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Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Titel: Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Küng
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Kirche eingegliedert werden müssten. Davor müsste der Papst, nicht zuletzt von den Bischöfen, in aller Form gewarnt werden. Denn:
    Der Papst würde auch ungültig geweihte Bischöfe und Priester definitiv in die Kirche aufnehmen. Gemäß der Apostolischen Konstitution Pauls VI. ›Pontificalis Romani recognitio‹ vom 18.   Juli 1968 sind die von Erzbischof Lefebvre vollzogenen Bischofs- und Priesterweihen nicht nur unerlaubt, sondern auch ungültig. Diesen Standpunkt vertritt neben anderen auch ein maßgebliches Mitglied der ›Versöhnungskommission‹, KARL JOSEF BECKER SJ, jetzt Kardinal.
    Mit einer solch skandalösen Entscheidung würde sich Papst Benedikt in seiner allseits beklagten Abgehobenheit noch mehr vom Gottesvolk entfernen. Ihm sollte die klassische Lehre vom Schisma eine Warnung sein. Ihr zufolge geschieht eine Spaltung der Kirche, wenn man sich vom Papst trennt, aber auch wenn man sich vom übrigen Leib der Kirche trennt. ›So könnte auch der Papst zum Schismatiker werden, wenn er nicht mit dem ganzen Leib der Kirche die geschuldete Einheit und Verbundenheit halten will.‹ (Francisco Suarez SJ, maßgebender spanischer Theologe des 16./17.   Jh.).«
    Ein schismatischer Papst verliert gemäß derselben Kirchenrechtslehre sein Amt. Zumindest kann er nicht auf Gehorsam rechnen. Papst Benedikt würde also die schon überall wachsende Bewegung des »Ungehorsams« gegenüber einer Hierarchie, die dem Evangelium gegenüber ungehorsam ist, fördern. Für das schwere Zerwürfnis und den Unfrieden, den er damit in die Kirche hineintrüge, hätte er allein die Verantwortung.
    Statt sich mit den ultrakonservativen, antidemokratischen und antisemitischen Pius-Brüdern zu versöhnen, hätte sich der Papst lieber um die reformbereite Mehrheit der Katholiken und um die Versöhnung mit den Kirchen der Reformation und der ganzen Ökumene kümmern sollen. Er soll ja einen, nicht spalten. Dies betrifft nicht zuletzt die große anglikanische Gemeinschaft.
    Papst fischt in anglikanischen Gewässern
    Nachdem Benedikt schon die reformfeindlichen Pius-Brüder wieder eingemeindet hat, möchte er 2009 die gelichteten römisch-katholischen Klerikerreihen auch noch mit anglikanischen Rom-Sympathisanten auffüllen . Sie sollen leichter zur katholischen Kirche übertreten können. Übergetretene anglikanische Priester und Bischöfe werden vom Zölibatsgesetz befreit. Sie sollen auch als Verheiratete ihren Status behalten. »Traditionalisten aller Kirchen, vereinigt euch«, könnte man sagen, und zwar unter der Kuppel von St. Peter! Der Menschenfischer fischt am äußersten rechten Rand. Aber die Wasser dort sind trübe.
    Bei dieser römischen Aktion handelt es sich um nichts weniger als einen dramatischen Kurswechsel: weg von der vom Konzil bejahten bewährten ökumenischen Strategie eines Dialogs auf Augenhöhe und einer echten Verständigung. Und hin zu einer unökumenischen Abwerbung von Priestern .
    Dabei beruft sich das diesbezügliche päpstliche Kommuniqué in ruchloser Weise auf die wahrhaft ökumenischen Dokumente der Anglican-Roman Catholic International Commission (ARCIC), die in jahrelangen mühseligen Verhandlungen zwischen dem römischen Einheitssekretariat und der anglikanischen Lambeth-Konferenz erarbeitet worden waren: über die Eucharistie (1971), über Amt und Ordination (1973) sowie über die Autorität in der Kirche (1976/81). Kenner aber wissen, dass diese drei Dokumente, seinerzeit von beiden Seiten unterzeichnet, nicht auf Abwerbung, sondern auf Versöhnung ausgerichtet sind.
    Diese Dokumente echter Versöhnung bieten nämlich die Grundlage für eine Anerkennung der anglikanischen Weihen, denen Papst LEO XIII. 1896 mit wenig überzeugenden Argumenten die Gültigkeit abgesprochen hatte. Aus der Gültigkeit der anglikanischen Weihen aber ergibt sich auch die Gültigkeit der anglikanischen Eucharistiefeiern. Und so wären eine gegenseitige eucharistische Gastfreundschaft, ja Interkommunion, und ein langsames Zusammenwachsen zwischen Katholiken und Anglikanern auf der Gemeindeebene möglich.
    Doch die vatikanische Glaubenskongregation hatte damals dafür gesorgt, dass die ARCIC-Dokumente möglichst rasch in den Verliesen des Vatikans verschwanden. »Schubladisieren« nenne ich das. Warum? »Zuviel Küng-Theologie«, hieß es damals in einer vertraulichen Meldung der katholischen Nachrichtenagentur KNA aus dem Vatikan. In der Tat hatte ich die englische Ausgabe meines Buches »Die Kirche« dem damaligen

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