Erknntnisse eines etablierten Herrn
vereinbaren. Er sagte zu, frühstückte weiter, gab den Schlüssel mit dem Totschläger beim Portier ab und ging in die Stadt.
Eigentlich hätte sich Andrea melden können!
Nicht, daß er einen Anruf von ihr unbedingt erwartet hätte. Von dieser Jugend erwartete er nichts und auch wieder alles. Es wäre nett gewesen, von ihr zu hören nach dem Abend. Sie hatte ein bißchen zuviel getrunken, schlief vielleicht noch. Er fühlte sich verantwortlich. Väterlich verantwortlich? Mein Gott, bei dem Altersunterschied!
In dem angeschraubten, klebrigen Buch der öffentlichen Telefonzelle fand er sie nicht. Weder unter Müller , noch unter Passavant. Gerda würde die Nummer wissen!
»Ja, Herr Dornberg. Sie sind noch da? Na, da wird sich Gnäfrau aber freuen! Wenn ich das früher gewußt hätte! Gestern hat sie angerufen, nach dem schweren Match in Bad Homburg. Ich hab ihr gesagt, daß Sie uns besucht haben. Die hat es vielleicht bedauert, daß sie nicht da war, sag ich Ihnen! Und jetzt dachten Sie sicher, sie wär schon da. Warum sollten Sie sonst anrufen?« Blöde Gans! dachte er, bestellte Grüße und legte auf.
»Fraule kommt gleich!« sagte Kathi, schob ihren Zeigefinger, auf dem Bazi saß, in den Käfig und wartete, bis er auf die Schaukel hüpfte. Lukas (er kam direkt von Donicke) half ihr in den Mantel, trat auf den Korridor und wartete, bis sie die Wohnungstür abgeschlossen hatte.
»Wissen Sie, Kathi, nur einmal in der Woche nach dem Rechten sehen und den beiden ein bißchen kochen. Das Finanzielle regle ich noch vor meiner Abreise. Hoffentlich wird Ihnen die Treppe nicht zu anstrengend. Ein Altbau, und ganz oben.«
»Ich tu halt langsam. Wenn ich nur eine Ahnung gehabt hätt’, wo die beiden Herren sind, ich wär’ längst bei ihnen.« Von der Seite sah sie an ihm hinauf. »Wen haben Sie inzwischen gesehen von Ihren alten Freunden?«
Lukas erzählte von seinem Besuch im Altersheim und von der Wahlversammlung. Die Nachricht von Hubert nahm Kathi gelassen hin, ihr ging es darum, wie er Daniela finde, und er bestätigte, was sie hören wollte. :
»Sie haben recht gehabt, Kathi. Sie ist noch genauso hübsch wie früher.«
»Und bei Müller-Passavants wären Sie nicht?«
»Nur kurz.«
»Stimmt. Die Herrschaften sind ja nicht da! Haben Sie Fräulein Andrea zufällig gesehen?«
»Nur kurz.«
Sie blieb stehen.
»Ist das nicht frappant, diese Ähnlichkeit mit der Mutter?«
»Ja. Doch, ja.«
Er nahm Kathi am Arm und führte $ie über die Straße. Drüben blieb sie wieder stehen.
»Eigentlich ist es doch eine Schand, daß Sie von England rüberkommen müssen, damit sich hier jemand um die Herren kümmert.«
»Das ist normal, Kathi. So ist das Leben.«
»Das ist nicht normal, Herr Dornberg. Man muß doch Zusammenhalten. Grad im Alter.«
Es gelang ihm, sie wieder in Bewegung zu bringen.
»Ich glaub, Sie haben doch recht. Grad im Alter.«
»Wie lange bleiben Sie, wenn ich das fragen darf?«
»Übermorgen hab ich noch was zu erledigen. Und dann...«
In einer Schaufensterscheibe sah er sie verschmitzt lächeln.
»Wenn Sie noch ein paar Tage bleiben, können Sie Frau Müller-Passavant sehen. Heut ist, glaub ich, ihr letzter Spieltag von dem Turnier. Gestern hat’s so was geheißen im Fernsehen. Danach kommt sie immer gleich heim, und dann gibt’s immer eine große Party.«
»Sie sehen viel fern, Kathi?«
»Seit ich nicht mehr im Geschäft bin. Ich wüßt gar nichts von der Welt, ohne den Apparat.«
Fernsehen war auch das Thema bei den Wolfgängen.
»Lukas, du weißt nicht, was du uns angetan hast!« empfing ihn der Ältere mit ausgebreiteten Armen, »dein Geschenk geht weit über ein Geschenk hinaus: Du hast uns wieder ans Mittelmaß angeschlossen!«
Auch der Jüngere griff nach ihm.
»Das hat uns doch sehr gefehlt! Mehr, als wir zugeben wollten. Und aus dem alten machen wir jetzt eine Kochkiste!«
Kathi, noch stumm von der langen Treppe, wurde begrüßt wie eine ehemalige Braut. Der jüngere Wolfgang nahm ihre Barockputtenbäckchen zwischen seine knochigen Hände und gab ihr einen herzhaften Kuß.
»Der ist von mir!« rief der Ältere. »Ich kann mich nur nicht mehr so sinnlich-fix bewegen und muß deshalb küssen lassen.«
Wieder zu Atem gekommen, stellte sich Kathi umgehend in Inspektionspose.
»Hier wird’s ja allerhöchste Zeit!«
Sie hatte eine Schürze mitgebracht; Lukas band sie ihr um die gemütliche Taille. Dann rollte sie die Ärmel auf, befahl die drei Herren in eine Couchecke und
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