Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.
Gräfin Schuwaloff ihre Garderobe u.s.w. fand sich. Der Kuriosität halber zeigte mir Madame Wladislawa die Kleider dieser Dame, deren Röcke hinten ganz mit Leder gefüttert waren, weil sie an einem Blasenleiden litt. Diese Krankheit war noch von ihrem ersten Wochenbett zurückgeblieben, und ihre Röcke rochen dermaßen, daß ich sie so bald als möglich ihrer Besitzerin schickte. Die Kaiserin selbst verlor durch den Brand ihre ganze nach Moskau mitgebrachte ungeheure Garderobe. Sie erwies mir die Ehre, mir mitzuzuteilen, daß sie viertausend Kleider verloren, aber von allen nur den Verlust des Kleides bedauere, zu welchem ich ihr den Stoff geschenkt. Außerdem büßte sie noch viele andere Kostbarkeiten ein, unter denen sich eine mit geschliffenen Steinen verzierte Schale befand, welche der Graf Rumianzoff einst für achttausend Dukaten in Konstantinopel gekauft hatte. Alle diese Sachen waren in einer Garderobe über dem Saale aufbewahrt, in welchem das Feuer ausbrach, und der als Vorsaal zum Hauptsaale des Schlosses diente. Morgens um zehn Uhr waren die Ofenheizer gekommen, um den Vorsaal zu heizen, und hatten, nachdem sie Holz in den Ofen gelegt, das Feuer wie gewöhnlich angezündet. Hierauf füllte sich der ganze Raum mit Rauch, doch glaubten sie, derselbe dringe durch einige nicht wahrnehmbare Ritzen des Ofens und bedeckten daher dieZwischenräume der Fayencekacheln mit Ton. Als nichtsdestoweniger der Rauch immer stärker wurde, untersuchten sie den Ofen im Innern und bemerkten, als sie nichts fanden, daß sich die Ritzen, aus welchen der Rauch hervordrang, zwischen den Scheidewänden des Zimmers befanden. Diese Scheidewände waren aus Holz. Sie holten schnell Wasser herbei und löschten das Feuer im Ofen, aber der Rauch wurde immer stärker und drang ins Zimmer, wo eine Schildwache der Garde stand. Da diese ihren Posten nicht zu verlassen wagte, aber zu ersticken drohte, drückte sie eine Fensterscheibe ein, erhob ein lautes Geschrei und feuerte, als niemand hören wollte, ihr Gewehr ab. Man hörte den Knall in der Hauptwache, eilte herbei und fand beim Eintreten überall dichten Qualm, aus dem man endlich den Posten befreite. Die Heizer wurden verhaftet; sie hatten geglaubt, ohne jemand davon zu benachrichtigen, das Feuer löschen zu können, oder wenigstens die Vermehrung des Rauches zu mindern, und waren in ihrem guten Glauben fünf Stunden lang damit beschäftigt gewesen.
Die Feuersbrunst führte Tschoglokoff zu einer unvermuteten Entdeckung. Der Großfürst hatte nämlich in seinem Zimmer verschiedene große Kommoden. Als man nun diese hinaustrug, zeigten einige offene oder schlecht verschlossene Fächer den Blicken der Zuschauer, was sie enthielten. Wer hätte es geglaubt? Die Schubladen enthielten nichts anderes als eine ungeheure Menge Wein- und Likörflaschen und dienten Seiner kaiserlichen Hoheit als Keller. Tschoglokoff erzählte es mir, allein ich sagte ihm, ich wisse von alledem nichts, und so war es auch; aber sehr häufig, ja fast täglich, bemerkte ich die Trunkenheit des Großfürsten.
Wir blieben nach dem Brande ungefähr sechs Wochen im Hause Tschoglokoffs. Da wir aber oft an einem nahe bei der Brücke Soltikoff gelegenen Hause vorbeikamen, welches derKaiserin gehörte und das Bischofshaus hieß, weil sie es von einem Bischof gekauft hatte, kam uns der Gedanke, die Kaiserin ohne wissen Tschoglokoffs zu bitten, dies Haus bewohnen zu dürfen, das uns wohnlicher erschien, als das seinige. Bald darauf erhielten wir den Befehl, in dasselbe überzusiedeln. Es war ein sehr altes hölzernes Gebäude, aus dem man nach keiner Seite eine Aussicht hatte; doch da es über steinernen Kellern gebaut war, lag es höher als das, welches wir verlassen, das nur aus einem Erdgeschoß bestand. Aber die Oefen waren so alt und so voller Ritzen, daß man das Feuer hindurchscheinen sah, wenn sie geheizt wurden, und der Rauch die Zimmer erfüllte, wir litten daher alle an Kopf- und Augenschmerzen; ja, man lief in diesem Hause Gefahr, lebendig verbrannt zu werden, denn es war nur eine hölzerne Treppe darin und die Fenster lagen sehr hoch. In der Tat brach auch während unseres Aufenthaltes zwei- oder dreimal Feuer aus, allein man löschte es noch rechtzeitig. Ich bekam hier eine starke Halsentzündung, begleitet von einem heftigen Fieber. An demselben Tage, an welchem meine Krankheit begann, sollte Herrn von Breithardt, der vom Wiener Hofe wieder nach Rußland geschickt worden war, ein Abschiedssouper gegeben
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