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Erinnerungen der Nacht

Erinnerungen der Nacht

Titel: Erinnerungen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MAGGIE SHAYNE
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sind, stellen wir doch mal einiges klar. Anfangs war ich dein Retter, das stimmt. Dann wurde ich dein Opfer, als du versucht hast, mich zu ermorden. Und dann, dunkler Engel, wurde ich dein Liebhaber.“ Er genoss das leise Stöhnen, das diese Bemerkung auslöste. Er lächelte sogar verhalten. „Sicher, es geschah nur in einem Reagenzglas, aber dennoch haben wir uns gepaart. Und jetzt, Angelica, bin ich dein Retter und Entführer, aber nur, um dich daran zu hindern, dass du auch noch zur Kindesentführerin wirst.“
    Sie senkte den Kopf und machte die Augen zu.
    „Wie kann man verabscheuen, was man selbst ist?“, fragte er halb sich selbst. „Du bist ein Vampir, Angelica. Wenn du uns verdammst, verdammst du auch dich.“
    „Nicht ich habe dich verdammt“, flüsterte sie. „Das war Gott. Und nicht ohne Grund. Auch gegen mich hat er seinen Zorn gerichtet.“
    Er legte den Kopf schief und sah ihren gequälten Gesichtsausdruck. „Du hältst das wohl für eine Art Strafe Gottes?“
    „Es ist die Hölle“, sagte sie. „Ich bin in jener Gasse gestorben, und dies ist die Hölle.“
    „Was für eine Gasse?“ Er wusste es … sie war in einer Gasse verwandelt worden, und offenkundig gegen ihren Willen. Aber er wollte mehr wissen. Wollte alles wissen.
    Sie wandte das Gesicht ab, biss sich auf die Lippen, verweigerte ihm die Antwort.
    „Weißt du, Angel, du hast echt keine Ahnung. Du hast keinen blassen Schimmer, was es heißt, ein Vampir zu sein. Du ziehst Schlussfolgerungen ohne den Hauch eines Beweises. Ist dir eigentlich klar, wie selbstgefällig und arrogant das ist?“
    „Ich bin eine der Verfluchten“, flüsterte sie mit einem dicken Kloß im Hals. „Glaubst du wirklich, mich interessiert, ob ich auf dich arrogant wirke?“
    „Jesus Christus“, murmelte er.
    Sie zuckte zusammen und drehte den Kopf weg. Jameson unterbrach das Schweigen nicht. Dann sah er im weißen Licht der Scheinwerfer ihr Ziel, nickte in die Richtung und dachte, er könnte das niederschmetternde Thema wechseln. „Hier bleiben wir vorerst. Unser Hauptquartier. Jedenfalls, bis sie uns auf die Spur kommen. Was vermutlich nicht allzu lange dauern dürfte.“
    Sie betrachtete das Haus und schüttelte den Kopf. „Ich will da nicht sein. Ich will mich auf die Suche nach meinem Kind machen.“
    Er betrachtete sie unwillkürlich mit erstaunter Miene. „Du kannst dich kaum aufrecht halten“, sagte er. „Und du denkst offensichtlich nicht klar. Du musst dich ausruhen und dir Zeit nehmen, wieder zu Kräften zu kommen. Vielleicht ein wenig über dein neues Dasein lernen. Du weißt offensichtlich gar nichts.“
    „Ich will keinen Unterricht, ich will mein Baby!“
    Er schluckte heftig, als er wieder die lodernden Flammen in ihren Augen sah. „Ich auch“, sagte er. „Aber es dämmert bald. In der kurzen Zeit der Dunkelheit, die uns noch bleibt, können wir gar nichts tun. Wir beginnen morgen bei Sonnenuntergang mit der Suche.“
    Sie knirschte frustriert mit den Zähnen, öffnete aber dennoch ihre Tür. Jameson hielt sie am Handgelenk fest, ehe sie aussteigen konnte, und sie drehte sich wieder zu ihm um. „Und ich meine: wir“, gab er ihr zu verstehen. „Denk nicht mal dran, dass du vor mir aufwachen und dich davonschleichen könntest, Angelica. Das Haus sieht vielleicht verfallen aus, aber der Eindruck täuscht. Mein Freund Eric besteht auf den höchsten technischen Standard. Das ist eine Festung, Angelica, und ich habe den Schlüssel.“
    „Ich verabscheue dich!“ Sie entriss ihm die Hand und wollte aus dem Auto aussteigen.
    Jameson hielt sie mühelos fest und hinderte sie daran. „Mach die Tür zu. Wir sind noch nicht ganz da.“
    Sie gehorchte mit finsterer Miene.
    Das Haus erschien mir so Furcht einflößend, ich litt Todesängste. Allein mit einem Monster, das mehr über mich zu wissen schien als ich selbst. Ein Mann, der mich aus einem Gefängnis geholt hatte, nur um mich in ein anderes zu bringen. Dieses hier sah von außen aus, als gehörte es einer Bande Hexen im alten Salem. Aber das stimmte nicht. Stattdessen gehörte es einer Bande von Vampiren. Was vermutlich noch schlimmer war.
    Wir fuhren durch ein hohes schmiedeeisernes Tor, das offen stand und nur noch an einem Scharnier zu hängen schien. Über uns sah ich in filigranen Metallbuchstaben den Namen Marquand. Abgebrochene Zweige, Unkraut, Ranken und Gestrüpp verunzierten die Einfahrt. Und dann ragte das Haus selbst vor uns auf wie ein gigantischer Dämon. Es handelte

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