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Erlebnisse eines Erdenbummlers

Erlebnisse eines Erdenbummlers

Titel: Erlebnisse eines Erdenbummlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Karillon
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Andreas Hofer tratwährend der Dämmerung ein Klempnermeister aus Eich in die Stube.
    »Guten Abend, Zornwirt!« sprach der Gast.
    »Guten Abend, Galoppspengler!« antwortete der Wirt.
    »Heiß ich Galoppspengler?« war die Frage, und eine Ohrfeige klatschte dem Sandhofer ins Gesicht.
    »Heiß ich Zornwirt?« war die Gegenfrage und klatsch, der Spengler hatte wieder, was er soeben hergegeben hatte. Eine Balgerei war die natürliche Fortsetzung der vertraulichen Aussprache. Der Wirt zog den Kürzeren und flog wider seinen Kachelofen. Rasch hatte er sich aus dem Staube erhoben und war nach einem Beil in den Holzstall gerannt. Er wollte unter allen Umständen dem Blechklopfer den Kopf abhacken. Da er nur einen Stiel vorfand, war er mit diesem in die Stube gerannt. Ein derber Schlag und der Spengler kugelte unter den Tisch und rührte kein Glied mehr.
    Jetzt kam die Reue über den Zornwirt, und er überlegte, daß da nur ein Doktor helfen könne. Sofort traf er Anstalten, um mich herbeizuzaubern.
    Noch erinnere ich mich jener Nacht so genau, als ob sie erst vierundzwanzig Stunden hinter mir läge. Es war um Laurenzi herum und eine unheimliche Schwüle in meinem Schlafzimmer.
    Die Rheinschnaken sangen zum Verzweifeln ihre langweilige Weise mir ins Ohr und ihre Stiche brannten wie Feuer mir auf den Händen und der Stirn. Man muß solche Nächte an den Altwassern des Rheines mitgemachthaben, um zu begreifen, daß dieser Strom nicht jeden zu patriotischen Liedern begeistert. Wie sehnte ich mich doch hinweg aus diesem Sumpfgebiete und hinein in das kühle Fächeln einer Waldlandschaft. Aber wenn das ja auch nicht zu ermöglichen war, ein Gang ins Freie hinaus, wohin der Pfad auch immer führen mochte, mußte schon eine Erquickung sein wie die Finger des armen Lazarus auf der Zunge des reichen Prassers. Das wars ungefähr, was ich dachte.
    Hörte man da übrigens nicht das Schlagen von Wagenrädern auf dem Pflaster? In welchem Hofe hatte man gestern vergessen, daß nach Mitternacht die Sonntagsruh beginnt? Doch das Schlagen kam näher und hörte plötzlich auf.
    Klopfte es da nicht an meinem Hoftor? Es war so, ich konnte mich nicht täuschen. Ich eilte zum offenen Fenster und sah nach der Straße hinunter. Da stand im Halbjoch vor einem Bollerkarren eine Kuh. Was wollte dieses seltsame Fahrzeug zur nachtschlafenden Zeit vor meinem Hause? Ich rief in die Nacht hinein: »Ist jemand da?«
    Eine rauhe Männerstimme antwortete: »Ich bin's, Doktor! Kennt er mich nicht, den Wirt vom Sandhof. Daß Er's nur weiß, die Sach' erleidet keinen Aufschub. Leicht möglich, daß ich dem Spengleruntier den Garaus gemacht habe. Eilt euch, ich hab ein Fuhrwerk mitgebracht.«
    »Die Kuh da?« fragte ich verwundert.
    »Wenn sie nicht trächtig wäre, keine zweite im Überrheinhätte den Weg vom Sandhof hierher in kürzerer Zeit zurückgelegt.«
    »Ich will's Euch glauben und will mich zu Euch hinter ihren Schwanz setzen. Schneller werden wir immerhin vom Platze kommen, als wenn Ihr mit einer Schildkröte vorgefahren wäret.«
    Fünf Minuten später schon saßen der Zornwirt und ich einträchtig nebeneinander, und die Kuh zog uns gemächlichen Schrittes zum Dorfe hinaus. So hatte ich Zeit, die ganze verzweifelte Geschichte zu hören, ob deren das arme Rindvieh seine Nachtruh zu opfern gezwungen war. Da ich den Spengler kannte, dachte ich mir gleich, die Sache wird nicht so schlimm sein, als die Angst des Wirtes sie macht, und ich hätte mich gerne noch eine Stunde lang durch die Nacht fahren lassen, wenn es nicht hinter dem Donnersberg im Westen da hinten gefährlich zu blitzen begonnen hätte. Ich stieg deshalb, einen nassen Buckel fürchtend, vom Wagen herunter und brachte, mit raschen Schritten voranschreitend, den Zornwirt hinter meinen Rücken und den Spengler vor mein Angesicht. Mehr wie meine Augen brauchte ich nicht, um zu konstatieren, daß der Galoppspengler eine Ohnmacht vorgetäuscht hatte, um den Zornwirt in Trab zu bringen. Ich konnte also nach wenigen Minuten den Heimweg unter die Füße nehmen. Ich beeilte mich, so viel ich konnte, denn es fegte in wilden Stößen ein ungestümer Wind über die Sandhügel hin und wirbelte den Staub durch die Luft, daß man sich schon anstrengen durfte, wenn man sich durch dieses Chaos von Sand,Stroh und Nußbaumblättern hindurch drücken wollte. Meinen Fuhrmann traf ich keine zweihundert Meter weiter über den Punkt hinaus vorgerückt, wo ich ihn verlassen hatte.
    Sein erstes Wort beim Wiedersehen

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