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Erinnerung Des Herzens

Erinnerung Des Herzens

Titel: Erinnerung Des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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sie überschwemmte ihn, und ich schäme mich nicht zu gestehen, dass diese Entwicklung mich damals mit Furcht erfüllt hat. Wissen Sie, Eve glaubte, dass sie die Situation unter Kontrolle behalten könnte, wie es ihr so oft zuvor gelungen war. Das gehört zu ihrer Arroganz und zu ihrem Charakter. Aber man kann das Böse nicht unter Kontrolle behalten.«
    »Was tat Eve?«
    »Viel zu lange spielte sie nur damit. Sie heiratete Priest, der es verstand, ihrer Eitelkeit und ihrem Ego zu schmeicheln. Auf Grund eines plötzlichen Impulses brannte sie mit ihm durch, sicherlich auch, um einen Puffer zwischen sich und Delrickio zu bringen, der unerträglich anmaßend geworden war - und gefährlich. Es hat da einen Zwischenfall mit Paul gegeben. Er war dazugekommen, als Delrickio Eve körperlich bedrohte. Als er versuchte dazwischenzugehen, unüberlegt, wie ich sagen würde, packten ihn Delrickios immer anwesende Leibwächter. Gott weiß, was sie mit dem Jungen gemacht hätten, wenn Eve es nicht verhindert hätte.«
    Julia erinnerte sich an die Szene, die Paul ihr beschrieben hatte. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie Kenneth an. »Sie sind dabeigewesen? Sie haben gesehen, dass sie Paul zum Krüppel hätten machen können oder Schlimmeres noch, und Sie haben nichts getan?«
    »Eve wurde sehr gut mit der Situation fertig, das versichere ich Ihnen.« Er tupfte sich die Lippen mit einer zitronenfarbe- nen Leinenserviette ab. »Ich war überflüssig, als es passierte und ich mit der entsicherten 32er oben auf der Treppe stand.« Er lachte ein wenig und tippte auf sein Glas. »Als ich sah, dass ich nicht gebraucht wurde, blieb ich im Hintergrund. Das war besser für das Männlichkeitsgefühl des Jungen, würde ich sagen.«
    Sie wusste nicht recht, was sie sagen sollte, als sie den fröhlichen Herrn anstarrte, dessen Silberhaar vom Wind zerzaust wurde. »Würden Sie sie wirklich benutzt haben? Die Waffe?«
    »Ohne einen Augenblick des Zögerns oder Bedauerns. Auf jeden Fall. Eve heiratete kurz danach Priest. Sie tauschte das Böse ein für blindwütigen Ehrgeiz. Ich weiß nicht, was damals in Wimbledon passiert ist. Eve hat nie darüber gesprochen. Aber Priest gewann das Spiel und verlor seine Frau. Sie hat ihn vollständig aus ihrem Leben ausgegrenzt.«
    »Dann sind Sie also nicht wegen Priest gefeuert worden?«
    »Hm. Das kann gut einer der Gründe gewesen sein. Eve fiel es schwer, sich damit abzufinden, dass sie sich in bezug auf ihn geirrt hatte und ich nicht. Aber da war noch ein anderer Mann, der ihr wesentlich mehr bedeutete und der indirekt zum Anlaß für unsere Trennung wurde.«
    »Victor Flannigan.«
    Diesmal bemühte er sich nicht, seine Überraschung zu verbergen. »Eve hat mit Ihnen über ihn gesprochen?«
    »Ja. Sie will ein ehrliches Buch.«
    »Ich hatte keine Ahnung, wie weit sie gehen wollte«, murmelte er. »Weiß Victor ...«
    »Ja.«
    »Ah. Nun, gut. Eve hatte schon immer eine Vorliebe für Feuerwerk. Während zweier Ehen, dreißig Jahre lang, hat es immer nur einen Mann gegeben, den Eve geliebt hat. Seine Ehe, sein Tauziehen mit der Kirche, seine Schuldgefühle wegen des Zustandes seiner Frau machten eine offene Beziehung zu Eve unmöglich. Meistens hat sie das akzeptiert. Aber zu anderen Zeiten ... Ich erinnere mich daran, dass ich sie eines Abends allein im Dunkeln sitzen fand. Sie sagte: >Ken- neth, wer immer gesagt hat, ein halber Laib Brot ist besser als gar nichts, war nicht hungrig genug.< Das beschreibt genau ihre Beziehung zu Victor. Und manchmal war Eve so hungrig, dass sie woanders nach Nahrung suchte.«
    »Sie haben das mißbilligt?«
    »Ihre Affären? Ich war der Meinung, dass sie sich oft völlig unbesonnen wegwarf. Victor liebt sie ebensosehr wie sie ihn. Vielleicht tun sie einander deshalb oft so weh. Wir haben das letzte Mal über ihn gesprochen, kurz nachdem ihre Scheidungsabsichten bekanntgeworden waren. Victor kam sie besuchen. Sie stritten sich. Ich konnte sie bis oben in mein Büro hören. Ich arbeitete gerade mit Nina Soloman zusammen. Eve hatte sie mitgebracht und mich gebeten, sie anzulernen. Ich erinnere mich daran, wie verlegen Nina war, wie verschüchtert. Sie hatte damals kaum Ähnlichkeit mit der professionellen, selbstbewussten Nina von heute. Damals war Nina wie ein streunendes Tier, wie ein verängstigtes kleines Hündchen, das schon zu oft Fußtritte bekommen hatte. Das Geschrei beunruhigte sie zutiefst. Ihre Hände zitterten. Als Victor aus dem Haus gestürmt oder

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