Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)
Erzbischof von Canterbury, Dr. MICHAEL RAMSEY , gewidmet: mit Datum vom 11. Oktober 1967, dem fünften Jahrestag der Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils: in der »demütigen Hoffnung, dass in den Seiten dieses Buches eine theologische Basis gelegt ist für ein Arrangement zwischen den Kirchen von Rom und Canterbury«.
Man findet in diesem Buch auch die theologische Lösung für die leidige Frage nach dem Primat des Papstes , welche diese beiden Kirchen, aber auch Rom und die Ostkirchen, Rom und die reformatorischen Kirchen, seit Jahrhunderten trennt. Es wäre eine »Wiederaufnahme der Kirchengemeinschaft etwa zwischen der katholischen Kirche und der anglikanischen Kirche möglich«, wenn »einerseits der Church of England die Garantie gegeben würde, dass sie ihre gegenwärtige autochthone und autonome Kirchenordnung unter dem Primas von Canterbury voll beibehalten könnte« und »andererseits die Church of England einen Pastoralprimat des Petrusdienstes als oberste Vermittlungs- und Schlichtungsinstanz zwischen den Kirchen anerkennen würde«. »So würde«, hoffte ich damals, »aus dem römischen Imperium ein katholisches Commonwealth!«
Papst Benedikt jedoch will unbedingt das römische Imperium restaurieren. Der Anglican Communion, die er ohnehin auseinanderbrechen sieht, macht er keine Konzessionen. Vielmehr will er das mittelalterliche zentralistische römische System für alle Zeiten erhalten – auch wenn es eine Einigung der christlichen Kirchen in grundlegenden Fragen verunmöglicht. Der päpstliche Primat – nach Papst PAUL VI. zugestandenermaßen der »große Felsblock« auf dem Weg zur Einheit der Kirchen – wirkt offensichtlich nicht als »Fels der Einheit«. Fröhliche Urständ feiert die alte Aufforderung einer »Rückkehr nach Rom«, jetzt durch Übertritt besonders von Priestern, möglichst massenhaft. In Rom träumt man von einer halben Million übertrittswilliger Anglikaner mit 20 bis 30 Bischöfen; faktisch sind es bis November 2012 nur 81 Priester und 1350 Laien (»The Tablet«, 3. 11. 2012). Warum sucht der Papst nicht die Versöhnung mit den 76 Millionen Anglikanern, die nicht römisch-katholisch werden wollen? Gescheitert ist eine Strategie, die sich in den vergangenen Jahrhunderten als Wunschdenken erwiesen hat und gegenwärtig bestenfalls zur Gründung einer mit Rom »unierten« anglikanischen Minikirche in Form von personalen (nicht territorialen) Diözesen führen wird. Ein ähnlicher Status also wie das Opus Dei, ganz dem Papst unterstellt und bischöflicher Aufsicht entzogen.
Doch die Folgen dieser Strategie? Für die anglikanische Kirchebedeutet diese Abspaltung eine weitere Erosion. Viele anglikanische Gläubige (und Pfarrer) werden verunsichert und fragen sich, ob anglikanische Priester überhaupt gültig geweiht sind. Zugleich aber ist eine Verärgerung im katholischen Klerus und Volk feststellbar, weil anglikanischen Priestern gestattet wird, was katholischen verboten bleibt: die Ehe. Fazit: Wie schon im ost-westlichen Schisma (11. Jh.), in der Reformationszeit (16. Jh.) und im Ersten Vatikanischen Konzil (19. Jh.) spaltet römisches Machtstreben die Christenheit und schadet der eigenen Kirche. Ein Trauerspiel. Doch es soll noch schlimmer kommen.
Kardinal und Papst Ratzinger für Vertuschung des Sexualmissbrauchs verantwortlich
Massenhafter sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch katholische Kleriker von den USA über Irland bis Deutschland: ein enormer Imageverlust der katholischen Kirche, aber auch eine Offenbarung ihrer tiefen Krise! Der mutige Jesuitenpater KLAUS MERTES , Rektor des Berliner Canisius-Kollegs, bringt im Januar 2010, ausgehend von Fällen an diesem Kolleg, den Skandal in die Öffentlichkeit und fördert damit die längst fällige Auseinandersetzung.
Kaum ein Bischof hat sich bisher offen und ehrlich zu seiner Mitschuld bekannt. Dabei könnte er darauf verweisen, er sei nur den Weisungen Roms gefolgt. Aus Gründen absoluter Geheimhaltung hatte in der Tat die verschwiegene vatikanische Glaubenskongregation alle wichtigen Fälle von Sexualvergehen von Klerikern an sich gezogen. So waren die Fälle in den Jahren 1981 – 2005 auf den Tisch ihres Präfekten Kardinal Ratzinger gekommen. Dieser sendet noch am 18. Mai 2001 ein feierliches Schreiben über die schweren Vergehen (»Epistula de delictis gravioribus«) an alle Bischöfe der Welt, in welchem die Missbrauchsfälle unter die »päpstliche Geheimhaltung«
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