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Erlöst mich: Thriller (German Edition)

Erlöst mich: Thriller (German Edition)

Titel: Erlöst mich: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
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es aber. Sie ließ die Zweiundzwanziger in ihre Handtasche gleiten, wissend, dass die Lage nun, da sie die Waffe eines Toten bei sich trug, um eine weitere Stufe eskaliert war.

36
    Nargen nahm die Pistole von Mrs. O’Riordans Schläfe, und mit der anderen Hand entwand er ihr das Telefon.
    »Gut gemacht. Sie werden doch kommen, oder?«
    Sie nickte heftig, die Augen schreckgeweitet.
    »Ja. Sie sagte, sie würden um halb acht da sein. Bitte, lassen Sie uns jetzt gehen? Ich habe alles getan, was Sie verlangt haben, und mein Bruder ist schwer verletzt.«
    Das war er tatsächlich. In Situationen wie diesen musste man von Anfang an klarmachen, wer das Sagen hatte. Deshalb war Tumanov sofort damit beschäftigt, den Bruder zu bearbeiten, den sie neben der Schwester auf einen Stuhl gefesselt hatten. Sie hatten ihnen die Augen verbunden, und dann hatte Tumanov losgelegt. Der Bruder war tapfer, alle Achtung. Als der Russe ihm die ersten beiden Finger brach, hatte er die Zähne zusammengebissen und keinen Laut von sich gegeben. Zwar war sein Atem schneller geworden und sein Kopf rot angelaufen, aber er hatte sich beherrscht. Doch wenn es darum ging, jemandem Schmerzen zuzufügen, war Tumanov ein Experte. Er kannte sämtliche Triggerpunkte, jeden empfindlichen Nerv und alle Schwachstellen, und binnen Minuten hatte er sein Opfer so weit, dass es um Gnade winselte. Mittlerweile saß es mit brutal zerbissenen Lippen still auf seinem Stuhl, das Gesicht
mit Blut und Spucke verschmiert, immer noch bei Bewusstsein, wenn auch nur so eben.
    Nargen lächelte sie aufmunternd an. »Wir tun ihm nichts mehr, ehrlich, ich verspreche es. Leider, leider mussten wir sichergehen, dass Sie uns ernst nehmen. Und dass Sie am Telefon überzeugend klingen. Das verstehen Sie doch, nicht wahr?«
    Wieder nickte sie heftig.
    »Na also. Sie und Ihr Bruder kommen schon in Ordnung, Mrs. O’Riordan«, fuhr Nargen mit besänftigender Stimme fort und fesselte ihre Hand wieder an den Stuhl. Er spürte, dass sie ihm vertraute. Tatsächlich hatte sie auch keine andere Wahl. Im Augenblick klammerte sie sich verzweifelt an ihr Leben und nahm jeden Hoffnungsschimmer für bare Münze. Und im Gegensatz zu Tumanov, der seine düstere Brutalität als Markenzeichen trug, wirkte Nargen wie ein ganz gewöhnlicher Westler, der eigentlich kein schlechter Mensch sein konnte.
    »Bitte, dann lassen Sie mich ihm doch helfen«, flehte Mrs. O’Riordan. »Er ist ein anständiger Mensch. Er wird nichts verraten.«
    »Bald«, sagte Nargen und stellte sich hinter die Frau. Er trat einen Schritt zurück, richtete die Waffe auf ihren Hinterkopf und nickte Tumanov zu, der sein Messer zog. »Sehr bald.«

37
    Es war beinahe acht, als wir bei der Villa ankamen. Wir hielten uns auf der Hauptstraße, fuhren an der Allee vorbei, bis Tina etwa hundert Meter weiter eine schützende Einbuchtung entdeckte, in der wir den Wagen unter einer zerzausten Palme parkten, sodass ihn niemand von der Straße aus sehen konnte.
    Abgesehen vom Zirpen der Zikaden und dem entfernten Brummen des Verkehrs auf der Küstenstraße war es ein ruhiger Abend. Wir stiegen aus, schlossen leise die Wagentüren und schlichen in Richtung des Hauses. Ich musste an Tomboy denken und an das, was ich ihm angetan hatte. Es war nicht so, dass ich es bereute, aber ich wünschte mir, es wäre nicht nötig gewesen. Dann schob ich den Gedanken beiseite, ich musste hellwach und auf der Hut sein.
    Die Allee selbst war dunkel, doch zwei Lampen links und rechts des Tores beleuchteten den Weg. Hinter dem Tor war das obere Stockwerk zu erkennen. Kein einziges Licht brannte.
    Wir hielten uns im Schatten der Bäume und hielten nach Anzeichen eines Hinterhalts Ausschau, konnten aber keine entdecken. Keine Autos, keine Menschen.
    Wir gingen wieder zum Wagen zurück und besprachen
uns. Ich bot an, alleine reinzugehen und das Haus zu durchsuchen – natürlich lehnte Tina den Vorschlag rundweg ab. »Ich muss nicht geschont werden«, sagte sie mit einem Funkeln in den Augen, und so beließ ich es dabei. Doch als wir uns an die Mauer des Anwesens drückten, überkam mich ein ungutes Gefühl. Ich zog die Pistole und schraubte den Schalldämpfer auf.
    Tina sah mich irritiert an.
    »Vorsicht ist besser als Nachsicht«, flüsterte ich.
    Anstatt das vordere Tor zu nehmen, folgten wir der Mauer bis zum hinteren Teil des Grundstücks. Was uns einige Schwierigkeiten bereitete, weil das Haus auf ehemaligem Marschland stand und immer noch von

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