, dass Eve diese Geschichte erzählen und damit ihr Leben aufs Spiel setzen würde?«
Paul sah sie an. »Ich weiß, dass sie genau das tun wird. Es ist der richtige Zeitpunkt, der richtige Ort, die richtige Methode. Sie hat weder vergessen noch vergeben. Wenn Delrickio annimmt, dass sie dir die Story erzählt hat, und dass du sie drucken lassen wirst, ist dein Leben nicht mehr wert als ihres.«
Sie beobachtete ihn, als sie sich neben ihn setzte. Sie musste behutsam vorgehen. Die vielen Jahre, in denen sie auf sich gestellt gewesen war, ihre eigenen Entscheidungen getroffen hatte, ihrem Instinkt gefolgt war, machten es ihr nicht leicht, sich einem anderen verständlich zu machen. »Paul, wenn du geglaubt hast, was Eve glaubt, wirklich geglaubt, weshalb bist du dann nicht zur Polizei gegangen?«
»Das ist nicht die Frage ...«
»Vielleicht ist es jetzt zu spät dafür. Eve jedenfalls glaubt an das, was sie mit diesem Buch beabsichtigt, und ich tue es auch.«
Er fischte sich eine Zigarre heraus und zündete ärgerlich ein Streichholz an. »Es ist nicht sehr sinnvoll, dein Leben für jemanden zu riskieren, der seit fünfzehn Jahren tot ist.«
Sie betrachtete aufmerksam sein vom Rauch und vom Schatten der Lampe verdecktes Gesicht. »Wenn ich annehmen würde, dass du wirklich so denkst, wäre ich nicht hier bei dir. Nein«, fügte sie hinzu, bevor er etwas erwidern konnte. »Was zwischen dir und mir ist, spielt sich nicht nur auf der körperlichen Ebene ab. Ich verstehe dich, glaube ich, von Anfang an. Deshalb hatte ich so viel Angst, irgendetwas geschehen zu lassen. Ich habe schon einmal meine Handlungen von meinen Gefühlen beherrschen lassen. Es war ein Fehler, aber da Brandon das Ergebnis war, kann ich es nicht einmal bedauern. Diesmal ...«, sie legte ihre Hand auf seine und verschränkte langsam ihre Finger mit den seinen, »diesmal ist es mehr und weniger zugleich - wichtiger und weniger oberflächlich. Ich liebe dich, Paul, und weil ich dich liebe, muss ich meinen Instinkten vertrauen und mein Gewissen befragen, nicht nur in bezug auf dich, sondern auch in allen anderen Dingen.«
Er starrte auf das glühende Zigarrenende und fühlte sich von ihren Worten stärker berührt, als er es für möglich gehalten hätte. »Du läßt mir nicht viele Möglichkeiten, dagegen zu argumentieren.«
»Die habe ich auch nicht. Wenn ich dich bitte, mir zu vertrauen, heißt das, dass ich dir vertrauen muss.« Sie hob den Blick von ihren miteinander verschränkten Händen und sah ihn voll an. »Du hast mich nie nach Brandons Vater gefragt.«
»Nein.« Er seufzte. Er
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