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Erinnerungen der Nacht

Erinnerungen der Nacht

Titel: Erinnerungen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MAGGIE SHAYNE
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abgehackt klangen. „Ich … flehe dich … an“, bat ich mit erstickter Stimme. „Steck mich nicht in diesen Sarg. Bitte …“
    Jameson blieb fast das Herz stehen, als er bemerkte, was er dieser Frau in seiner Gedankenlosigkeit angetan hatte. Sie kniete auf dem Boden, hielt seine Hand und schlotterte. Sie war kalt wie Eis. Verdammt. Wie konnte er so grausam sein und vergessen, wo er sie gefunden hatte? In einen winzigen Sarg eingesperrt, wo sie weiß Gott wie viel Zeit verbracht hatte. Wo man sie zum Sterben entsorgen wollte.
    Er bückte sich, legte einen Arm um ihre schlanke Taille und zog sie hoch, bis sie wieder aufrecht stand. Als er ihren Kopf hob, sah er das verweinte Gesicht und fluchte. „Herrgott, Angel, natürlich nicht. Was hab ich mir nur gedacht …“ Er ließ den Arm um ihre Taille liegen und führte sie so schnell er konnte wieder aus dem Raum hinaus. Sie zitterte immer noch wie ein ängstliches Kaninchen. „Herrgott, du hältst mich wirklich für ein Monster, was? Hast du wirklich geglaubt, ich würde dich zwingen, dich in so einen Sarg zu legen, und ihn absperren wie diese Drecksäcke des DPI? Wie kannst du so etwas nur denken?“
    Sie schloss die Augen; er sah, wie sie gegen die Panik ankämpfte, die über sie gekommen war. „Was sollte ich sonst denken? Du hast gesagt, ich bin deine Gefangene. Du hast gesagt, du würdest mich hierbehalten, bis wir sie gefunden haben.“
    „Ich habe nur an unsere Sicherheit gedacht. Eric hat diese Särge verändert, sie ausgerüstet, damit sie … Vergiss es, spielt keine Rolle. Ich hätte nachdenken müssen, bevor ich dich da reinführte. Ich wollte dich nicht so erschrecken.“
    Er drehte sich um, ging quer durch das Zimmer und öffnete eine Tür auf der anderen Seite. Diesmal trat er zuerst ein, und Angelica folgte ihm zögerlich. Er ging zum Nachttisch, bückte sich und entzündete eine alte Petroleumlampe. Zum Sehen brauchten sie sie nicht, doch er fand, das bernsteinfarbene Licht sorgte für eine gemütlichere, heimeligere Atmosphäre. Nicht ganz so beängstigend.
    Sie trat langsam und argwöhnisch ein. Herrgott, wie sehr sie ihm misstraute. Er blieb stehen und sah zu, wie sie den Blick durch das ganz „menschliche“ Schlafzimmer schweifen ließ. Ein riesiges Himmelbett dominierte den kleinen Raum. Rhiannons Einfluss. Ihr galt Luxus stets mehr als Vorsicht. Schon immer.
    „Sagt dir das mehr zu?“, fragte er.
    Sie trat weiter in das Zimmer, drehte den Kopf, nahm den Gesamteindruck in sich auf.
    „Schau mal … das Bad ist dort.“
    Sie sah hin, nickte und blickte dann gleich wieder zu dem Bett. Jameson hatte den Eindruck, als würde sie sich ein wenig entspannen. Sie schniefte und rieb sich die Augen.
    Ihr Atem entwich als zitternder Stoßseufzer, und sie schloss die Augen. „Ja“, hauchte sie schließlich. „Das ist viel besser.“
    Jameson ging einige Schritte zurück und schüttelte verwirrt den Kopf, denn nun ging sie zum Bett und schlug die Satindecke zurück. Dann nickte sie anerkennend.
    „Du solltest Nahrung zu dir nehmen, Angelica“, sagte er im Tonfall eines Vaters, der ein unwissendes Kind berät. „Es dämmert bald, und du brauchst die Stärkung, bevor wir schlafen.“
    Sie schaute ihn an, speicherte diese Information. „Ja, gut.“ Und ging wieder an ihm vorbei aus dem Raum hinaus. Er hörte, wie sie den Kühlschrank öffnete, hörte Gläser klirren, als sie das Kristall im Schrank darüber fand. Hörte sie einschenken.
    Wie um alles in der Welt, fragte er sich, sollte er eine Frau hassen, die ihn so sehr brauchte? Sie wusste gar nichts. Nichts über ihre Stärke, nichts über ihre übersinnlichen Fähigkeiten. Nicht einmal, wie man sich ernährte oder was einen umbringen konnte! Unheimlich. Er brauchte sie, damit sie ihm half, seine Tochter zu finden, aber zuerst musste er ihr helfen. Damit sie lernte, was sie jetzt war, was aus ihr geworden war.
    Er konnte unmöglich eine Frau hassen, die so sehr auf ihn angewiesen war.
    Er würde also versuchen, ihr zu helfen. Doch die nächste Frage auf seiner stetig wachsenden Liste lautete, wie sollte er einer Frau helfen, die ihn verabscheute? Sie hasste ihn und seine Art. Sie hasste sich selbst, so wie es aussah. Sie hasste, was sie war. Sie wollte nichts über ihr neues Dasein lernen, wollte es nicht kennenlernen, wollte seine Hilfe nicht.
    Dennoch hatte seine Beharrlichkeit Erfolg gehabt. Sie hatte die mentale Barriere um ihren Verstand errichtet. Sie hatte ihm sogar eine oder zwei

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