Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)
Befindlichkeit, sondern um die Sache, die uns bewegt. Doch glauben Sie ja nicht, dass ich mich um eine Rechenschaft herumdrücken will. Über mein privates, persönliches Leben schulde ich Rechenschaft, wie jeder Mensch, nur einer höheren Instanz. Aber als oft umstrittene öffentliche Person bin ich selber an Rechenschaft über mein Leben interessiert. Ein überreiches, buntes und zugleich konfliktreiches Leben, das biographisch einzufangen freilich außerordentlich schwierig ist. Ich habe meine Rechenschaft deshalb niedergeschrieben und darf Ihnen, liebe Freunde, die frohe Kunde geben: Der dritte Band meiner Erinnerungen wird am 1. Oktober im Buchhandel vorliegen: nach »Erkämpfte Freiheit« (2002) und fünf Jahre später »Umstrittene Wahrheit« (2007) jetzt, wieder gut fünf Jahre später, »Erlebte Menschlichkeit« (2013). In diesem dritten Band wird mein Leben seit dem Entzug der kirchlichen Lehrbefugnis 1980 erzählt, mit seinen Vorstößen und seinen Rückschlägen, seinen realisierten und seinen enttäuschten Hoffnungen, das Dauerproblem Kirchenreform ebenso wie mein Engagement für Gesellschaftsreformen und Weltfrieden, all die Reisen in die Welten des Judentums und des Islam, der Religionen Indiens, Chinas und Afrikas, das langsame Werden des Projekts Weltethos und schließlich ohne Scheu auch meine Probleme jetzt am Ende des Lebens.
Dieser dritte Band gibt mir auch Gelegenheit zu tun, was mir am Herzen liegt und was ich in dieser Stunde nicht gebührend tun kann: zu danken! Danken mit Namen oder auch namenlos all denen, die mich in den vergangenen fünf Jahrzehnten gestützt und begleitet, kritisch herausgefordert, ermutigt oder auch manchmal getröstet haben. Bei aller Liebe zu den Schwaben und Schwäbinnen habe ich mich mit einem schwäbischen Spruch nie anfreunden können: »Net schimpfe isch gnug globt.« Deshalb hier knapp in aller Form:
– Unendlich dankbar bin ich der Universität Tübingen , für mich persönlich die beste in der Welt, die mich über 50 Jahre getragen und ertragen hat. Dankbar meinen vielen kenntnisreichen und so oft hilfreichen Kolleginnen und Kollegen der verschiedenen Fakultäten, vielen geistig anregenden Studenten und Schülern in aller Welt.
– Nicht weniger dankbar aber bin ich auch der kleinen, aber feinen Universitätsstadt Tübingen , die mir in ihrer Verbindung von Tradition und Moderne, Natur und Kultur zur zweiten Heimat wurde und mich Gastarbeiter aus der Schweiz sogar zum Ehrenbürger erkor. Mit vielen ihrer Bewohner – Handwerkern, Kaufleuten, Beamten, Journalisten, bis hin zu Oberbürgermeistern – fühlte und fühle ich mich auch persönlich verbunden.
– Zutiefst dankbar bin ich natürlich meinen Lieben : in meiner Familie, in meinem Haus, seit 1963 im Institut für Ökumenische Forschung und seit 1996 in der Stiftung Weltethos. Ohne deren ständige Hilfe, ja Zuneigung hätte ich psychisch wie physisch kaum überlebt, jedenfalls nicht dieses beinahe biblische Alter erreicht.
– Dankbar bin ich schließlich auch meinen Gönnern , von denen es drei wegen ihres hohen finanziellen Einsatzes verdienen, mit Namen genannt zu werden: In erster Linie GRAF und GRÄFIN VON DER GROEBEN , die mir unmittelbar vor der Emeritierung 1995 mit einem großen Startkapital die Gründung der Stiftung Weltethos ermöglicht haben. In den letzten Jahren waren es vor allem KARL und BRIGITTE SCHLECHT , die eine weitere Entwicklung der Stiftung Weltethos garantiert und die Gründung eines Weltethos-Instituts an der Universität Tübingen gesponsert haben. Ein Diktum von Graf Groeben lautete: »Ich habe das Geld, und Sie den Geist.« Mit dieser »Arbeitsteilung« in gegenseitigem Respekt haben wir viele gute Jahre der Zusammenarbeit erlebt, und ich habe mich sehr gefreut, dass Gräfin Groeben anlässlich meines SWR-Fernsehporträts zu meinem 85. Geburtstag nochmals betont hat, wie dankbar sie für diese »Stiftungszeit« sei: »Sie hat uns so vieles gebracht, wirklich ein drittes Leben, wie mein Mann diese Zeit bezeichnet hat. Wir sind so vielen Menschen und Gedanken begegnet, auf die wir sonst nie gestoßen wären, und haben das immer mit dankbarer Freude erlebt.«
Doch eine dritte Gönnerin darf hier nicht vergessen werden: Die Gründung einer Stiftung Weltethos Schweiz 1996 wurde nur möglich durch die großzügige Spende von MARTITA JÖHR-ROHR aus Zürich. Sie war die Witwe des Wirtschaftsprofessors und Mäzens Adolf Jöhr von der Universität St. Gallen; 2008
Weitere Kostenlose Bücher