Erlöst mich: Thriller (German Edition)
ausgetrockneten und später überwucherten Rinnen durchfurcht war. Wahrscheinlich hatten die Eigentümer die Umgebung so belassen, um dem Haus einen zusätzlichen Schutz zu verschaffen. Während wir uns wie Amateurforscher langsam vorantasteten, wurden wir von Insektenschwärmen attackiert, und wir benötigten bestimmt zehn Minuten, bis wir das Haus halb umrundet hatten.
Die Mauer war etwa drei Meter hoch, aber im Gegensatz zu vielen anderen Anwesen im Norden von Manila war sie nicht mit Stacheldraht bewehrt, was das Eindringen erheblich vereinfachte. Ich gab Tina meine Pistole, sprang die Mauer an und hangelte mich hoch, bis ich oben saß. Bäume behinderten meine Sicht, aber ich konnte im Haus Lichter ausmachen.
Tina reichte mir die Pistole hoch, und ich zog sie mit meiner freien Hand nach oben.
Schweigend und so leise wie möglich glitten wir hinunter und spähten dann zwischen den Bäumen hindurch.
Vor uns lag ein ausgedehnter gepflegter Rasen mit einem Swimmingpool in der Mitte, dahinter befand sich das Haus.
Die Vorhänge waren überall zugezogen, aber einige erleuchtete Fenster auf der rechten Seite deuteten darauf hin, dass jemand dort war. Links von uns stand das Pool-Häuschen und daneben, halb hinter einer Hecke verborgen, ein kompaktes zweigeschossiges Gartenhaus, beide dunkel.
Eine Weile beobachteten wir bewegungslos die Szenerie. Wenn es ein Hinterhalt war, würden unsere Gegner annehmen, dass wir uns von vorn näherten. Sie müssten dann also irgendwo vorne im Garten oder im Haus auf der Lauer liegen.
Sicher war ich paranoid. Aber besser übervorsichtig als tot. Ich glaubte einfach nicht, dass Mrs. O’Riordan der Typ war, der plötzlich seine Meinung änderte und mit zwei Gestalten kooperierte, die offenbar inoffizielle Ermittlungen über den Tod ihres Mannes anstellten. Und schon gar nicht, wenn sie sich dabei höchstwahrscheinlich selbst belasten würde.
Ich hätte das Ganze abblasen und mit Tina wieder nach Manila fahren und Tomboys Hinweis folgen sollen, doch stattdessen überkam mich die Neugier, und ich bedeutete Tina, sie solle mir folgen. Dann kroch ich im Schutz der Bäume an der Mauer entlang.
Wir brauchten fünf Minuten, um an den Außengebäuden vorbei durch den Garten bis zum Seiteneingang des Haupthauses vorzudringen. Obwohl ich immer wieder lauschte, konnte ich aus dem Innern des Hauses keine Geräusche wahrnehmen.
Ich versuchte die Tür. Sie war abgeschlossen.
»Halt mal«, sagte ich zu Tina und gab ihr die Pistole. »Ich muss die Tür aufkriegen.«
»Das kann ich machen«, flüsterte sie zurück und zog einen Bund Dietriche aus der Gesäßtasche. »Ich bin gut im Training. Aber falls Mrs. O’Riordan wirklich interessante Informationen hat, wird sie nicht allzu glücklich sein, wenn wir bei ihr eindringen.«
»Sie wird sie uns trotzdem verraten. Und sollte sie keine haben, bleiben wir auf diese Weise immerhin am Leben.«
Ich trat einen Schritt zurück. »Ich gebe dir Deckung.«
Tina arbeitete schneller und professioneller als ich, und in nicht mal einer Minute hatte sie die Tür offen.
Ich sagte, ich wolle vorangehen, und schob vorsichtig die Tür mit dem Schalldämpfer auf. Ehe ich eintrat, sah ich zu Tina hinüber und bemerkte die Unsicherheit in ihren Augen. Ich wollte gerade erwähnen, dass es mir nichts ausmache, allein zu gehen, da zog sie die Zweiundzwanziger unter ihrem T-Shirt hervor und entsicherte sie.
»Los«, zischte sie.
Ich betrat einen dunklen leeren Lagerraum. In der Ecke stand eine Waschmaschine. Auf der gegenüberliegenden Seite führte eine Tür ins Haus. Sie stand offen, und ich gelangte in einen schmalen Flur. Links war ein kleines Badezimmer, durch die halb offene Tür sah ich das Klo. Die Klimaanlage war voll aufgedreht, und ich begann zu frösteln. Der Flur machte einen Knick, von dort konnte ich einen schwachen Lichtschein erkennen. Ich blieb stehen und lauschte.
Meine Anspannung nahm zu. Wenn Mrs. O’Riordan uns
erwartete, hätten wir etwas hören sollen. Bewegungen, einen Fernseher, Musik, irgendetwas. Doch hier war es so still wie im Leichenschauhaus.
Als ich mit schussbereiter Pistole um die Ecke bog, fand ich sie.
Sie saßen mit dem Rücken zu uns mitten im Zimmer auf zwei Stühle gefesselt. Beide waren nach vorne gesunken, und auf dem Schachbrettmuster der Fliesen war ihr Blut zu einer einzigen großen Lache zusammengeflossen.
Ich tastete mich vorsichtig einen Schritt vor und sah mir die Leichen an. Jean-Paul hatte man die Kehle
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