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Erinnerungen der Nacht

Erinnerungen der Nacht

Titel: Erinnerungen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MAGGIE SHAYNE
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Fragen gestellt.
    Vielleicht hatte er ja doch Glück. Und vielleicht begriff sie einmal, dass er und seine Art nicht so abstoßend waren, nicht schlechter als die Sterblichen. Und vielleicht gab sie dann auch die lächerliche Absicht auf, ihm seine Tochter wegzunehmen. Vielleicht wurde ihr klar, dass sie sein Kind nicht vor dem eigenen Vater beschützen musste.
    Vielleicht, vielleicht aber auch nicht.
    Es gab so viel, worüber er nachdenken musste. Aber nicht jetzt. Es würde ihm nicht gelingen, das Rätsel Angelica jetzt auf der Stelle zu lösen. Vorerst würde er nur das Kaminfeuer entfachen und dafür sorgen, dass sie genügend Nahrung zu sich nahm, damit sie wieder zu Kräften kam. Aber er musste ihr auch mitteilen, dass das richtige Maß wichtig war, damit ihr nicht schlecht würde. Danach musste sie ausruhen, während er sich überlegen konnte, wie sie am besten vorgingen.
    Morgen. Wenn sie kräftiger und vermutlich fester entschlossen denn je erwachen würde, ihm zu entkommen. Natürlich war sie morgen auch besser für eine Flucht gerüstet. Wie sollte er dann mit ihr umgehen?
    Einen Vorteil hatte das Ganze allerdings. Wenn sie nicht mehr so hilflos war, würde es ihm bestimmt leichter fallen, sie zu hassen.
    Und das war gut. Gerade begriff er, wie gefährlich es sein könnte, diese Frau nicht zu hassen. Denn ansonsten überwog die Begierde. Und je schneller er diese Begierde vergaß, desto besser.

Keith
    7. KAPITEL
    Jameson kam in diesen frühen Morgenstunden nicht zum Duschen. Er beobachtete sie viel zu lange, vergaß sich selbst angesichts ihrer langen Locken, die glänzten wie Satin, und der unergründlichen Facetten ihrer Augen. Immer wieder musste er sie anschauen, bis schließlich der Tag ihn mit dem Morgengrauen überraschte. Sie hatte getrunken, war in das übergroße Bett geschlüpft und fast auf der Stelle eingeschlafen; und er beobachtete sie noch immer.
    Gerade noch rechtzeitig schaffte er es zum Sofa im Nebenzimmer. Am Fußende ihres Betts einzuschlafen wie ein gehorsamer Diener, der zu Füßen seiner Herrin ruhte, für die er sterben würde, war wahrscheinlich nicht so sinnvoll.
    Als die Sonne wieder unterging, erhob er sich, bevor sie erwachte. Er ging ins Bad, ohne ihr auch nur im Vorübergehen einen Blick zuzuwerfen. Während das warme Wasser über seinen Körper rann, musste er sich mehrmals daran erinnern, dass er sie hasste. Und sie ihn. Er begehrte sie nur so sehr, weil er sein Blut mit ihr geteilt hatte. Und nur deshalb träumte er von ihr, obwohl der Tagesschlaf tief und traumlos sein sollte.
    Als er sich dessen hinreichend versichert hatte, schlüpfte er in einen Morgenmantel aus Frottee und rieb sich das nasse Haar mit einem Handtuch ab, während er das kleine Bad verließ. An der Tür blieb er jedoch stehen, denn Angelica betrachtete mit einem vollkommen verwirrten Gesichtsausdruck und zusammengezogenen Brauen die Sammlung der Kleidungsstücke im Schrank. Heute Abend hatte ihre Haut mehr Farbe. Der Tag Ruhe schien Wunder gewirkt und sie verjüngt zu haben. Sie machte einen kräftigeren Eindruck. Die Knochen standen nicht mehr ganz so deutlich vor, ihr Gesicht wirkte nicht mehr so eckig, sondern oval, mit Wangenknochen, für die jede Schauspielerin gestorben wäre.
    „Stimmt was nicht?“, fragte er und konzentrierte sich auf das Naheliegende.
    Sie zuckte zusammen, als hätte seine Anwesenheit sie überrascht. Sie musste sich wirklich mit ihren neuen, geschärften Sinnen vertraut machen und lernen, wie sie sie benutzte. Denn sie hätte ihn spüren, seinen Blick auf sich fühlen müssen. Doch sie reagierte wie eine Sterbliche.
    „Die … die sind alle so … normal.“
    „Was hast du denn erwartet? Schwarze Satincapes mit Stehkragen und scharlachrotem Futter?“ Er warf das Handtuch im Vorbeigehen auf das Fußende des Bettes, stellte sich hinter sie und betrachtete die Kleidungsstücke über ihre Schulter hinweg.
    „Natürlich nicht.“
    „Na klar. Verdammt, ich kenne nur noch einen Vampir, der so ein Cape trägt, und das auch nur, weil er dramatische Auftritte liebt.“ Er ging an ihr vorbei und zog einen lila Kaschmirpullover von der Ablage. Einen von Tamaras alten. Bescheiden und demütig und reizend wie sie. Er würde der Frau passen … wenigstens von der Größe her. Und die Farbe entsprach fast der ihrer Augen, auch wenn keine von Menschen hergestellte Farbe je diesen funkelnden Amethysten gleichkommen würde. Jameson blinzelte und schüttelte sich. „Hier. Das genügt

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