Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Titel: Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Küng
Vom Netzwerk:
verpflichtet (25. April – 2. Mai). Die charmante und politisch aufgeschlossene schweizerische Außenministerin MICHELINE CALMY-REY hatte mich schon anlässlich ihrer Laudatio für meinen »Lew Kopelew Preis für Frieden und Menschenrechte« am 3.   Dezember 2006 in Köln, wohin sie eigens im Regierungsflugzeug angeflogen kam, um diesen Dienst gebeten.
    Mein Besuch in Indonesien wird in exzellenter Weise vom schweizerischen Botschafter HEINZ WALKER-NEDERKOORN und seinem engagierten Assistenten GEORG STEIN vorbereitet. Ich freue mich nach Yogyakarta und Jakarta zurückzukehren, die sich beide unterdessen zu großen Städten entwickelt haben. In Jakarta, begleitet von Dr. Stephan Schlensog, halte ich zwei öffentliche Vorlesungen und Vorträge vor zahlreichem und gemischtem Publikum aus der Diplomatie und den Religionsgemeinschaften. Im zweiten Vortrag vor Professoren und Studierenden der State Islamic University (UIN) ist die Reaktion des Publikums wie auch das Presse-Echo – trotz meiner auch mitunter kritischen Äußerungen – überaus positiv.
    Herausragend ist ein Besuch beim indonesischen Religionsminister, wo wir uns intensiv über die multireligiöse Situation Indonesiens austauschen und über die Möglichkeiten der Weltethos-Thematik im schulischen Bereich sprechen. Die Verantwortlichen dort zeigen sich sehr interessiert. Aufschlussreich sind auch mehrere Gespräche mit Vertretern islamischer Gruppen und NGOs. Besonders gefreut hat mich die überaus freundliche Aufnahme meines Vortrags und lebhafte Diskussion in einer der großen eher traditionellen Koranschulen mit Internat (Pesantren Community). Interessant ist vor allem die große Bandbreite von theologischen und religionspolitischen Fragestellungen, die unter den Muslimen Indonesiens diskutiert werden.
    Der zweite Teil der Reise führt uns nach Yogyakarta, der bedeutendsten Universitätsstadt Indonesiens. Auch dort halte ich einen gut besuchten öffentlichen Vortrag an der Gadjah Mada University; ferner haben wir ein Gespräch mit dem Vizegouverneur (in Vertretung des erkrankten Sultans) und führen Gespräche mit anderen Gelehrten. Schade nur, dass der frühere Staatspräsident ABDURRAHMAN WAHID inzwischen gestorben war; ich erinnere mich noch gut an das Gespräch und ein schönes Abendessen mit ihm in Amman auf Einladung des Kronprinzen Hassan von Jordanien.
    Erfreulicherweise reicht es noch zu meinem zweiten Besuch des Borobudur, dem großartigsten buddhistischen Bauwerk in Indonesien. Zurück in Jakarta findet die Reise ihren guten Abschluss mit einem erneuten Abendessen in der Schweizer Botschaft, an dem auch wichtige Publizisten und herausragende Vertreter von NGOs teilnahmen. Dort lerne ich Abdurrahmans sympathische Tochter JENNY WAHID kennen, die eine große und einflussreiche Stiftung leitet und sehr großes Interesse an der Weltethos-Thematik zeigt. Umso bedauerlicher ist, dass nach unserer Abreise von Indonesien dort nicht viel für das Weltethos geschieht. Der vorgesehene Repräsentant tut trotz großer Versprechungen wenig, und wir in der Stiftung sind mit vielen anderen Dingen überbeschäftigt. Wir müssen wohl auf eine neue Gelegenheit warten, um das Projekt Weltethos in Indonesien voranzubringen.
    Welch großes Interesse das Thema »Islam« allenthalben findet, zeigt das Beispiel einer besonders ehrenvollen Einladung nach London im Jahr 2008: Mein alter Freund NORMAN ST JOHN , Lord of Fawsley, der schon Jahrzehnte zuvor meinen Vortrag an der London School of Economics moderiert hatte, lädt mich für den 16. Juni 2008 zu einem Vortrag vor einer Gruppe des Britischen Oberhauses ins Portcullis House des Parlaments ein. Als Thema wählte ich »Islam – Challenges and Hopes«. Leider war dies auch das letzte Mal, dass ich meinen Freund Norman gesehen habe; er starb drei Jahre darauf.
    Auf dem Weg in die Moderne: Oman
    Wie das Judentum und das Christentum ist heutzutage auch der Islam aufgrund der modernen Entwicklung konfrontiert mit seinem eigenen mittelalterlichen Paradigma. Wie hält er es mit dem mittelalterlichen Recht, der mittelalterlichen Theologie, der mittelalterlichen Gesellschaftsordnung? Und wie verhält er sich zu den modernen Errungenschaften?
    Vor welch riesigen Herausforderungen gerade arabische Länder stehen, konnte ich studieren am Sultanat Oman im Osten der Arabischen Halbinsel. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts war dieses Land vielleicht das abgeschlossenste und rückständigste in der Welt des Islam: Nur gut

Weitere Kostenlose Bücher