Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erinnerung Des Herzens

Erinnerung Des Herzens

Titel: Erinnerung Des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
Vom Netzwerk:
Nein, nie. Vielleicht hatte sie die Mordwaffe berührt. Sicher konnte sie es nicht sagen. Nein, die Einzelheiten von Eves Testament hatte sie nicht gekannt. Ja, ja, die Tür war verschlossen gewesen, als sie heimkam. Nein, sie wusste nicht, ob irgendjemand sie gesehen hatte, nachdem sie durch das Tor gefahren war.
    Wieder und wieder gingen sie alle Einzelheiten durch, schickten sie immer wieder durch das Labyrinth.
    Julia versuchte fieberhaft, an etwas anderes zu denken, als sie die Aufnahmeformalitäten über sich ergehen lassen musste. Sie schaute strikt geradeaus, wenn man sie dazu aufforderte, sie zwinkerte mit den Augen, als man sie für die Akten fotografierte und grelles Blitzlicht aufleuchtete. Sie hielt ihr Profil hin.
    Sie hatten ihr den Schmuck abgenommen, die Handtasche, ihre Würde. Sie hatte nur noch ihren Stolz.
    Sie führten sie in die Zelle, in der sie warten musste, bis die Kaution hinterlegt worden war. Mord, dachte sie benommen. Man hielt sie für eine zweitklassige Mörderin. Sie hatte einen grauenhaft falschen Weg in dem Labyrinth eingeschlagen.
    Als sie hörte, wie die Metalltüren zugeschlagen wurden, bekam sie panische Angst. Sie hätte fast aufgeschrien und schmeckte Blut, als sie sich kräftig auf die Unterlippe biß. Oh, Gott, sperr mich nicht hier ein. Sperr mich nicht in diesen Käfig.
    Sie rang nach Luft und setzte sich auf das Ende der Pritsche, die Hände im Schoß verschlungen. Sie hörte, dass irgendjemand leise fluchte, er rasselte Obszönitäten herunter, als ob er eine Wäscheliste vorlesen würde. Sie konnte das Jammern von Junkies und das Meckern von Nutten hören. Irgendjemand weinte, leise, mitleiderregend, endlos.
    An der gegenüberliegenden Wand befand sich eine Toilettenschüssel, aber sie hatte Angst, sie zu benutzen. Obwohl Übelkeit in ihr hochstieg, unterdrückte sie sie lieber, als sich über diese schmutzige Schüssel zu beugen.
    Sie wollte nicht krank sein. Und sie wollte nicht zusammenbrechen.
    Wann würde die Presse Wind davon bekommen? Sie konnte schon jetzt die Schlagzeilen vor sich sehen.
    Eve Benedicts Tochter als Mörderin verhaftet.
    Die Rache einer im Stich gelassenen Tochter.
    Julia fragte sich, ob Eve diese Art von Publicity wohl gefallen hätte, dann presste sie die Hand gegen den Mund, um einen wilden Lachanfall zu unterdrücken. Nein, nicht einmal Eve mit all ihrer Geschicklichkeit für Manipulationen, ihrer Fähigkeit, die Spieler in ihrem eigenen Drehbuch zu manövrieren, könnte diese ironische Wendung vorausgesehen haben.
    Als ihre Hände anfingen zu zittern, verkroch sie sich auf der Pritsche ganz in die Ecke. Sie zog die Knie bis zur Brust hoch, legte ihren Kopf darauf und schloß die Augen.
    Mord. Das Wort beherrschte all ihre Gedanken. Vor ihrem inneren Auge spielte sich die Szene genauso ab, wie man sie ihr beim Verhör beschrieben hatte.
    Ihr Streit mit Eve, ihre wachsende Wut. Ihre Hand, die sich um den Griff des Schüreisens aus glänzendem Messing legte. Ein verzweifelter, harter Schlag. Blut. Soviel Blut. Ihr lauter Schrei, als Eve hinfiel.
    »Summers.«
    Julia fuhr hoch. Wild schaute sie um sich. War sie eingeschlafen? Sie begriff nur, dass sie jetzt wach war und sich immer noch in der Zelle befand. Aber die Tür stand offen, und die Aufseherin war in den kleinen Raum gekommen.
    »Ihre Kaution ist da.«
    Als Paul sie wiedersah, war sein erstes Gefühl, zu ihr hinzulaufen und sie fest an sich zu drücken. Aber ein weiterer Blick zeigte ihm, dass sie in seinen Armen zerbrechen würde. Mehr noch als Trost brauchte sie Kraft, dachte er.
    »Können wir gehen?« fragte er und nahm sie bei der Hand.
    Sie sagte kein Wort, bevor sie draußen waren. Es war ein Schock für sie, dass immer noch Tageslicht herrschte. Die Straßen waren verstopft von Wagen, in denen die Pendler zum Abendessen heimfuhren. Vor Stunden erst hatten sie Eve beerdigt. Und jetzt wurde sie beschuldigt, ihren Tod verursacht zu haben.
    »Brandon?«
    Er griff nach ihrem Arm, als sie schwankte, aber sie ging weiter, als habe sie diesen Schwächeanfall gar nicht bemerkt.
    »Mach dir keine Sorgen. CeeCee kümmert sich um alles. Er kann über Nacht bei ihnen bleiben, es sei denn, du möchtest lieber, dass wir ihn mitnehmen.«
    Mein Gott, sie wollte ihn sehen, mit ihm reden. Aber sie erinnerte sich daran, wie sie ausgeschaut hatte, als sie ihr erlaubt hatten, sich anzukleiden. Ihr Gesicht war kreidebleich, unter ihren Augen lagen dunkle Schatten.
    »Ich möchte nicht, dass er mich so

Weitere Kostenlose Bücher