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Erknntnisse eines etablierten Herrn

Erknntnisse eines etablierten Herrn

Titel: Erknntnisse eines etablierten Herrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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die Einfälle. Also, da konnte ich nicht mit. Ja ja, kaum gewesen, schon genesen. Um so besser verstehen wir uns jetzt. Ich möchte gern mit Ihnen ins Geschäft kommen. Sie sind ja auch in der Werbebranche.«
    »Nicht direkt.«
    »Na, keine falsche Bescheidenheit. Nach Ihrem Auftritt vorgestern. Sie müssen mir alles erzählen.«
    Es gibt Menschen, die bei einem Wiedersehen unbedingt zuerst erzählen müssen, sonst platzen sie; Donicke drohte zu platzen. Lukas nickte nur und wartete ab.
    »Ich sehe, Sie sind noch ganz der Alte«, begann das alte Bubengesicht die Überleitung zu seiner Person, »tja, und ich hab auch meinen Deckel gefunden: Management. Seit ich hier die Mitbestimmung durchgesetzt habe, bin ich, bei aller Bescheidenheit, der erste Mann, primus inter pares, zu deutsch: Aufsichtsratsvorsitzender — so in etwa. Tja, ich habe schwer geackert, aber es hat sich gelohnt, jetzt habe ich meinen Bungalow, meinen Mercedes Automatic, drei allerliebste Kinderchen, Markus ist sieben, Gwendolyn fünf...«
    Während er weitere Habenposten addierte, stellte sich Lukas das kleine Mädchen vor, das seinen Namen auf sagt: Gwendolyn Donicke.
    »Zigarre?« Donicke bot Erlesenes und bediente sich. »Tja, und unser Häuschen am Gardasee, Casa Elfrida — so heißt meine Frau. Sie sehen, Dornberg, man lebt. Wenn nur der Zucker nicht wär’! Aber so ‘n Problem ist das heute ja auch nicht mehr.« Er nahm die Brille ab, um sie zu putzen. Jetzt durfte Lukas erzählen. In Kurzfassung. Ohne das Gestell hatte das sommersprossige Gesicht etwas Konfirmandenhaftes. Die Zigarre im Mund wippte, als sei sie ein Anzeiger für Ungeduld.
    »Malt der Mann Männchen! Mann, da machen wir doch was! Da machen wir doch eine Werbeserie mit Ihrem Dings. Na klar, machen wir das! Müssen sowieso mal wieder wechseln, die Ärztlicher-Ratschlag-Tour zieht nicht mehr so. Honorar hol’ ich das Beste für Sie raus, was geht. Wir zahlen sowieso sehr gut. Muß natürlich erst mit den andern reden, pro forma, von wegen Mitbestimmung. Ich nenn’s immer Mitschuld, wenn ich was durchdrücken will. Also das geht in Ordnung. Ich denke, übermorgen können wir Vertrag machen.«
    Es müßte natürlich ein anderes Männchen sein, das die deutschen Wohlstandsrhomben zum Turnen anregen sollte, aber auch das würde sich finden. Selbstselige sind die handlichsten Geschäftspartner, und der runde Mann da vor ihm saß goldrichtig in seinem runden Sessel. Die Einladung für den Abend, die er aussprach, ließ Lukas offen. Essen mit Gattin — das mußte nicht sein. Er drängte auch nicht, der alte Bub, war schon wieder zu seinen beruflichen Erfolgen zurückgekehrt, erzählte, zählte auf, brauchte Auslauf. Höflich blieb Lukas sitzen, nickte ab und zu, zeigte Lächeln und Staunen und wirkte überhaupt nicht ungeduldig, weil er an anderes dachte. An das kleine Biest zum Beispiel.
    Warum hat sie nicht angerufen heute morgen?
    Bis halb elf war er im Hotel geblieben, hatte mit Führungskräften gefrühstückt, mit Herren, die sich um zehn Uhr treffen; Manschettenknöpfe mit Edelstein, Krawattennadel, zum letzten Schluck Kaffee Pille aus dem Döschen in der Westentasche. Auch das Glockenspiel hatte mehrfach getönt. Einmal stand Telefon für Herrn Dornbusch auf der Monstranz, die der olivhäutige Page durch den Saal trug. An Verwechslungen mittlerweile gewöhnt, war er hinausgegangen, hatte sich mit Hallo gemeldet und Sekunden auf Antwort warten müssen.
    »Nanu, soviel Sex in der Stimme? Du erwartest wohl einen ganz anderen Anruf?«
    »Daniela, ich frühstücke gerade...«
    »Komm’ ich wieder im falschen Moment. Hör zu: Falls du nichts Besseres vorhast, könntest du mich auf eine Wahlfahrt begleiten.«
    »Eine Wallfahrt?«
    »Ja, morgen.«
    Erst als das Wort Wahlkreis fiel, verstand er sie. Daniela müßte über Land, Reden halten, zufälligerweise in der Gegend, wo Peter und Ines wohnten — eine Gelegenheit, die beiden wiederzusehen. Und Daniela.
    »Im Augenblick hab ich eigentlich nur unterwegs Zeit«, sagte sie, »und ich will dich doch noch mal sehen, bevor du wieder wegfährst für die nächsten zehn Jahre.«
    »Ich dich auch, Daniela. Selbst wenn ich in drei Wochen wiederkäme.«
    »Wie heißt sie denn?«
    »Ach, du meinst...? Du hast einen völlig falschen Eindruck von mir. Die Zeiten sind vorbei!«
    Sie ging nicht weiter darauf ein.
    »Ich dachte, du könntest mir das Fahren abnehmen? Falls sich das mit deiner Bequemlichkeit vereinbaren läßt.«
    Es ließ sich

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