Erinnerung Des Herzens
Kenneth<, erklärte sie. >Solange Sie meinem Bett fernbleiben, komme ich auch nicht in Ihres.«< Er hob die Hand, die Handfläche nach oben, die Finger gespreizt. »Wie konnte ich da widerstehen?«
»Und Sie hielten sich beide an diese Vereinbarung?«
Wenn ihn die Frage überrascht oder beleidigt hatte, so zeigte er es jedenfalls nicht. »Ja, wir hielten uns an die Vereinbarung. Ich fing an, sie zu lieben, Miss Summers, aber ich war nicht von ihr betört. Wir haben Freundschaft geschlossen, und Sex hat die Dinge nie kompliziert. Es wäre aber eine Lüge, wenn ich behaupten wollte, dass ich in den zehn Jahren, in denen ich für Eve gearbeitet habe, die Vereinbarung nie bereut hätte.« Er räusperte sich. »Und, auf die Gefahr hin, unbescheiden zu erscheinen, ich glaube, es gab Augenblicke, wo auch sie sie bedauert hat. Aber wir hielten uns daran.«
»Sie müssen als Eves Assistent angefangen haben, als sie gerade Rory Winthrop geheiratet hatte.«
»Das ist richtig. Es ist ein Jammer, dass diese Ehe auseinanderging. Ich hatte den Eindruck, dass sie bessere Freunde als Partner waren. Und dann war der Junge da. Eve war von Anfang an ganz verliebt in ihn. Und obgleich es sich viele wohl kaum vorstellen können, war sie eine ausgezeichnete Mutter. Ich fühlte mich selber sehr zu Paul hingezogen, und ich beobachtete mit Interesse wie er heranwuchs.«
»Wirklich? War er wie ...« Sie fing sich rasch wieder. »Ich meine, wie verhielten sie sich untereinander?«
Aber er hatte die erste Frage nicht überhört, und auch ihr Blick war ihm nicht entgangen, als sie sie gestellt hatte. »Ich habe den Eindruck, dass Sie mit Paul bekannt sind.«
»Ja, ich habe die meisten Leute kennengelernt, die in einer engen Beziehung zu Eve standen oder stehen.«
Einem Mann wie ihm, der den größten Teil seines Lebens mit Dienstleistungen verbracht hatte, war zur zweiten Natur geworden, den Gesten, dem Ton einer Stimme und den Worten anderer Menschen Tatsachen zu entnehmen. »Ich verstehe«, sagte er und lächelte. »Er ist ein so erfolgreicher Mann geworden, ich habe alle seiner Bücher.« Er wies auf die Regale. »Ich erinnere mich daran, dass er oft Geschichten hinkritzelte und sie Eve vorlas. Sie war entzückt davon. Alles, was Paul betraf, entzückte sie, und als Folge davon liebte er sie ohne jede Frage, ohne Wenn und Aber. Sie füllten gegenseitig eine Lücke in ihrem Dasein. Selbst als Eve sich von seinem Vater scheiden ließ und schließlich einen anderen Mann heiratete, blieben sie eng miteinander verbunden.«
»Damien Priest.« Julia lehnte sich vor, um ihr Glas auf dem Tablett abzusetzen. »Paul machte sich nichts aus ihm.«
»Niemand, der sich etwas aus Eve machte, machte sich etwas aus Priest«, erwiderte Kenneth einfach. »Eve war überzeugt davon, dass Pauls Abneigung gegen ihn auf Eifersucht beruhte. Tatsache war, dass Paul trotz seiner Jugend bereits eine gute Menschenkenntnis besaß. Er hatte Delrickio von Anfang an verabscheut. Priest verachtete er.«
»Und Sie?«
»Ich bin immer der Meinung gewesen, dass auch ich andere Menschen sehr gut beurteilen kann. Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn wir nach oben auf Deck gehen? Ich glaube, wir können jetzt einen leichten Imbiss einnehmen.«
Der leichte Imbiss entpuppte sich als ein kleines Festessen mit saftigem Hummersalat, frischen Gemüsen und krustigem Kräuterbrot. Gekrönt wurde er von einem milden, gekühlten Chardonnay. Unter ihnen breitete sich die Bucht aus, die übersät von Booten war. Die Segel blähten sich in einer frischen Brise, und die Luft roch nach Meer. Julia wartete, bis sie bei Obst und Käse angelangt waren, bevor sie wieder den Recorder einschaltete.
»Soweit ich es bisher verstanden habe, endete Eves Ehe mit Damien Priest mit einem erbitterten Streit. Ich habe auch bereits einiges über ihre Beziehung zu Michael Delrickio erfahren.«
»Aber Sie möchten gern meine Version hören?«
»Ja, so ist es.«
Er schwieg einen Augenblick und schaute übers Wasser auf ein großes rotes Beisegel. »Glauben Sie an das Böse, Miss Summers?«
Die Frage wirkte ein wenig seltsam angesichts des Sonnenscheins und der Meerluft. »Ja, ich denke schon.«
»Delrickio verkörpert das Böse.« Kenneth richtete seinen Blick wieder auf sie. »Es ist in seinem Blut, in seinem Herzen. Mord, die Zerstörung von Hoffnungen, vom Willen, das ist für ihn nichts als Geschäft. Er hat sich in Eve verliebt. Auch ein böser Mann kann sich verlieben. Seine Leidenschaft für
Weitere Kostenlose Bücher