Erinnerungen an die Wahrheit
Texten und Motiven versehenen Schrein bestattet. Im Grab des Knaben-Königs gab es aber vier große Schreine, die den Sarkophag umhüllten, wobei die drei inneren Schreine deutlich durch ein abgrenzendes Sternentuch vom äußersten Schrein getrennt waren. Dieser sehr große äußerste Schrein diente – soweit heute bekannt ist – bei dem sogenannten Sed-Fest (das die Krafterneuerung des alternden Königs bewirken sollte) als „Versammlungsschrein“ der Ahnen und Götter. In ihm traf sich der König nach normalerweise dreißig Regierungsjahren symbolisch mit Ahnen und Göttern und verließ ihn anschließend wieder – in der Glaubensmeinung mit neuer Kraft aufgeladen –, um weiter erfolgreich regieren zu können. (Er mußte auch einige Rituale durchführen, die seine neu gewonnene Kraft bewiesen.)
Es ist heute nicht ganz klar, ob die Könige regelmäßig in mehreren Schreinen bestattet wurden, denn nur das Grab des jungen Tut-ench-Amun blieb völlig erhalten. Die drei inneren Schreine deuten aber eher darauf hin, daß in diesem Fall auch drei Könige gewürdigt werden sollten, nämlich sowohl Tut-ench-Amun als auch die beiden Amarna-Könige Ech-en-Aton und Semenchkare. Bei den äußerst beengten räumlichen Verhältnissen in der Sargkammer hätte es sich ansonsten angeboten, nur einen einzigen Schrein zu benutzen.
Der junge König lag in einem Sarg aus massivem Gold – ummantelt von zwei vergoldeten Holzsärgen, die sich wiederum in einem steinernen Sarkophag befanden. Der Sarkophag stammte vermutlich aus dem Grab KV 55, wo er nachträglich entfernt worden war. Nach Angaben von Ägyptologen ist der Sarkophag umgewidmet worden und soll ursprünglich für Nofretete angefertigt worden sein. Sie hatte, als älteste Tochter des Ech-en-Aton, die Funktion der „Großen Königsgemahlin“ übernommen, war aber gemäß dem Seherbericht von Eje ganz schlicht und ohne Sarkophag an unbekannter Stelle bestattet worden, noch zu Lebzeiten des Babyloniers Tut-ench-Amun, der ihren Tod durch Kerkerhaft herbeigeführt hatte.
Der äußere Sarg trägt vermutlich eine Abbildung des Königs Ech-en-Aton, der mittlere Sarg eine Abbildung seines Mitregenten Semenchkare, und nur der innere, massiv-goldene Sarg zeigt den verstorbenen jungen König Tut-ench-Amun bzw. Tut-ench-Aton. Wodurch läßt sich das begründen? Man hat festgestellt, daß der mittlere Sarg ursprünglich für Semenchkare vorgesehen war, da auch die vom Aussehen dazu passenden Miniatursärge im sogenannten Kanopenschrein (mit den inneren Organen des Königs) ursprünglich wohl für Semenchkare angefertigt worden waren. Auch ist die Goldhaube, das sogenannte „nemes“-Kopftuch, dunkelblau durchbrochen (wie die Totenmaske auf der Mumie), wodurch angedeutet werden sollte, daß es sich nur um einen „Halb-Gott“ handelt. Der Mitregent wurde nach seinem Tod nur zu einem „Halb-Gott“, während der Pharao als ein solcher bereits zu Lebzeiten angesehen wurde. Ferner haben auch die Gesichtszüge eines etwa 25jährigen Mannes auf dem mittleren Sarg keine Ähnlichkeit mit denen des Knaben-Königs.
Eine glatt-goldene Haube hat wie der innere Sarg auch der äußere Sarg, der den König Ech-en-Aton darstellen dürfte. Denn es ist ja wohl kaum anzunehmen, daß der Mitregent, der Onkel des Knaben-Königs, im Grab dargestellt wird, nicht jedoch der viel wichtigere Hauptregent der Amarna-Zeit – der Großvater des Knaben-Königs. Auch beim äußeren Sarg ist wie beim mittleren Sarg das Gesicht eines 25jährigen Mannes zu sehen, der aber eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Kaben-König hat. (Laut Seherbericht sollen Ech-en-Aton und sein Enkel einander sehr ähnlich gewesen sein.) Die Särge von Ech-en-Aton und Semenchkare waren vermutlich gleich nach ihrem jeweiligen Amtsantritt hergestellt, aber noch nicht für eine Bestattung benutzt worden. Denn beide Könige waren ja – wie aus dem erwähnten Seherbericht zu erfahren – bei dem Mordanschlag des Babyloniers Tut-ench-Amun in Amarna mit dem Königspalast verbrannt und nicht bestattet worden. Die Särge lagen wahrscheinlich noch im Depot und wurden nur umgewidmet auf den Namen Tut-ench-Amun Nebcheprure. Die beiden Amarna-Könige hatten somit durch Eje heimlich doch noch ein angemessenes, wenn auch nur symbolisches Grab gefunden, wodurch ihr glanzvolles Weiterleben im Jenseits nach Ansicht der alten Ägypter jedoch gesichert war.
Doch warum mußten die Könige Ägyptens im Grab immer als Gottheit Osiris dargestellt werden? In
Weitere Kostenlose Bücher